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Der Amerikaner - The American

Der Amerikaner - The American

Titel: Der Amerikaner - The American
Autoren: Andrew Britton
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davon halten. Das ist alles.«
    Sie schlenderten langsam zu dem Café zurück. Harper gratulierte sich insgeheim, aber Kealey war in eine andere, beängstigende Welt zurückversetzt.

3
    Washington, D. C.
    Obwohl es in der amerikanischen Hauptstadt viele renommierte medizinische Einrichtungen gab, darunter das University Hospital in Georgetown, kam für schwere Verbrennungen in der Innenstadt nur das Washington Hospital Center an der Irving Street in Frage. Innerhalb von fünfundvierzig Minuten nach dem Raketenanschlag waren drei Opfer in dieses Krankenhaus gebracht worden, darunter Megan Lawrence, die einzige Überlebende des Personenschutzkommandos vom Secret Service.
    Naomi Kharmai stieg müde die ausgetretenen Stufen hinauf, die nicht zu dem modernen Gebäude passen wollten. Am Morgen hatte sie im Washington General Hospital mit Augenzeugen des Anschlags gesprochen, die aber nichts gesehen oder gehört hatten, was für sie oder - noch wichtiger - ihren Vorgesetzten von Interesse war. Früher am Tag waren Wolken aufgezogen, der Himmel hatte eine weißliche Färbung. Die Wärme der blassen Sonne auf ihrem Rücken ließ ihre Stimmung etwas steigen. Kurz darauf ging sie durch den Haupteingang des Krankenhauses, der von einem aufmerksamen Sicherheitsbeamten bewacht wurde.
    Ihr Interesse an Megan Lawrence beschränkte sich darauf, was aus ihr herauszuholen war, und war frei von menschlichen Gefühlen. Auch der Anblick der schrecklichen Verletzungen, die die Passanten erlitten hatten, belastete sie nicht. Sie war nur enttäuscht, weil sie mit der Suche nach Informationen nicht vorangekommen war.

    Sie fuhr mit dem Aufzug in den vierten Stock und bat darum, Megan Lawrence sehen zu dürfen. Fragen des Personals beantwortete sie mit Halbwahrheiten oder Lügen, und nachdem sie das erforderliche Formular ausgefüllt hatte, begleitete sie ein junger Assistenzarzt zum Zimmer der Patientin.
    »Ihre Verletzungen sind ernst«, vertraute er Kharmai im Flüsterton an, obwohl niemand in der Nähe war, der mithören konnte. »Als sie auf das Pflaster stürzte, hat sie mehrere Schädelfrakturen erlitten, aber trotzdem nur eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen. Das ist das geringste Problem. Aber sie hat Verbrennungen dritten Grades, die dreißig Prozent ihrer Körperfläche in Mitleidenschaft gezogen haben. Am stärksten sind ihre Brust sowie Arme und Oberschenkel betroffen. Zuerst hat sie keinen besonders starken Schmerz empfunden, denn ihre Nervenspitzen waren versengt, aber am Montag wurde es schlimm. Seit zwei Tagen bekommt sie eine Morphiuminfusion.«
    »Wird sie es schaffen?«
    Der Assistenzarzt schüttelte bedächtig den Kopf und wandte den Blick ab. »Die Chemikalien, die sich in der Rakete befanden, haben fast dieselbe Wirkung wie weißer Phosphor«, sagte er. Mit den Auswirkungen dieser speziellen Substanz kannte Kharmai sich aus, aber sie hielt sich bedeckt. »Sie zeigt die Anfangssymptome einer Osteomyelitis am Kieferknochen, ein seltenes Krankheitsbild, das in erster Linie dann auftritt, wenn der Patient hochgradig toxischen Chemikalien ausgesetzt war. Freigesetztes Triethylaluminium oxydiert, wenn es mit Luft in Berührung kommt, und die Partikel brennen selbst dann noch weiter, wenn sie sich in das Epithelgewebe gefressen haben. Jetzt können Sie sich vorstellen, wie schmerzhaft diese Verletzungen sind. Außerdem haben die Chemikalien ihrer Leber und ihren Nieren irreversible Schäden zugefügt, und auf der Liste der Empfänger von
Organspenden steht sie so weit unten, dass sie darauf nicht mehr hoffen kann.«
    Wenn ich wirklich eine Verwandte von Megan Lawrence wäre, wie ich eben behauptet habe, dachte Kharmai, hätte ich angesichts dieser drastischen Zustandsbeschreibung einen hysterischen Anfall bekommen müssen. Als sie dem Secret-Service-Agenten vor der Tür des Krankenzimmers ihren Ausweis präsentierte, wirkte der Assistenzarzt nicht überrascht. Woher weiß er, wer ich bin?, fragte sie sich wütend. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass die Nachricht von ihrem Besuch bei Megan Lawrence nicht an die Presse durchsickerte, aber wahrscheinlich würde es innerhalb einer Stunde alle Welt wissen. Doch dieses Gespräch war das wichtigste des Tages, und sie konnte es nicht in aller Eile durchziehen, um den Journalisten aus dem Weg zu gehen.
    »Ich weiß nicht, ob Sie Erfahrungen mit solchen Verletzungen haben«, fuhr der Arzt fort. »Aber die Art und Weise, wie Sie das Zimmer betreten, ist sehr wichtig. Die
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