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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013
Autoren: Isabella Nelte
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rasante Säkularisierung der Gesellschaft, verbunden mit einer massiven Kirchenflucht der jungen Generation, werde bald auch Polen erreichen« (so Adam Krzeminski, Publizist der Warschauer Wochenzeitung »Polityka« in: Neue Zürcher Zeitung vom 6. Januar 2011).
    Wiśniewskis Befund bezüglich Polen bestätigt meine Analyse: »Schuld an der Kirchenmisere seien konservative Bischöfe, die sich hinter den Mauern eines tumben Konservatismus verschanzten und geradezu heidnische, hasserfüllte Aktivitäten nationalkatholischer Fundamentalistengruppen autorisierten, die Kreuze wie ein Totem ihrer politischen Gesinnung missbrauchten.« Auch Wi ś niewski sieht die Schwäche der Kirche vor allem beim Episkopat: »Die ›Achillesferse‹ der polnischen Kirche und der Bischofskonferenz sei ihre Unfähigkeit, sich in einer demokratischen Gesellschaft zurechtzufinden. Doch Pluralismus sei eine Chance, allerdings nur dann, wenn auch Menschen miteinander kommunizierten, die verschiedene Ansichten und Werte verträten. Die Bischofsernennungen der letzten zwanzig Jahre – also noch zur Zeit des polnischen Papstes – verwunderten oft, weil sie Würdenträgern ›nicht von dieser Welt‹ galten, die zwar in Rom ein gutes Standing, aber keinen Kontakt zum eigenen Kirchenvolk hatten und dem Prinzip jedweder Kollegialität abgeneigt waren. Laut Wi ś niewski befindet sich das Land mitten in einer gesellschaftlichen Revolution. Junge Polen reisen massenhaft ins Ausland. Viele verlieren den Halt, doch mit ›heiligen Phrasen‹, mit einer ständigen Verdammung des ›verfaulten‹ Westens und der ›Verschwörung‹ zur Vernichtung des Christentums werde man sie nicht erreichen. Die polnische Kirche brauche heute weniger Überväter wie nach 1945 Kardinal Wyszynski und nach 1978 den polnischen Papst, sondern vielmehr Kirchenmänner, die an ihrer Sprache arbeiteten und die junge Generation erreichten.«
    Eine Anmerkung sei mir gestattet: Statt dass die Bischöfe mit Tausenden von polnischen Katholiken zur problematischen Seligsprechung von Karol Wojtyla nach Rom reisen, wäre es vielleicht besser, entsprechend der Anregung des Dominikaners Wi ś niewski, in sechs Arbeitskreisen von Bischöfen mit Laien die Lage der Kirche im Kontext des modernen Polen zu diskutieren.
    Alle Diagnosen zeigen: der Zustand der »Patientin Kirche« ist ernst. Er verlangt Rettungsmaßnahmen , wenn man die Zukunftsfähigkeit der Kirche nicht verspielen will. Nicht nur »Gespräche« zur Beruhigung der Gläubigen, sondern entschiedene Maßnahmen zur Reform der Kirche. Die Forderungen sind nicht meine Privatideen, sondern seit Jahren, Jahrzehnten, zum Teil gar Jahrhunderten geforderte, aber immer wieder aufgeschobene Reformmaßnahmen. Da ist – um der Heilung willen – manche bittere und schmerzhafte Medizin darunter. Aber auch (angesichts der »Osteoporose«) Therapie durch mehr Bewegung, frische Luft und Sonnenlicht.
    Wie in meiner umfassenden Programmschrift zum Konzil (1960) bemühe ich mich nun fünfzig Jahre später auch im »Rettungsplan« von »Ist die Kirche noch zu retten?«, der vielleicht ebenfalls ein Konzil erfordert, um eine gewisse Vollständigkeit. Ich bin mir bewusst, dass viele dieser Reformen eine ganze Generation oder mehr beanspruchen, andere hingegen als Sofortmaßnahmen in die Tat umgesetzt werden können und sollten. In all diesen Fragen herrscht – zumindest langfristig, oft mittelfristig, meist kurzfristig – Handlungsbedarf, und die Kirche wird erst dann wieder gesunden und an Vitalität gewinnen, wenn die Kirchenleitung sich diesen Fragen endlich stellt und den Worten Taten folgen lässt. Aber welche Taten? Dies lässt sich nur von Wesen und Aufgabe der Kirche her bestimmen.

Claus Peter Simon
Warum das Ich von so großem Interesse ist
    Nichts interessiert den Menschen mehr als der Mensch. Sein Schicksal, seine Beweggründe, sein Wollen und Sehnen, sein Aufstieg und Fall, seine Fehler und Fähigkeiten. Vor allem aber interessiert uns das Selbst, das eigene Ich. Eine tiefe Selbsterkenntnis ist eine der großen Sehnsüchte unserer Zeit. Schon Teenager quälen sich damit herum, und selbst 50-Jährige haben oft noch keine befriedigenden Antworten gefunden. Warum bin ich so, wie ich bin? Und: Wie könnte ich sein?
    Der Blick auf sich selbst ist
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