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Der Adler ist entkommen

Der Adler ist entkommen

Titel: Der Adler ist entkommen
Autoren: Jack Higgins
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sowieso nicht.«
      »Ein schrecklicher Ort. Aber was kann man dort schon anderes erwarten? Machen Sie es sich gemütlich, und genießen Sie die Fahrt.«
      Sie schloß die Scheibe. Die Reise dauerte nicht länger als zehn Minuten. Wir fuhren über die Falls Road, eine katholische Gegend, an die ich mich aus meiner Jugend noch gut erinnern konnte, gelangten in einen Irrgarten düsterer Nebenstraßen und hielten schließlich vor einer Kirche an. Sie öffnete wieder die Trennscheibe.
      »Der erste Beichtstuhl auf der rechten Seite, wenn Sie reinkommen.«
      »Wenn Sie es sagen.«
      Ich stieg aus, und sie fuhr sofort wieder los. Auf dem Schild stand »Kirche vom Heiligen Namen«, und die Zeiten für Messen und Beichte waren in Goldlettern aufgeschrieben. Ich öffnete die Tür, nachdem ich einige Stufen hinaufgestiegen war, und trat ein. Die Kirche war nicht sehr groß und eher schwach erleuchtet, Kerzen flackerten vor dem Altar, an der Seite befand sich eine Marienkapelle. Reflexartig tauchte ich meine Fingerspitzen ins Weihwasser und schlug das Kreuzzeichen, was mich an die katholische Tante in South Armagh erinnerte, die mich eine Zeitlang mit großgezogen und ständig über meine finstere kleine protestantische Seele geklagt hatte.
      Die Beichtstühle standen aufgereiht an einer Seite. Niemand wartete dort, was auch nicht verwunderlich war, denn laut der Zeitangaben auf der Tafel vor der Kirche war ich eine Stunde zu früh. Ich ging in den ersten Beichtstuhl auf der rechten Seite und schloß die Tür. Einen Moment lang saß ich in völliger Dunkelheit, dann wurde das Gitter geöffnet.
      »Ja, bitte?« sagte eine Stimme leise.
      Ich antwortete automatisch. »Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt.«
      »Das haben Sie ganz gewiß, mein Sohn.« Das Licht in der anderen Kabine wurde angeknipst, und Liam Devlin lächelte mich an.
      Er sah erstaunlich gut aus. Tatsächlich um einiges besser als beim letzten Mal. Siebenundsechzig, wie ich es Ruth Cohen erklärt hatte, aber immer noch voller Elan. Ein kleiner Mann von enormer Vitalität, das Haar so schwarz wie eh und je, und mit lebhaften blauen Augen. Auf der linken Stirnseite war die Narbe einer alten Schußwunde zu erkennen, und um seine Lippen spielte ständig ein spöttisches Lächeln. Er trug eine Priestersoutane und den Priesterkragen und schien sich in der Sakristei im hinteren Teil der Kirche, wohin er mich geführt hatte, völlig heimisch zu fühlen.
      »Sie sehen gut aus, mein Sohn. Erfolgreich und wohlhabend.« Er grinste. »Darauf trinken wir. Irgendwo gibt es hier sicherlich eine Flasche.«
      Er öffnete einen Wandschrank und förderte tatsächlich eine Flasche Bushmills und zwei Gläser zutage. »Und was hält der eigentliche Bewohner dieser Räumlichkeiten davon?« erkundigte ich mich.
      »Father Murphy?« Er schüttete Whisky in die Gläser. »Der hat ein großes Herz. Er ist irgendwo unterwegs. Wie immer.«
      »Und blickt über das Ganze geflissentlich hinweg?«
      »Könnte man so sagen.« Er hob sein Glas. »Auf Sie, alter Junge.«
      »Und auf Sie, Liam.« Ich erwiderte den Toast. »Sie hören niemals auf, mich zu erstaunen. Seit fünf Jahren bei der britischen Armee auf der Liste der meistgesuchten Personen, und immer noch haben Sie die Dreistigkeit, ganz offen in Belfast herumzulaufen.«
      »Na ja, ein Mann muß ja auch mal ein bißchen Spaß haben, nicht wahr?« Er nahm sich eine Zigarette aus einem silbernen Etui und bot mir auch eine an. »Aber lassen wir das. Wem oder was verdanke ich denn das Vergnügen Ihres Besuchs?«
      »Hat der Name Dougal Munro irgendeine Bedeutung für Sie?«
      Verblüfft riß er die Augen auf. »Was, zum Teufel, führen Sie denn jetzt im Schilde? Ich hab' den Namen dieses alten Bastards seit Jahren nicht mehr gehört.«
    »Oder Schellenberg?«
      »Walter Schellenberg? Das war ein toller Kerl. General mit Einunddreißig. Schellenberg - Munro? Was soll das?«
      »Und Kurt Steiner?« fuhr ich fort, »der, wie jeder behauptet - auch Sie -, bei dem Versuch, den falschen Churchill auf der Terrasse des Meltham House zu erschießen, ums Leben gekommen ist?«
      Devlin nahm einen kräftigen Schluck von seinem Whiskey und lächelte freundlich. »Ich war schon immer ein schlechter Lügner. Und jetzt erzählen Sie mir endlich, worum es überhaupt geht.«
      Also erzählte ich ihm von Ruth Cohen, von der Akte und ihrem Inhalt, einfach alles, und er hörte mir aufmerksam
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