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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg
Autoren: Michael Hochgeschwender
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akzeptieren. In vielen Fällen ging man sogar noch weiter und übernahm den Rassismus des Südens. Der deutsche Historiker Wolfgang Schivelbusch hat einmal mit Blick auf dieses Phänomen davon gesprochen, daß es Besiegten nach einem Krieg nicht selten gelingt, den Siegern etwas von ihrer Kultur überzustülpen. Exakt dies geschah in den USA. Der amerikanische Historiker David Blight hat in diesem Zusammenhang den Begriff des rekonziliatorischen Rassismus geprägt. Demnach hätte der Norden, nicht zuletzt aufgrund längst vorhandener rassistischer Tendenzen, die Rassenvorstellungen des Südens weitgehend internalisiert, um auf diese Weise den weißen Südstaatlern bewußt oder unbewußt die Rückkehr in die Union zu erleichtern. Wohl übernahm man im Norden die
Jim Crow Laws
ebensowenig wie die Praxis des rituellen
lynchings
, dennoch waren Schwarze hier genauso Bürger zweiter Klasse wie im Süden. Und erneut war es das Oberste Bundesgericht, das diesem Zustand die verfassungsrechtliche Weihe verlieh. In dem Urteil
Plessy vs. Ferguson
von 1896 befand der weiterhin republikanisch dominierte
Supreme Court
mit 8:1 Stimmen, daß es der Verfassung nicht widerspreche, wenn Schwarze in getrennte Schulen gehen müßten oder in separaten Eisenbahnabteilen Platz nehmen müßten.
Separate, but equal
lautete der Tenor des Urteils, dem nur ein Richter, John Marshall Harlan, ein früherer Sklavenhalter aus Kentucky, energischwidersprach. Obwohl keine der schwarzen Institutionen im Süden denjenigen der Weißen qualitativ auch nur annähernd entsprachen, legte
Plessy vs. Ferguson
bis 1954 den legalen Grundstein für die Praxis der Segregation im Süden der USA. Das Werden der wiedervereinigten amerikanischen Nation nach dem
War between the States
vollzog sich auf Kosten der schwarzen Minderheit. Das Projekt der Emanzipation der Sklaven war, abgesehen von ihrer formalen Befreiung aus den Banden der Sklaverei, erst einmal gescheitert.
    Dies bedeutete freilich nicht, daß die Schwarzen zu rein passiven Objekten weißer Willkürherrschaft geworden wären. Die segregierten Institutionen konnten durchaus zur Grundlage von Stolz und Selbstwertgefühl werden. Mochten die schwarzen Schulen häufig nur brüchige, zugige Holzhütten ohne Heizung sein, die Lehrer bemühten sich redlich, den Kindern soviel Bildung wie möglich, vor allem aber ein Bewußtsein von Gemeinschaft zu vermitteln. Am wichtigsten war jedoch die
black church
. Man kann guten Gewissens sagen, daß es keine Bürgerrechtsbewegung im 20. Jahrhundert gegeben hätte, wenn nicht die Pastoren der
black church
gewesen wären. Sie stellten die gebildete Funktionselite und Mittelklasse der Schwarzen im Süden, und sie verfügten über eine brauchbare, handlungsfähige Organisation. Obwohl die schwarze Bürgerrechtsbewegung im Süden christlich-integrationistisch war und nicht, wie in den Städten des Nordens, einem säkularen, segregationistischen Ansatz von schwarzem Nationalismus huldigte, traten viele ihrer Anhänger immer für segregierte Kirchen ein. Selbst in der katholischen Kirche, deren Bischöfe aus kirchenrechtlichen und dogmatischen Erwägungen heraus die Rassensegregation in ihren Kirchengemeinden ablehnten, setzten die wenigen schwarzen Katholiken, die der Kirche nach 1865 noch verblieben waren, ab 1875 die Rassentrennung in den Gemeinden durch. Über die Institutionen hinaus war vor allem die eigene Kultur Grundlage schwarzen Stolzes im Süden. Gerade im Bereich der Musik, es sei nur die Entstehung des Jazz in New Orleans erwähnt, zeigten schwarze Künstler einem weißen Publikum, wozu sie kulturell in der Lage waren.
    Das änderte gleichwohl nichts am grundlegenden Befund. Ab 1877 hatten sich die konservativen und rassistischen Demokraten im Süden auf breiter Front wieder durchgesetzt und ein Regime installiert, das durch die Abhängigkeiten des
sharecropping
gerade im ökonomischen Bereich verdächtig an die Sklaverei erinnerte. Die Mehrheit der schwarzen Landarbeiter war nun auf Gedeih und Verderb an weiße Großgrundbesitzer gebunden, die nur noch in den Kategorien der Profitmaximierung dachten. Die Schwarzen verfügten kaum über Geld, da sie oft in Naturalien oder Gutscheinen für Warenhäuser der Großgrundbesitzer entlohnt wurden.
    Allerdings war der Sieg der Demokraten ein Pyrrhussieg, mehr noch, eine Niederlage. Der solide Süden der Demokratischen Partei bezahlte seine faktische, wenngleich partielle Rückkehr zu den Zuständen vor 1860 mit einem hohen
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