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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Laura Lippman
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einem Ton, der die Kellnerin zusammenzucken ließ. Freundlicher sprach er weiter. »Ich bin ihr Bruder. Sie war eine Nachzüglerin, und jetzt sind unsere Eltern tot, und wir haben nur noch uns.«
    »Das ist … nett. Wirklich nett.«
    Sie gingen nach oben. Eliza duschte genüsslich, es war so herrlich wie seit Wochen nicht mehr, selbst wenn sie danach ihre getragene Kleidung wieder anziehen musste. Auch die Tagesdecke, eine altmodische weiße Decke mit plastischem Muster, war herrlich. Sie hatte seit fast einer Woche nicht mehr in einem richtigen Bett gelegen und schlief beim leisen Brummen des Fernsehers bald ein. Sie wusste nicht, wie spät es war, als sie aufwachte und Walter neben sich stehen sah.
    »Dreh dich um«, sagte er.
    Sie gehorchte, während sie ihn bat: »Bitte nicht, Walter. Bitte.«
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich muss das tun. Aber ich stelle dir Musik an.« Mit der Fernbedienung schaltete er durch, bis er MTV fand. Madonna sang gerade Lucky Star . »Das magst du doch, oder?« Er drehte sie herum, dass sie den Fernseher sehen konnte, aber sie kniff die Augen fest zusammen; sie wollte nichts sehen, sich an nichts erinnern.
    Er war hinter ihr. Sie hatte einmal ein Buch gelesen, eines der besten schmutzigen Bücher überhaupt, in dem ein Mann seine Freundin immer umgedreht hatte und nachher herauskam, dass er eigentlich auf Männer stand. Aber bei Walter ging sie nicht davon aus. Walter hatte Probleme. Große Probleme. »Verdammt«, sagte er ein- oder zweimal, schob sie zurecht, erst so, dann so, und sprach mit ihrem Körper, wie er bei seinen Handlangerarbeiten manchmal mit seinem Werkzeug schimpfte. Irgendwann schaffte er es dann doch. Es tat so weh, dass sie sich nicht vorstellen konnte, wie jemand so etwas freiwillig tun konnte. Sein Mund war an ihrem Ohr, an ihrem Hals, aber er küsste sie nicht; die Hände hatte er zu beiden Seiten neben ihr aufgestemmt, als würde er Liegestütze machen. Er schien die Luft anzuhalten. Schließlich stieß er einen leisen, spitzen Schrei aus, eher überrascht als alles andere. Madonna sang immer noch, wälzte sich auf dem Boden und dankte ihrem Glücksstern.
    »Es tut mir leid«, wiederholte er. Sie weinte, das Gesicht in das Bett gedrückt, gerade noch das schönste Bett der Welt und jetzt das schrecklichste.
    Am nächsten Tag war er wieder geistesabwesend, aber statt ihm zu helfen, hatte sie sich selbst in eine Art Trance zurückgezogen. Sie hielten an einem Supermarkt an und stritten sich am Ende über eine Packung Kekse. Er gab nach, aber erst, nachdem er sie so fest geschubst hatte, dass sie stolperte und auf die Knie fiel. Kurz nachdem sie den Potomac Richtung Maryland überquert hatten, wurden sie angehalten, weil Walter zu langsam gefahren war. Falls er glaubte, er hätte von der Staatspolizei etwas zu befürchten, ließ er sich das nicht anmerken.
    »Wer ist die junge Dame?«, fragte der Polizist.
    »Elizabeth Lerner«, antwortete Walter. »Ich bringe sie nach Hause. Sie wird vermisst, sie ist weggelaufen, aber ich habe sie überredet, nach Hause zu gehen.«
    Hatte er gedacht, der Polizist würde ihn durchwinken? Er wirkte kein bisschen beunruhigt, als der Polizist zu seinem Streifenwagen ging und das Funkgerät benutzte. Bevor Elizabeth recht wusste, was geschah, lag Walter auf dem Boden, die Hände über dem Kopf, während der Polizist abwechselnd ihn anschrie, er solle sich nicht bewegen, und Elizabeth beruhigte, es sei alles in Ordnung, sie sei jetzt in Sicherheit.
    Und sie fing an zu weinen. Weil sie in Sicherheit war. Aber vielleicht auch, weil ihr klar wurde, dass sie nie wieder in Sicherheit sein würde.
    »Das kann nicht stimmen«, sagte sie jetzt zu Walter. »Du hast Maude vergewaltigt. Bei Holly hast du es versucht.« Walter umklammerte die Gitterstäbe. Sie wünschte sich, sie könnte sich auch irgendwo festklammern. Hätte sie doch den Stuhl nicht abgelehnt. Aber es wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen, jetzt um einen zu bitten. Außerdem wollte sie den Deputy nicht weiter hineinziehen, es war seltsam genug, dass er sie beobachtete.
    »Ich konnte nicht. Nicht bei den anderen. Ich habe es versucht, aber es ging nicht. Die Erste – sie hat mich ausgelacht, und danach konnte ich es nie. Außer mit dir.«
    Hier konnte sie einhaken. »Maude war nicht die Erste.« Zögerlich, aber bestimmt.
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    Er hob eine Hand. »Bevor ich mein Versprechen einlöse und dir alles erzähle, möchte ich, dass du dich der vorletzten
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