Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck
Autoren: Dorothy Gilman
Vom Netzwerk:
Das ist alles. Jetzt muß ich aber wirklich gehen. Bitte grüßen Sie Philip von mir, wenn Sie ihn sehen«, trug sie Nikki auf. »Guten Abend«, sagte sie zu beiden.
    Keiner antwortete ihr. Sie wirkten völlig überwältigt, aber sie war zu ehrlich, um diese Wirkung ihrer Persönlichkeit zuzuschreiben. Sie begriff nicht, warum ihre harmlosen kleinen Bemerkungen den beiden so restlos die Fassung geraubt hatten.
    Im Treppenhaus war der Kohlgeruch wieder stärker und erinnerte Mrs. Pollifax daran, daß sie selbst Hunger hatte und es bereits spät wurde. Rasch ging sie zu ihrem Hotel zurück.
    Mrs. Pollifax speiste allein. Sie war enttäuscht, und das nahm ihr den Appetit. Vor allem war die Hotelkost eine Nachahmung amerikanischen Essens, die Erbsen stammten natürlich aus der Dose, und trotzdem sprach keiner hier Englisch, nicht mal der Oberkellner. Die Verbindung mit Tsanko ließ sich in den nächsten zwölf bis fünfzehn Stunden nicht herstellen, und Bemish war überhaupt nicht zu haben. Mit einem Wort, sie fühlte sich trübselig und verlassen. Erst beim Dessert fiel ihr auf, wie sonderbar es war, daß Bemishs Gast sich als Nikki entpuppt hatte. Wieso kannte ein trampender jugoslawischer Student einen in Sofia lebenden Mann so gut?
    Ich kenne viele, viele einflußreiche Leute, hatte Bemish gesagt.
    Merkwürdig, dachte sie und sah auf. Dabei kreuzte sich ihr Blick mit dem eines kleinen, grauhaarigen Mannes in einem grauen Anzug. Der Mann saß an einem Tisch neben dem Eingang und musterte sie eingehend. Er wandte den Blick so rasch ab, daß sie neugierig und mißtrauisch wurde. Er war klein und kräftig, sein Anzug saß schlecht, und er war derart unauffällig, daß sie ihn niemals bemerkt hätte. Nur sein intensiver Blick hatte sie angezogen.
    Er schien erst vor kurzem gekommen zu sein, und auf seinem Tisch stand noch kein Essen.
    Vielleicht ist es Tsanko, dachte sie optimistisch, und die Verbindung kommt rascher zustande, als ich dachte.
    Sie verlangte die Rechnung und ging nach oben. Aber niemand pochte heimlich an ihre Tür, keine Botschaft steckte unter ihrem Teppich. Ziemlich betrübt ging sie um halb elf zu Bett.

7
    Nachts hatte Mrs. Pollifax einen Alptraum. Sie träumte, daß sie hilflos daheim im Bett lag und von einem Einbrecher angestarrt wurde, der in ihr Zimmer eingedrungen war. Sie war
    nicht an Alpträume gewöhnt und kämpfte sich energisch in den Wachzustand zurück. Dabei
    entdeckte sie, daß sie tatsächlich im Bett lag, daß es Nacht war und ein Mann am Fußende ihres Bettes stand und sie ansah. Sein Umriß hob sich deutlich von dem Fenster ab.
    Atemlos wartete Mrs. Pollifax, daß sich der Fremde als Tsanko zu erkennen geben möge. Er tat es aber nicht.
    Stattdessen schlich er von ihrem Bett zum Schrank, wo er eine kleine Taschenlampe
    anknipste. Er drehte ihr den Rücken zu und neigte sich über das Schloß.
    Wenn es nicht Tsanko ist, dann kann es sich nur um einen ganz gewöhnlichen altmodischen Einbrecher handeln, überlegte sie empört. Sie glitt aus dem Bett und stand auf. Auf
    Zehenspitzen schlich sie an der Wand entlang, bis sie hinter dem Mann stand. Dann hielt sie die rechte Hand flach und verpaßte ihm einen mittleren Karateschlag gegen die
    Halsschlagader.
    Lautlos sank der Fremde zu Boden.
    Mrs. Pollifax machte Licht. Der Mann war tatsächlich ein Dieb, denn er hielt ihren braunen, abgesteppten Mantel in den Armen. Er war auf den Mantel gefallen und liegengeblieben. Es war ein verhältnismäßig junger Mann in schwarzem Anzug und schwarzer Krawatte. Sie
    stieg über ihn und griff nach dem Telefonhörer. »In meinem Zimmer ist ein Einbrecher«,
    meldete sie frostig.
    Die Antwort war entmutigend. Sie klang wie: »Murdekoochinko lesso razenum.«
    »Einbrecher! Dieb!« sagte sie. »Spricht denn hier niemand Englisch?«
    »Anglichanin? Amerikanski?«
    Wütend knallte Mrs. Pollifax den Hörer hin, stieg abermals über den Mann und öffnete ihre Tür. Der Korridor war leer. Sie ließ die Tür offen und ging zum Fahrstuhl. Aber auch hier war niemand. Seufzend fuhr sie in die Halle.
    In der Portiersloge standen zwei Männer. Sie brauchten eine Weile, bis sie sich von dem Schock erholten, Mrs. Pollifax im geblümten Pyjama aus dem Fahrstuhl rauschen zu sehen.
    Dann vergingen weitere Minuten, bis sie begriffen, daß sie mit ihr in ihr Zimmer kommen sollten. Das verschlug ihnen vollends die Sprache. Sie verstanden kein Wort Englisch und mußten erst im Gästebuch ihren Namen nachschlagen. Dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher