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Der Alchimist

Der Alchimist

Titel: Der Alchimist
Autoren: Paulo Coelho
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Ich kann sie nicht in Wirklichkeit verwandeln. Darum muß ich auch von dem leben, was mir meine Kunden abgeben.« »Und wenn ich niemals nach Ägypten komme?« »Dann bleibe ich ohne Bezahlung. Das wäre nicht das erste Mal. Daraufhin sagte die Alte nichts mehr. Sie schickte den Jüngling fort, denn sie hatte schon genug Zeit mit ihm verloren.
8
    Der Jüngling zog enttäuscht von dannen und nahm sich vor, nie wieder an Träume zu glauben. Ihm fiel wieder ein, daß er noch einiges zu erledigen hatte: Er besorgte sich Lebensmittel, tauschte sein Buch gegen ein dickeres ein, und dann setzte er sich auf eine Bank auf dem Marktplatz, um den Wein zu kosten, den er gekauft hatte.
    Es war ein sehr heißer Tag, und der Wein vermochte ihn aus irgendeinem unerklärlichen Grund zu erquicken. Die Schafe waren am Ortseingang, im Stall eines seiner neuen Freunde, gut aufgehoben. Er kannte überhaupt eine Menge Leute in dieser Gegend, und darum reiste er auch so gerne. Man konnte immer wieder neue Freundschaften schließen und mußte nicht Tag für Tag mit denselben Leuten auskommen. Wenn man, wie im Seminar, immer dieselben Menschen um sich hat, dann lassen wir sie zu einem festen Teil unseres Lebens werden. Und wenn sie dann ein fester Teil davon geworden sind, wollen sie unser Leben verändern. Und wenn wir dann nicht so werden, wie sie es erwarten, sind sie enttäuscht. Denn alle Menschen haben immer genaue Vorstellungen davon, wie wir unser Leben am besten zu leben haben. Doch nie wissen sie selber, wie sie ihr eigenes Leben am besten anpacken sollen. Wie jene Traumdeuterin, die nicht fähig war, die Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Er wollte noch warten, bis die Sonne tiefer stand, bis er mit seiner Herde weiterzog. In nur mehr drei Tagen würde er mit der Tochter des Händlers beisammen sein.
    Nun begann er das Buch zu lesen, welches er vom Pfarrer von Tarifa bekommen hatte. Es war sehr dick und handelte gleich auf der ersten Seite von einer Beerdigung, und die Namen der Figuren waren sehr kompliziert. Wenn er eines Tages selber ein Buch schreiben würde, dachte er bei sich, so würde er immer nur jeweils eine Person nach der anderen in Erscheinung treten lassen, um den Leser nicht zu verwirren. Als er sich endlich in die Lektüre vertiefen konnte - und sie war recht gut, denn sie handelte von einer Beerdigung im Schnee, was ihm ein Gefühl der Erfrischung unter dieser starken Mittagssonne vermittelte -, setzte sich ein alter Mann zu ihm auf die Bank und begann eine Unterhaltung. »Was machen all die Leute?« fragte der Alte, während er auf die Menschen deutete, die über den Platz eilten.
    »Arbeiten«, antwortete der Jüngling kurz und tat so, als sei er in die Lektüre vertieft. In Wirklichkeit aber dachte er jetzt daran, daß er die Schafe diesmal vor den Augen der Tochter des Händlers scheren würde, damit sie sah, was er für interessante Dinge beherrschte. Diese Szene hatte er sich schon öfter vorgestellt; und immer war das Mädchen verblüfft, wenn er ihr erklärte, daß Schafe von hinten nach vorne geschoren werden müssen. Auch versuchte er sich an ein paar gute Anekdoten zu erinnern, die er ihr während der Arbeit erzählen könnte. Die meisten kannte er aus irgendwelchen Büchern, aber er wollte sie so erzählen, als hätte er sie persönlich erlebt. Sie würde es sowieso nie merken, weil sie selber nicht lesen konnte.
    Der Alte jedoch gab nicht auf. Er sagte, er sei müde und durstig, und bat um einen Schluck Wein. Der Jüngling reichte ihm die Flasche, in der Hoffnung, dann vielleicht seine Ruhe zu haben. Aber der Alte wollte sich unbedingt unterhalten. Er fragte, was er da gerade lese. Gerne wäre der
    nd Hirte jetzt unhöflich geworden u hätte die Bank gewechselt, aber sein Vater hatte ihm Respekt vor dem Alter beigebracht. So reichte er dem Alten das Buch aus zweierlei Gründen: erstens konnte er den Titel nicht richtig aussprechen, und zweitens würde der Alte, wenn er nicht lesen konnte, wahrscheinlich von sich aus die Bank wechseln, um sich nicht gedemütigt zu fühlen.
    »Hmm...«, machte der Alte und betrachtete das Exemplar von allen Seiten, als handle es sich um einen seltenen Gegenstand. »Dies ist zwar ein wichtiges Werk, jedoch äußerst langweilig.« Der Jüngling war überrascht. Also konnte der Alte auch lesen und kannte sogar dieses Buch. Wenn es tatsächlich so langweilig ist, wie er behauptet, dann wäre noch Zeit, es gegen ein anderes einzutauschen. »Es ist ein Buch, das vom selben
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