Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der 13. Engel

Der 13. Engel

Titel: Der 13. Engel
Autoren: Michael Borlik
Vom Netzwerk:
Kaninchen über den Tisch, wobei es einen Großteil seines Inhalts über die Tischdecke vergoss.
    Tante Hester warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Das war unnötig, Rufus.«
    »Das Gleiche wollte ich gerade zu dir sagen.« Er sah Tante Hester durchdringend an. »Was willst du von uns?«
    »Ich soll von euch etwas wollen?« Tante Hester zog in gespieltem Erstaunen die buschigen Brauen hoch.
    »Lass das Theater«, sagte Amys Vater. »Ich kenne dich gut genug, um dich zu durchschauen. Sag, was du willst, oder geh! Aber verschwende nicht länger unsere Zeit!«
    Plötzlich lächelte Tante Hester. Es war jene Art von Lächeln, bei dem einem eisige Schauder über den Rücken laufen. »Also gut, kommen wir zum eigentlichen Grund meines Hierseins. Es geht um deine Tochter, Rufus. Schon seit Jahren wird über sie in der Stadt geredet. Das hat mich bisher nicht weiter gestört, da kaum einer von unseren verwandtschaftlichen Banden weiß. Allerdings dringt dieses üble Geschwätz inzwischen bis in meine Kreise vor. Und das ist etwas, dass ich nicht so einfach hinnehmen kann. Es beschmutzt den makellosen Namen meiner Familie.«
    »Und das wollen wir natürlich nicht«, bemerkte Amys Vater zynisch.
    »In der Tat.« Tante Hester nippte an ihrem Tee, während Amy sie mit einem dicken Kloß im Hals musterte und sich fragte, auf welche Gemeinheit sie wohl hinauswollte. »Schließlich hatte deine Heirat mit meiner Schwester seinerzeit bereits genug Schaden angerichtet«, fuhr ihre Tante fort.
    »Das reicht!« Amys Vater schlug mit der Faust so hart auf den Tisch, dass die Teetassen bedrohlich klirrten . »Bist du etwa nur gekommen, um uns zu beleidigen?«
    »Nicht nur«, erwiderte Tante Hester kühl und reckte das spitze Kinn vor. »Ich möchte dir einen Vorschlag unterbreiten, der diesen Gerüchten ein für allemal ein Ende setzen dürfte.« Sie warf Amy einen nicht zu deutenden Blick zu. »Ich habe ein angesehenes Internat ausfindig gemacht, das bereit wäre, meine Nichte trotz ihres, nun ja, Defizits aufzunehmen. Es ist zwar abgelegen, aber Amy bekäme dort eine hervorragende Ausbildung, soweit es ihre eingeschränkten Fähigkeiten zulassen, und ich müsste mir nicht länger Sorgen um meinen Ruf machen. Selbstverständlich würde ich für alle anfallenden Kosten aufkommen.« Sie schürzte die Lippen. »Nun, Rufus, ich finde, das ist ein mehr als großzügiges Angebot, wenn man bedenkt, was mir mein Geld bedeutet.«
    Amy schlug das Herz bis zum Hals. Das konnte Tante Hester unmöglich ernst meinen! Amy wollte auf keinen Fall fort von ihrem Vater. Ängstlich musterte sie sein Gesicht. Es war völlig reglos. Nichts verriet, was er gerade dachte. Natürlich hatte er es nie leicht mit ihr gehabt. Keine Schule war je bereit gewesen, Amy zu unterrichten, deshalb hatte er sich neben seiner Arbeit auch noch um ihre Ausbildung kümmern müssen. »Papa, bitte, ich möchte nicht …«
    »Still!« Er hatte mahnend den Zeigefinger erhoben und Amy wagte es nicht, ein weiteres Wort zu sagen. Langsam beugte ihr Vater sich über den Tisch und sein Blick bohrte sich in den von Tante Hester. »Wie kannst du es wagen, mir einen solchen Vorschlag zu unterbreiten? Ich liebe Amy. Sie ist alles für mich. Ich würde sie nie und nimmer fortschicken. Oh, Hester, wärst du nicht die Schwester meiner Frau, ich würde dich …«
    Das ungestüme Läuten der Türglocke schnitt ihm das Wort ab.
    Tante Hester zog fragend die rechte Augenbraue hoch. »Wer mag das wohl sein?« Dann bedachte sie Amys Vater mit einem spöttischen Lächeln. »Ausgerechnet jetzt, wo diese Unterhaltung interessant zu werden versprach. Schließlich wollte ich schon immer wissen, wie du wirklich über mich denkst, liebster Rufus.«
    Wieder erklang die Türglocke. Wer immer es war, es ging ihm nicht schnell genug. Denn nun bollerte er auch noch mit den Fäusten gegen die Tür. »Aufmachen!«, rief eine zornige Stimme.
    Amy zuckte zusammen.
    »Ich gehe wohl besser nachschauen«, sagte ihr Vater mit merkwürdig besorgter Miene.

Hochverrat
    Amys Vater war vom Tisch aufgestanden, als etwas mit solcher Wucht gegen die Haustür krachte, dass das Splittern des Holzes bis in die Küche zu hören war.
    »Papa!«, schrie Amy erschrocken.
    »Verdammt, was soll das?« Wütend eilte ihr Vater davon.
    »Wo willst du hin?«, rief Tante Hester, als Amy von ihrem Stuhl aufsprang und ihm nachlief. »Bleib hier, Kind!«
    Im Flur wäre Amy fast mit ihrem Vater zusammengeprallt. »Was ist los, Papa?«
    Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher