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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg
Autoren: Michael Hochgeschwender
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Süden rituell gelyncht, oft nach Vorankündigung in Zeitungen und auf Plakaten sowie verbunden mit dem kommerziellen Verkauf von Eintrittskarten und Körperteilen des getöteten Schwarzen. Kein Täter wurde je verurteilt.
    Mit der Wahl von 1876 und dem anschließenden Kompromiß von 1877 wurde dann die Rekonstruktion auf nationaler Ebene offiziell beendet. Zu diesem Zeitpunkt waren nur noch drei Staaten im Süden – South Carolina, Florida und Louisiana – nicht unter konservativ-demokratischer Herrschaft. Die Republikaner, besonders die Radikalen, hatten sich durch ihre ökonomische Politik mitten in der Weltwirtschaftskrise ihrer einstigen Popularität beraubt. Demgegenüber befanden sich die Demokraten im Süden sowie unter den Arbeitern des Nordens wieder im Aufwind. Das Wahlergebnis reflektierte die nationale Stimmung. Der demokratische Kandidat Samuel Tilden errang nicht nur sämtliche ehemaligen Sklavenstaaten mit Ausnahme der drei, die noch nicht im konservativen Sinn «erlöst» waren, aber ebenso West Virginia, eine republikanische Hochburg, Indiana, New Jersey, New York und Massachusetts, die beiden letztgenannten Staaten wohl primär wegen der Unterstützung durch irische und deutsche Katholiken aus der Unterklasse. Insgesamt stimmten 51 Prozent der Wahlberechtigten für Tilden, aber nur 48 Prozent für seinen republikanischen Opponenten RutherfordB. Hayes. Im Wahlmännerkollegium sah das Ergebnis aber anders aus, genauer gesagt, es gab dort kein reguläres Endergebnis, da beide Parteien die Ergebnisse aus Louisiana, Florida, South Carolina und Oregon anfochten. In den drei Südstaaten war wirklich Wahlbetrug auf beiden Seiten vorgekommen, keine Seltenheit in jenen Tagen. Zwar wurde bis 1892 mehrheitlich nicht geheim, sondern offen abgestimmt, aber die Wahlausschüsse, die dann die Stimmen zählen sollten, standen in aller Regel unter der Kontrolle korrupter Parteimaschinen. Zudem fehlte mitunter ein ordentliches Wahlregister, so daß manche mehrfach abstimmten. Es dauerte einige Wochen, ehe sich die beiden Parteien auf ein Wahlergebnis einigten. Hayes bekam 185, Tilden 184 Wahlmänner zugesprochen. Im Gegenzug für die Akzeptanz des republikanischen Wahlsiegs wurden sämtliche noch im Süden verbliebenen Bundestruppen abgezogen. Binnen weniger Tage erhielten auch die drei verbliebenen republikanischen Staaten des Südens demokratische Regierungen. Kaum zehn Jahre später gab es im Süden keine schwarzen Abgeordneten mehr, in vielen Staaten hatte die Republikanische Partei aufgehört zu existieren. Der Süden mutierte zum «soliden Süden», das heißt zu einer Region, die bis in die 1960er Jahre in nationalen Wahlen nahezu immer geschlossen auf der Seite der Demokraten stand. Erst die Wende der Demokraten zur schwarzen Bürgerrechtsbewegung ausgerechnet unter dem Texaner Lyndon B. Johnson sprengte die Koalition konservativer, weißer Südsstaatler mit mehrheitlich katholischen Arbeitern aus dem Norden endgültig, nachdem es schon 1948 zu ersten Spannungen gekommen war. Danach wandten sich die
lily whites
, die lilienweißen Rassisten aus dem Süden, den Republikanern zu, der Partei Abraham Lincolns, die nun für konservative Werthaltungen stand.
    Mit dem Kompromiß von 1877 endeten gewiß nicht sämtliche Versuche der wenigen Radikalen, die noch übriggeblieben waren, die Verhältnisse im Süden in ihrem Sinn zu ändern. Noch 1890 nahm man mit der
Lodge Election Bill
einen Anlauf, die verfassungswidrigen Praktiken des Wahlausschlusses von Schwarzen zu verbieten, scheiterte aber. Dafür war zum einen die restriktive Rechtsprechung des
Supreme Court
verantwortlich, die der Bundesexekutive in Bürgerrechtsfragen keine Einflußmöglichkeiten auf Einzelstaatenebene mehr gewährte. Zum anderen zeigte es sich, daß man in der Republikanischen Partei unter den Auspizien einer strikt marktorientierten ökonomischen Doktrin in erster Linie am Prinzip der absoluten Vertragsfreiheit und des Schutzes kapitalistischer Eigentumsinteressen interessiert war. Die Lage im Süden rückte stets nur dann in den Blick, wenn die Kapitalinteressen des Nordens unmittelbar berührt waren. Der einstige philanthropische Idealismus vieler Republikaner war geschwunden und fand sich bestenfalls in einigen gesellschaftlichen Reformbewegungen, die ab etwa 1890 unter der Bezeichnung des Progressivismus von sich reden machten. Ansonsten begnügte man sich im Norden damit, die nun fest etablierte rassistische Gesellschaftsordnung zu
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