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Der Adler ist entkommen

Der Adler ist entkommen

Titel: Der Adler ist entkommen
Autoren: Jack Higgins
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zu, ohne mich zu unterbrechen.
      »Durchaus praktisch, der Tod des Mädchens, da haben Sie ganz recht«, sagte er, nachdem ich geendet hatte.
      »Damit sieht es für mich nicht allzugut aus.«
      Nicht weit entfernt war wieder ein Explosionsknall zu hören, und während er aufstand, um die Tür zum Hinterhof zu öffnen, folgte das Knattern von Gewehrschüssen.
      »Es scheint ein heißer Abend zu werden«, stellte ich fest.
      »Das wird er gewiß. Im Augenblick ist es sicherer, von den Straßen wegzubleiben.«
      Er schloß die Tür wieder und drehte sich zu mir um.
      »Die Schilderungen in der Akte. Entsprechen sie den Tatsachen?« fragte ich.
      »Eine gute Geschichte.«
      »In groben Zügen.«
      »Woraus ich schließe, daß Sie auch den Rest hören wollen.«
      »Ich muß ihn hören.«
      »Warum nicht?« Er lächelte, ließ sich wieder am Tisch nieder
    und griff nach der Whiskeyflasche. »Na schön, und ich bin so lange wenigstens die Probleme da draußen los. Wo soll ich denn anfangen?«

    Berlin - Lissabon - London
    1943

    2

      Von Brigadier Dougal Munros Wohnung am Haston Place waren es nur zehn Minuten zu Fuß bis zum Londoner Hauptquartier des SOE in der Baker Street. Als Chef der Sektion D mußte er vierundzwanzig Stunden am Tag erreichbar sein, und es stand ihm neben dem normalen Telefon eine abhörsichere Direktleitung zu seinem Büro zur Verfügung. An jenem späten Novemberabend, als dieser spezielle Apparat läutete, saß er gerade am Kamin und ging einige Akten durch. »Hier ist Carter, Brigadier. Ich bin aus Norfolk zurück.«
      »Gut«, antwortete Munro. »Schauen Sie auf dem Nachhauseweg vorbei und erstatten Sie mir Bericht.«
      Er legte den Hörer auf die Gabel und holte sich einen Malzwhiskey. Er war ein untersetzter, kräftiger Mann mit weißem Haar und einer Brille mit Stahlgestell. Genaugenommen kein Berufssoldat, diente sein Rang als Brigadier nur dazu, ihm in gewissen Kreisen Respekt zu verschaffen. Mit fünfundsechzig war er in einem Alter, in dem die meisten Männer bereits mit dem Ruhestand konfrontiert werden, sogar in Oxford, und der Krieg war seine Rettung gewesen. Daran war nichts zu deuteln. Er dachte darüber nach, als die Türklingel anschlug, und er ging, um Captain Jack Carter hereinzulassen.
      »Sie sind ja völlig durchgefroren, Jack. Nehmen Sie sich einen Drink.«
      Jack Carter lehnte seinen Spazierstock an einen Sessel und schlüpfte aus seinem Mantel. Er trug die Uniform eines Hauptmanns der Green Howards. An seinem Waffenrock war auch das Ordensband des Military Cross zu sehen. Seine Beinprothese war ein Vermächtnis von Dünkirchen, und er humpelte deutlich, als er zum Barschrank ging und sich einen Whiskey einschenkte.
    »Wie ist die Lage in Studley Constable?« fragte Munro.
    »Wieder normal, Sir. Alle deutschen Fallschirmjäger wurden
    in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Kirchhof beerdigt.«
      »Ohne Gedenkstein, natürlich, oder?«
      »Bislang noch, aber diese Dorfbewohner sind schon ein seltsames Volk. Sie scheinen von Steiner eine hohe Meinung zu haben.«
      »Na ja, einer seiner Unteroffiziere hat sein Leben verloren, als er zwei Kinder rettete, die in den Mühlbach gestürzt waren, erinnern Sie sich? Tatsächlich war diese Heldentat dafür verantwortlich, daß ihre Tarnung aufflog und die ganze Operation scheiterte.«
      »Außerdem ließ er die Dorfbewohner laufen, bevor die eigentlichen Kämpfe begannen«, sagte Carter.
      »Richtig. Haben Sie seine Akte?«
      Carter griff seine Aktentasche und zog einige zusammengeheftete Bogen Papier heraus. Munro prüfte sie. »Oberstleutnant Kurt Steiner, siebenundzwanzig Jahre alt. Eine bemerkenswerte Karriere. Kreta, Nordafrika, Stalingrad. Träger des Ritterkreuzes mit Eichenlaub.«
      »Seine Mutter ist noch faszinierender, Sir. Stammt aus der feinen Gesellschaft von Boston. Eine ›Boston-Prinzessin‹, sozusagen.«
      »Gut und schön, Jack, aber vergessen Sie nicht, daß sein Vater ein deutscher General war, und ein verdammt guter dazu. Nun, was ist mit Steiner? Wie geht es ihm?«
      »Es scheint keinen Grund zu geben, an seiner vollkommenen Genesung zu zweifeln. Nicht weit von Norwich gibt es ein RAFHospital für Bomberbesatzungen mit starken Verbrennungen. Es ist ziemlich klein. Früher war es mal eine Privatklinik. Wir halten Steiner dort unter strenger Bewachung. Offiziell ist er ein abgeschossener Luftwaffenpilot. Recht vorteilhaft, daß deutsche
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