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Der Amerikaner - The American

Der Amerikaner - The American

Titel: Der Amerikaner - The American
Autoren: Andrew Britton
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lächelnde, attraktive Blondine ihm am Schalter von United Airlines sein Ticket reichte. Um Viertel vor neun saß er im Flugzeug nach Washington.

    Ungefähr zu der Zeit, als Kealeys Maschine auf dem Dulles International Airport landete, fuhr Katie Donovan in scharfem Tempo den von Kiefern gesäumten Weg hinab, der zu dem Haus auf Cape Elizabeth führte. Sie war mieser Stimmung, denn sie hatte den ganzen Morgen mit ihrem Doktorvater darüber diskutiert, wie sich die Arbeit an ihrer Dissertation entwickelte. Sie promovierte im zweiten Jahr in angewandter Mathematik, und ihre Ausbildung dauerte mittlerweile so lange, dass es ihr zunehmend verlockend erschien, die akademische Laufbahn abzubrechen und anderswo eine Karriere zu starten. Das Gespräch hatte zu einer hitzigen, lautstarken Auseinandersetzung geführt, und es schien ihr sicher, dass es nachteilige Konsequenzen für sie haben würde. Aber sie tröstete sich mit dem Gedanken an einen schönen Nachmittag mit Ryan.
    Als sie die Haustür öffnete, rief sie nach ihm, bekam aber keine Antwort. Das Klicken ihrer Absätze auf den glänzenden Bodendielen hallte durch das ganze Haus, während sie durch die leeren Zimmer wanderte. In der Küche blickte sie sich verwirrt um. Da sah sie den Zettel auf dem Tisch.
     
    Die Nachricht enthielt eine Entschuldigung, doch als Katie sie las, wurde sie immer wütender. Wie konnte er einfach verschwinden, ohne sich von ihr zu verabschieden? Während des letzten halben Jahres hatte sie sich ihm anvertraut und ihr Leben mit ihm geteilt, während er fast nichts von seiner Vergangenheit preisgegeben hatte. Sie wusste nur, dass er einmal kurz für die CIA gearbeitet hatte, und auch diese Information hatte sie nur mit viel Mühe und Charme aus ihm herausgeholt.
    Sie griff nach einer gerahmten Fotografie, die sie Arm in Arm mit Ryan auf einem Pier in Kittery Point zeigte, und bewunderte seine unverkennbar irisch geprägten, attraktiven Gesichtszüge,
sein sympathisches Lächeln und seinen schlanken Körper. Dann schleuderte sie den Bilderrahmen auf den alten Sekretär, auf dessen lackierter Oberfläche ein kleiner Kratzer zurückblieb. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie wischte sie wütend weg, während sie aus dem Haus stürmte. Plötzlich kam ihr dieses Verhalten kindisch vor, und sie musste kurz daran denken, dass Ryan enttäuscht gewesen wäre, wenn er sie gesehen hätte. Aber ihre Wut gewann rasch wieder die Oberhand über die Scham. Sie fuhr in halsbrecherischem Tempo davon, noch schneller als auf dem Herweg.

2
    Washington, D. C.
    Weil er vermeiden wollte, sich im CIA-Hauptquartier in Langley als Besucher registrieren lassen zu müssen, hatte Ryan Kealey mit dem Anrufer vereinbart, dass sie sich auf »neutralem« Gebiet treffen würden. Jetzt wartete er in einem hell erleuchteten, gut besuchten Café in unmittelbarer Nähe des George Washington Parkway an einem Ecktisch gegenüber der Eingangstür. An einem Freitagnachmittag herrschte hier eine angenehme Atmosphäre. Junge Berufstätige und Studenten plauderten, hielten nach einem Flirt Ausschau oder schmiedeten Pläne für das Wochenende. Einige Blicke richteten sich auch auf Kealey, aber er ignorierte es. Irgendwie kam er sich an diesem Ort alt und deplatziert vor.
    Nach fast zwanzig Minuten traf ihn ein kalter Luftschwall, als ein in jeder Hinsicht unauffälliger Mann die Eingangstür öffnete. Man merkte, dass er sich jeder Umgebung anpassen konnte, und diese Art routiniert in Szene gesetzter Anonymität war zu erwarten, denn Jonathan Harper verfügte über eine fast zwanzigjährige Geheimdiensterfahrung. Begonnen hatte er seine Laufbahn als Analyst in der für die Sowjetunion zuständigen Abteilung der CIA, aber es dauerte nicht lange, bis man den äußerlich unscheinbaren, jedoch außergewöhnlich intelligenten jungen Mann ins Operations Directorate versetzte. Mitte der Achtzigerjahre war er Agentenführer hinter dem Eisernen Vorhang, wo er sich um die wenigen Überläufer aus den Sicherheitsapparaten
kümmerte, die für die CIA von Wert waren. Nun, auf dem Gipfel seiner Karriere, hatte Harper als Deputy Director of Operations den dritthöchsten Job in Langley. Unauffällig hob er die Hand, um Kealey zu verstehen zu geben, dass er ihn gesehen hatte. Kealey stand mit dem Kaffeebecher in der Hand auf und folgte Harper in die Kälte hinaus.
    »Sie sehen gut aus, mein Freund«, bemerkte Harper, während sie gemächlich in Richtung Mall schlenderten. »Das Universitätsleben
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