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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane
Autoren: Frederick Forsyth
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der sechs Kabel querab an der Steuerbordseite der Queen Mary durch die See pflügte. David Gundlach hörte ihn laut und deutlich wie alle, die in dieser Nacht Wache hatten. Der Kanal, auf dem er gesendet wurde, war die allgemeine Frequenz für Schiffe im Nordatlantik. Die Stimme sprach mit einem starken Südstaatenakzent.
    »Countess of Richmond, Countess of Richmond, hier spricht Kreuzer Monterey, U. S. Navy. Hören Sie mich?«
    Die Stimme, die antwortete, klang ein wenig verzerrt. Die Funkausrüstung des alten Frachters war nicht mehr auf dem neuesten Stand, aber man hörte, dass der Sprecher aus Lancashire oder vielleicht Yorkshire stammte.
    »Oh, aye, Monterey, hier ist die Countess.«
    »Anscheinend haben Sie beigedreht. Wie ist Ihre Situation?«
    »Countess o' Richmond. Sind 'n bisschen heiß gelaufen …« Klick klick. »… Schraubenwelle …« Zzzzzzz. »… reparieren, so schnell wir können …«
    Von der Brücke des Kreuzers kam kurzes Schweigen. Dann: »Wiederholen Sie, Countess of Richmond. Wiederholen Sie.«
    Die Countess antwortete, und der Akzent klang stärker als vorher. Auf der Brücke der Queen Mary sah der Erste Offizier jetzt den Punkt auf seinem Radar ein kleines Stück weit südlich von seinem Kurs, etwa fünfzig Minuten entfernt. Ein anderes Display lieferte sämtliche Details der Countess of Richmond einschließlich der Information, dass ihr Transpondersignal echt war. Er schaltete sich in den Funkverkehr ein.
    » Monterey, hier spricht die Queen Mary 2. Lassen Sie mich mal versuchen.«
    David Gundlach war in Cheshire geboren und aufgewachsen, im County Wirral, keine fünfzig Meilen weit von Liverpool entfernt. Er hörte, dass die Stimme von der Countess entweder aus Yorkshire oder aus Lancashire kam, jedenfalls aus der Nachbarschaft seiner Heimat.
    »Countess of Richmond, hier spricht die Queen Mary 2. Ich höre, Sie haben eine Überhitzung des Hauptlagers im Wellentunnel und führen die Reparatur auf See durch. Bestätigen Sie.«
    »Aye, so ist es. Hoffe, dass ich in einer Stunde fertig bin«, sagte die Lautsprecherstimme.
    »Countess, bitte nennen Sie Ihren Heimathafen, Abreisehafen, Bestimmungshafen, Fracht.«
    »Countess of Richmond, Heimathafen Liverpool, achttausend Tonnen, Mehrzweckfrachter mit Seidenstoffen und Edelhölzern auf der Fahrt von Java nach Baltimore.«
    Gundlachs Blick wanderte über den Monitor mit den Informationen der Reederei McKendrick Shipping in Liverpool, der Maklerfirma Siebart & Abercrombie in London und der Versicherung Lloyd's. Alles stimmte.
    »Und mit wem spreche ich bitte?«, fragte er.
    »Mit Kapitän McKendrick. Und wer sind Sie?«
    »Erster Offizier Gundlach.«
    Die Monterey, die dem Funkverkehr nur mit Mühe hatte folgen können, meldete sich wieder.
    »Hier Monterey. Queen, möchten Sie den Kurs ändern?«
    Gundlach konsultierte seine Displays. Der Brückencomputer führte die Queen Mary auf dem geplanten Kurs und würde sich auf jede Veränderung von Seegang, Wind oder Strömungsverhältnissen einstellen. Davon abzuweichen würde bedeuten, dass man auf Handsteuerung umstellte oder die Programmierung änderte und später wieder auf den ursprünglichen Kurs zurückkehrte. Den beigedrehten Frachter würde er in einundvierzig Minuten passieren, und er würde zwei Meilen oder drei Kilometer querab steuerbord liegen.
    »Nicht nötig, Monterey. Wir sind in vierzig Minuten an ihr vorbei. Sie liegt mehr als zwei Meilen abseits.«
    Auf ihrem Parallelkurs neben der Queen würde die Monterey den Frachter in geringerem Abstand passieren, aber es blieb immer noch reichlich Platz. Hoch über ihnen scannten der Hawkeye und der EA-6B den hilflosen Frachter nach Visiereinrichtungen für Lenkwaffen und anderen elektronischen Aktivitäten. Sie fanden nichts, aber sie würden die Countess weiter im Auge behalten, bis sie weit hinter dem Konvoi läge. Zwei weitere Schiffe befanden sich in der Nähe des Kurses, doch sie lagen viel weiter voraus und würden später aufgefordert werden, nach steuerbord und backbord auszuweichen.
    »Roger«, bestätigte die Monterey.
     
    Das alles war auf der Brücke der Countess gehört worden. Ibrahim befahl den anderen mit einer Kopfbewegung, ihn jetzt allein zu lassen. Der Funker und der Junge kletterten flink über das Fallreep ins Schnellboot hinunter, und alle sechs Mann dort unten warteten auf den Afghanen.
    Martin war überzeugt, dass der irrsinnige Jordanier die Maschinen auf volle Kraft voraus stellen und versuchen würde,
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