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Der Alchimist

Der Alchimist

Titel: Der Alchimist
Autoren: Paulo Coelho
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wartete. Das Mondlicht schien über der schweigenden Wüste und jener langen Reise, welche die Männer auf der Suche nach ihrem Schatz zurücklegen. Als er einige Augenblicke später oben auf der Düne ankam, machte sein Herz einen Freudensprung. Im strahlenden Licht des Vollmonds und über der hellen Wüste lagen majestätisch und feierlich die Pyramiden von Ägypten vor ihm. Der Jüngling fiel auf die Knie und weinte vor Überwältigung. Er dankte Gott, daß er an seinen persönlichen Lebensweg geglaubt hatte, und daß er dem König, dem Händler, dem Engländer und dem Alchimisten begegnet war. Vor allem aber dankte er, eine Frau der Wüste gefunden zu haben, die ihn verstehen ließ, daß die Liebe niemals einen Mann von seiner Bestimmung abhält.
    Die jahrhundertealten Pyramiden blickten in ihrer ganzen Größe auf den Jüngling herab. Wenn er wollte, dann könnte er jetzt in die Oase zurückkehren, Fatima zur Frau nehmen und als einfacher Schafhirte leben. Denn auch der Alchimist lebte in der Wüste, obwohl er die Sprache der Welt beherrschte und obwohl er Blei in Gold verwandeln konnte. Er brauchte seine Weisheit und seine Kunst niemandem zu beweisen. Auf dem Weg zu seinem persönlichen Lebensplan hatte er bereits alles gelernt, was er benötigte, und er hatte alles gelebt, was er sich zu leben wünschte. Nun war er bei seinem Schatz angelangt. Aber ein Werk ist erst vollendet, er wenn das Ziel erfüllt ist. Hier oben auf d Düne hatte er geweint. Er
    ort schaute zu Boden und bemerkt daß ein Skarabäus d herumkrabbelte, wo seine Tränen niedergefallen waren. Und er hatte in seiner Zeit in d er Wüste gelernt, daß der Skarabäus in Ägypten das Symbol für Gott ist. Wieder ein Zeichen! Der Jüngling begann zu graben, nachdem er an den Kristallwarenhändler gedacht hatte; niemand würde eine Pyramide in seinem Garten h aben können, selbst wenn er sein ganzes Leben lang Steine aufeinanderhäufte.
    Die ganze Nacht über grub der Jüngling an jener Stelle ohne etwas zu finden. Die jahrhundertealten Pyramiden blickten schweigend auf ihn hinab. Aber er gab nicht auf: Er grub und grub und kämpfte gegen den Wind an, der den Sand immer wieder in das Loch zurückwarf. Seine Hände wurden müde, dann wund, doch der Jüngling vertraute auf die Stimme seines Herzens. Und die hatte gesagt, daß er dort graben solle, wo seine Tränen niederfallen würden.
    Plötzlich, als er gerade ein paar Steine beseitigen wollte, hörte er Schritte. Einige Gestalten näherten sich. Ihre Silhouetten zeichneten sich gegen den Mond ab, so daß der Jüngling weder die Augen noch die Gesichter erkennen konnte.
    »Was treibst du da?« fragte eine Gestalt.
    Der Jüngling antwortete nicht. Aber er verspürte Angst, er fürchtete um seinen Schatz.
    »Wir sind auf der Flucht wegen des Stammeskrieges«, sagte ein anderer. »Wir müssen wissen, was du da versteckst. Denn wir brauchen Geld.« »Ich halte nichts versteckt«, entgegnete der Jüngling. Aber eine der Gestalten packte ihn und zog ihn aus dem Loch. Ein anderer durchsuchte seine Taschen und fand das Stück Gold.
    »Er hat Gold bei sich«, rief er.
    Der Mond beleuchtete das Gesicht dieses Mannes, und in dessen Augen sah er den Tod.
    »Sicherlich hat er im Sand noch mehr Gold versteckt«, meinte ein anderer. Und sie zwangen den Jüngling weiterzugraben, aber es kam nichts zum Vorschein. Dann verprügelten sie ihn, bis am Himmel die ersten Sonnenstrahlen aufleuchteten. Seine Kleidung war zerfetzt, und er fühlte sich dem Tod nahe.
    >Wozu nützt mir das Geld, wenn ich sowieso sterbe ?< dachte er und erinnerte sich, was der Alchimist gesagt hatte: »Nur selten nützt das Geld, jemanden vom Tod zu befreien.« »Ich suche einen Schatz«, gestand der Jüngling endlich. Und mit zerschundenen und geschwollenen Lippen erzählte er den Räubern, daß er zweimal von einem Schatz geträumt hatte, der hier bei den Pyramiden vergraben war.
    Derjenige, welcher der Anführer zu sein schien, schwieg eine Weile. Dann sagte er zu seinem Gefolgsmann: »Laß ihn los. Er hat nichts mehr. Und das Gold war sicher gestohlen.« Der Jüngling fiel mit dem Gesicht in den Sand.
    »Laß uns gehen«, fügte der Anführer hinzu. Und zum Jüngling gewandt, sagte er: »Du wirst nicht sterben, du wirst leben, um zu lernen, daß man nicht so dumm sein darf. Hier, an der Stelle, wo du bist, habe ich vor beim zwei Jahren ebenfalls einen wiederkehrenden Traum gehabt. Ich träumte, daß ich nach Spanien gehen und auf d em Land
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