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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne
Autoren: Greg Bear
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zwischen die Beine. Der Griff ließ nach. David taumelte grunzend zurück.
    Während einer Sekunde ruderten sie alle hilflos mit den Armen, ohne einander nahe zu kommen. Blut von Harpals Lippe und Martins Fuß beschmierte Overalls.
    Alle Leiterfelder im Raum verschwanden. Mit dem Gesicht eines verzweifelten kleinen Jungen klammerte sich Patrick in der Luft noch an Martin. Blutstropfen wirbelten wie Juwelen um ihre Glieder.
    »Hört auf!« befahl die entfernte Stimme von Hans. »Hört sofort auf!«
    Patrick zappelte nicht weiter.
    Hans brüllte: »Was, zum Teufel, macht ihr da?«
    Martin fand die Miene von Patrick unbezahlbar. Bestürzung vermischt mit tiefer Angst. Der leere Blick war nicht mehr da. Keiner wirkte jetzt unbeeindruckt.
    Die Zeit des Tötens war vorbei.
    Martin hatte überlebt.
    »Ich habe verloren«, sagte Hans.
    Martin hing neben Hans in einem Netz. Er war mit ihm in seiner Kabine allein.
    Hans schloß die Augen, legte den Kopf zurück und sagte: »Ich habe Patrick geschickt, um es zu tun; und er glaubte, das nicht allein schaffen zu können. Darum bat er um einige Verstärkungen. Ich hätte wissen müssen, daß er zu schwach sein würde.«
    »Zu welchem Zwecke hast du ihn geschickt?« fragte Martin.
    »Um dich zur Vernunft zu bringen.« Die Stimme war leise und erschöpft. »Ich muß schlafen, Martin. Alles, was ich mir jetzt wünsche, ist Schlaf.«
    »Sie hätten mich töten können«, sagte Martin befremdet. »Du hast nicht gesehen, was Patrick…«
    »Ach, ich bin müde.« Hans schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, warum so viele sich ihm anschlossen. Vielleicht war ich doch besser, als ich dachte. Aber… Das ist es jetzt nicht wert. Du hast gewonnen. Ich werde zurücktreten.«
    »Darum hat dich niemand gebeten.«
    »Hast du ihre Mienen gesehen?« fragte Hans. »Besonders die Wendys. Und sogar Harpal.« Er schüttelte den Kopf. »Armer Harpal! Nein. Ich werde zurücktreten.«
    »Du hast es selbst getan«, sagte Martin.
    Hans sagte mit lässiger Kopfbewegung: »Ich wollte dich nicht töten.«
    »Wie konntest du dich so verrechnet haben?«
    »›Verrechnet.‹« Hans lachte leise. »Das ist dein Problem, Martin. Eine gute Seele, aber noch zu intellektuell. Du denkst erst und schaust dann. Ich sehe erst hin und denke über das nach, was ich sehe. Ich habe mich nicht ›verrechnet‹, ich habe Scheiße gebaut.«
    »Hast du Rex aufgefordert, Rosa zu töten?«
    Hans warf den Kopf nach vorn. »Nein. Ich schwöre, daß ich es nicht getan habe. Aber es hätte sein können.«
    Martin schüttelte den Kopf. Er begriff nicht.
    Hans rieb seine Handflächen aneinander und tippte mit einem Zeigefinger auf eine davon. »Hätten wir den Job tun können, wenn Rosa die Crew in kleine Stücke zerbrochen hätte?«
    »Man hätte sich mit ihr beschäftigen müssen.«
    »Du irrst dich. Rex hat mit mir gebrochen, weil ich ihn heruntergeputzt habe. Er wußte nicht, wer er war, und dachte, daß wir alle ihn hassen würden. Rosa predigte Liebe. Er ging zu ihr. Sie benutzte ihn. Ich habe ihn nicht aufgefordert, sie zu töten. Sie war nicht das, für das ihre Leute sie hielten. Sie war mir ziemlich ähnlich.«
    »Rosa hatte es nicht verdient zu sterben.«
    »Wir wären nicht hier, wenn sie noch lebte.«
    Martin wollte diesen Punkt nicht weiter verfolgen. »Wann wirst du zurücktreten?«
    »Gleich jetzt. Du bringst mich an einen öffentlichen Ort, zerrst mich an der Kette, wenn du willst. Ich werde eine traurige Rede halten. Alte Bosse sterben nie.«
    »Ich verstehe dich nicht«, sagte Martin.
    »Aber ich verstehe dich«, erwiderte Hans. »Ich habe nur eine einzige Bitte. Ich möchte noch Boss sein, wenn der Bericht erstattet wird.«
     
    Die überlebende Crew der Dämmerungsgleiter kam in zwei Gruppen in den Schulraum. Martin kam mit der größeren Gruppe herein, hinter Hans, was überraschte Blicke auf sich zog. Ariel schien ihren kleinen Haufen Leute gesammelt zu haben. Martin sah, daß sich ein Machtzentrum bildete. Keiner von ihnen wußte von seinem Gespräch mit Hans.
    Während er beobachtete, wie sich die Leute versammelten, sah Martin einen Strudel empfindsamer Partikel nach gewissen Prinzipien am Werk, die keineswegs fest und unabänderlich waren. Aber er bemerkte die Wechselwirkungen und konnte etwas von ihrer Bedeutung verstehen. Er hatte lange Stunden über das Gespräch mit Hans nachgedacht. Wenn er jetzt hinschaute, dachte er dann über das nach, was er sah. Er legte keine Wünsche, Muster und Ideale
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