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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
Autoren: Dan Ariely
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Weinproben –, die wir später mit MBA-Studenten an der Duke University durchführten, ermöglichte uns, ein paar persönliche Charakterzüge der Teilnehmer zu erfassen – was dem Geschäftsführer in der Carolina Brewery nicht so gut gefiel. Dies öffnete uns die Tür zu einem interessanten Phänomen. Wir fanden nämlich heraus, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Neigung, andere alkoholische Getränke als die anderen am Tisch zu wählen, und einem Charakterzug, nämlich dem »Bedürfnis, einzigartig zu sein«. Im Wesentlichen heißt dies, dass Menschen, die darauf bedacht sind, ihre Einzigartigkeit zu demonstrieren, mit größerer Wahrscheinlichkeit ein alkoholisches Getränk wählen, das noch kein anderer bestellt hat, um eben ihre Individualität zu beweisen.
    Daran zeigt sich, dass die Menschen manchmal bereit sind, auf einen Genuss zu verzichten, um anderen ein bestimmtes Bild von sich zu vermitteln. Bei der Auswahl eines Gerichts oder eines Getränks scheinen die Menschen zwei Ziele zu verfolgen: zu bestellen, was ihnen den größten Genuss bereitet, und vor den Freunden in einem positiven Licht zu erscheinen. Ein Problem entsteht dann, wenn sie, zum Beispiel beim Bestellen eines Gerichts, gezwungen sind, etwas zu nehmen, wassie nicht mögen – was sie häufig bereuen. Kurz gesagt: Die Menschen, insbesondere diejenigen mit einem großen Bedürfnis nach Einzigartigkeit, opfern oft ihren persönlichen Nutzen, um Nutzen in Form von Ansehen zu gewinnen.
    Dies waren klare Ergebnisse, aber wir vermuteten, dass in anderen Kulturen – wo das Bedürfnis nach Einzigartigkeit nicht als positiver Charakterzug gilt – diejenigen, die in der Öffentlichkeit hörbar ihre Bestellung aufgaben, versuchen würden, ihr Zugehörigkeitsgefühl zur Gruppe zu demonstrieren, und mehr Konformität an den Tag legen würden. Bei einer Studie, die wir in Hongkong durchführten, war dies tatsächlich der Fall. Dort wählten die Probanden beim Bestellen in der Öffentlichkeit zwar auch Dinge, in diesem Fall Gerichte, die sie nicht so gern mochten wie die, die sie im Stillen wählten, aber hier wählten sie dabei dasselbe wie die erste Person in der Gruppe – aber auch sie begingen damit einen Fehler, den sie später bereuten, wenn auch anderer Art.
     
    An diesem Experiment können Sie sehen, dass bei der Forschung wenigstens kleine Ratschläge fürs Leben herauskommen – ganz kostenlos. Erstens: Wenn Sie in ein Restaurant gehen, wäre es gut, wenn Sie Ihre Wahl treffen, bevor der Kellner kommt, und dann auch dabei bleiben. Die Beeinflussung durch die Bestellungen der anderen kann dazu führen, dass Sie sich am Ende für die schlechtere Alternative entscheiden. Wenn Sie fürchten, in jedem Fall beeinflusst zu werden, ist es ratsam, den anderen am Tisch Ihre Wahl mitzuteilen, bevor der Kellner kommt. Auf diese Weise haben Sie Anspruch auf Ihre Bestellung angemeldet, und es ist weniger wahrscheinlich, dass andere, selbst jemand, der vor Ihnen bestellt, das nimmt, was Sie ausgewählt haben. Aber natürlich ist es am besten, als Erster zu bestellen.
    Vielleicht sollten Wirte ihre Gäste bitten, ihre Bestellungen für sich im Stillen abzugeben, so dass keiner von den Bestellungen seiner Begleiter beeinflusst wird. Wir bezahlen viel Geld für das Vergnügen, auswärts essen zu gehen, und damit könnte man höchstwahrscheinlich die Freude daran noch ein gutes Stück steigern.
    Aber es gibt noch etwas Wichtigeres, was man aus diesem Experiment lernen kann – ja, eigentlich aus allem, was ich in den vorherigen Kapiteln ausgeführt habe: Die konventionelle Ökonomie geht davon aus, dass wir grundsätzlich rational handeln – dass wir alle relevanten Informationen für unsere Entscheidungen kennen, dass wir den Wert der verschiedenen uns vorliegenden Optionen einschätzen können und uns kognitiv nichts hindert, die Folgen der einzelnen Wahlmöglichkeiten abzuwägen.
    Daraus ergibt sich, dass wir angeblich logische und vernünftige Entscheidungen treffen. Und für den Fall, dass wir uns von Zeit zu Zeit falsch entscheiden, geht die Standardökonomie davon aus, dass wir schnell aus unseren Fehlern lernen – entweder allein oder mit Hilfe der »Marktkräfte«. Auf der Grundlage dieser Annahmen ziehen die Wirtschaftswissenschaftler weitreichende Schlüsse alle möglichen Dinge betreffend, von Kauftrends über Gesetze bis hin zur Politik.
    Doch wie die in diesem Buch (und an anderer Stelle) vorgelegten Ergebnisse zeigen, sind unsere
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