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Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen

Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen

Titel: Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen
Autoren: Christian Stock
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nehmen. Die letzten Termine werden daher in wesentlich größeren Abständen vereinbart, bis die Therapie ausklingt.
    Was hat der Therapeut zusammen mit Frau Schmidt in den zwei Jahren gemacht? Frau Schmidt erzählt, dass er zunächst vorsichtig Vertrauen aufgebaut habe. Gemeinsam habe man dann ihre Lebensgeschichte betrachtet und kritische Lebensereignisse nachträglich bearbeitet. Positive Lebenserfahrungen seien aber auch wertgeschätzt und betont worden. Ihre aktuelle Lebenssituation habe man dann zur Lebensgeschichte in Bezug gesetzt und viele Zusammenhänge abgeleitet. Dadurch habe sie sich selbst besser verstanden, und auch wenn es etwas „abgedroschen“ klinge, habe es ihr dabei geholfen, wieder zu sich selbst zu finden.
    Immer wieder sei die Sprache auf Beziehungserfahrungen gekommen, vor allem in der Familie. Aber auch der Arbeitsplatz sei mehrfach thematisiert worden. Gemeinsam habe man die Ursachen für die Depression herausgearbeitet und Handlungsschritte abgeleitet. Frau Schmidt kenne ihre Stärken und Schwächen jetzt wesentlich besser und sie wisse, wo sie mehr auf sich achten müsse.
    Der Therapeut sei nicht immer nur „nett“ gewesen, sondern habe ihr auch immer mal wieder „den Spiegel vorgehalten“, d. h., er habe sie auf Widersprüche hingewiesen und sie habe dann versucht, diese aufzulösen. Manche Schwächen habe sie auch einfach akzeptieren müssen, weil sie zu ihr gehören. Schließlich lasse sich nicht alles beliebig ändern wie in einer Autowerkstatt.
    Manchmal habe sie sich auch über den Therapeuten geärgert, wenn er einige ihrer Schwächen aufgezeigt habe.
    Das sei aber auch nötig gewesen. Durch die Vertrauensbasis sei dies zum Glück möglich gewesen.
    Zur therapeutischen Arbeit haben auch viele Hausaufgaben gehört. Sie habe über viele Themen gezielt nachdenken, sich teilweise auch Notizen machen und ein Tagebuch führen müssen. Sie habe sogenannte Zufriedenheitserlebnisse gezielt in ihren Wochenablauf einplanen müssen. Das sei ihr zunächst schwergefallen. Besonders das „Sichüberwinden“, um z. B. einen Spaziergang zu machen oder zum Sport zu gehen, sei am Anfang sehr schwer gefallen.
    Der Therapeut habe sehr viel mit ihr an der „erlernten Hilflosigkeit“ gearbeitet. Immer wieder habe er sie auf negative Gedankenkreisläufe hingewiesen und diese hinterfragt. So sei es ihr gelungen, mehr und mehr aus dem ständigen Grübeln herauszukommen.
    Auch ihren Hang, ständig um Anerkennung zu kämpfen, habe sie hinterfragt. Inzwischen stehe sie auch mehr für ihre eigenen Interessen ein und fordere diese mehr ein.
    Alles sei noch nicht geklärt, aber das sei auch normal, da das Leben ein ständiger Entwicklungs- und Lernprozess sei. Einiges habe sie noch zu verbessern. Sie sei jetzt auf einem guten Weg.
    Der Verlauf der beschriebenen Therapie war idealtypisch. Er soll einen ungefähren Anhaltspunkt liefern, wie der Prozess im günstigsten Fall ablaufen würde. Wie bereits erwähnt, würde parallel eine medikamentöse Behandlung laufen und man würde sich bei Therapieveränderungen immer wieder versichern, dass keine Rückfälle erfolgen.
    Manche Fachleute meinen, dass man bei einer leichten Depression sogar auf Antidepressiva verzichten könne (im Gegensatz zu mittleren und schweren Depressionen) und die reine Gesprächstherapie evtl. ausreiche. Die Versorgungsrealität sieht aber so aus, dass der Betroffene nicht immer gleich einen Therapieplatz findet, sodass das Medikament wahrscheinlich doch in den meisten Fällen zur Stabilisierung notwendig ist.
    Wenn die Erhaltungsphase der medikamentösen Behandlung beendet wurde und das Antidepressivum ausgeschlichen ist, muss der Gesprächstherapeut umso mehr darauf achten, ob sein Patient stabil bleibt.
    Ein Psychotherapeut hat auch die Möglichkeit, nach abgeschlossener Therapie einmal im Quartal noch kurze Nachsorgetermine durchzuführen. So ist eine Verlaufskontrolle gewährleistet.
    Generell gilt aber, dass der Patient irgendwann wieder auf eigenen Beinen stehen soll und dass er sein Leben wieder eigenständig regelt.
    In einer Therapie gilt es immer, ein Abhängigkeitsverhältnis zu vermeiden! Fachleute nennen das „therapeutische Abstinenz“. Ein Therapeut muss sich aus dem Privatleben eines Patienten immer heraushalten! Ein Therapeut ist kein Freund oder Kumpel, sondern ein Fachmann, der um Rat gefragt wird. Nicht mehr und nicht weniger.
Was ist der Unterschied zwischen einem Verhaltenstherapeuten und
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