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Der Amerikaner - The American

Der Amerikaner - The American

Titel: Der Amerikaner - The American
Autoren: Andrew Britton
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Erste. Ich muss etliche Telefonate führen, melde mich aber, sobald ich weiß, wie ich nach Maine komme. In etwa fünfundvierzig Minuten.«
    »Da ist noch etwas …«
    Harper glaubte einen anderen Tonfall zu erkennen, in dem ein gewisses Zögern lag, das sofort sein Interesse weckte. »Ich höre.«
    »Dieser Kealey … Wie gut kennen Sie ihn?«
    »Ziemlich gut. Wir sind seit langem Freunde. Warum?«
    »Wie war die Beziehung zwischen ihm und dieser Katherine Donovan?«
    Das war das Letzte, woran Harper jetzt denken wollte. Fast hätte er Tynes angefahren, aber der schien auf etwas Bestimmtes hinauszuwollen. »Sie waren verlobt, seit ein paar Wochen.« Ihm war nicht ganz klar, was der andere wissen wollte. »Abgesehen von den üblichen Reibereien haben sie sich gut verstanden. Sehr gut.«
    Jetzt schien Tynes sich seiner Sache sicherer zu sein. »Ich frage danach, Sir, weil … Meiner Meinung nach hat er gesehen, was ihr angetan wurde. Als wir ihn gefunden haben, lag er auf dem Bauch. Die Kugel hat ihn etwa vierzehn Zentimeter rechts neben dem Nabel getroffen, und die Wunde …«
    »Ja?« Diese speziellen Erörterungen behagten Harper nicht besonders.
    »… hätte deutlich weniger stark geblutet, wenn er auf dem Rücken gelegen hätte.« Eine lange Pause. »Er hatte ein Handy,
hat aber niemanden angerufen, Sir. Verstehen Sie, was ich sagen will?«
    Plötzlich fror Harper, obwohl es in dem Schlafzimmer relativ warm war. »O nein … Mein Gott.«
    Jetzt entstand eine Pause, die kein Ende zu nehmen schien. Tynes schwieg respektvoll und wartete.
    »In drei Stunden bin ich da«, sagte Harper schließlich.
    Er legte auf und schaute seine Frau an.
    »Was ist denn passiert?«, fragte sie.
     
    Es dauerte noch sehr lange, bis sich der über Cape Elizabeth wütende Sturm verzog. Er tobte von Portsmouth bis nach Bangor, doch auch diese beiden Städte markierten noch nicht die Grenzen des zerstörerischen Infernos, dem geografische Besonderheiten so gleichgültig waren wie die Meinungen überbezahlter Meteorologen.
    Als alles vorbei war, viele Stunden später, beliefen sich die Schätzungen der Sachschäden auf über hundertdreißig Millionen Dollar, auch wenn einige der Zahlen wegen der bevorstehenden Untersuchungen der Versicherungsgesellschaften vorsorglich zu hoch angesetzt waren.
    Wie immer hatten die Häuser am Meer am meisten abbekommen.
    Aber natürlich gab es Ausnahmen. Einige Gebäude blieben weitgehend unbeschädigt, weil sie solide gebaut oder an einer geschützten Stelle der Küstenlandschaft errichtet worden waren. Eines dieser Häuser gehörte Richard und Brenda Cregan, einem im Ruhestand lebenden Ehepaar, das vor vier Jahren in den Norden gezogen war, nachdem es seine mäßig erfolgreiche Gartenbaufirma in Boston verkauft hatte.
    Das Haus hatte genau ihren Vorstellungen entsprochen; es lag
abgeschieden und war mit seinen vier Zimmern und zwei Bädern nicht luxuriös, aber komfortabel. Es war kleiner als die meisten anderen Häuser in der Gegend, doch das riesige Grundstück entschädigte für die geringere Quadratmeterzahl. Die Cregans waren begeisterte Wanderer, und die von ihrem Grundstück in die dichten Wälder führenden Wege hatten bei ihrer Kaufentscheidung eine gewichtige Rolle gespielt.
    Natürlich hätte man sagen können, dass die Bäume wichtiger waren als die Wege, weil sie einen natürlichen Puffer zwischen dem Haus und dem zerstörerischen Meer bildeten.
    Aber die Cregans liebten diese Wege, die so ideal für einen kurzen Spaziergang zum Meer waren. Sie führten durch dichten Wald und endeten abrupt über einer knapp fünf Meter hohen Klippe, an die unten die Wellen des Atlantik schlugen. Bei böigem Wind brandeten sie manchmal mehr als zwei Drittel der Felswand herauf. Die Klippen hier waren deutlich niedriger als die von Cape Elizabeth, das etwa siebenhundert Meter weiter nördlich lag.
    Bei diesem speziellen Sturm jedoch war das Meer nahtlos mit dem Land verschmolzen, ganz so, als gäbe es die natürliche Barriere des Kliffs überhaupt nicht.
     
    Weder Wind und Regen noch der plötzliche Temperatursturz ängstigten die Cregans, die nach mehr als vier Jahren an der Küste schon so viele Stürme erlebt hatten, dass sie diese in der Erinnerung kaum noch voneinander unterscheiden konnten. Mittlerweile waren sie genauso abgebrüht wie die Alteingesessenen, und ihnen war klar, dass man kaum mehr tun konnte, als abzuwarten und am nächsten Morgen den Schaden zu schätzen. Auch machten sie sich keine
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