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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013
Autoren: Isabella Nelte
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Vermittlungskrise. Aus verschiedenen Gründen zweifeln viele Menschen an ihrem Glauben an Gott, können in dieser Situation aber nur wenig Vertrauen in die Kirche und ihre Vertreter entwickeln, was ihnen sehr helfen würde. Und das ist verständlich, denn die Autorität der Kirche hat einen Tiefpunkt erreicht, weil sie selbst von einer tiefen Führungskrise geschüttelt wird und ihren offiziellen Glauben kaum mehr verständlich erklären und bezeugen kann.
    Viele Ereignisse des Jahres 2010 verschlimmerten den Gesundheitszustand der katholischen Kirche. Sie wirkten buchstäblich wie Schüttelfröste, die den Leib der Kirche zum Zittern brachten und – um in diesem Bild zu bleiben – ein rasch ansteigendes Fieber ankündigten.
Ökumenische Therapie
Rettungsmaßnahmen
    Immer wieder hört man zur Abwehr von Reformen den einfältigen Satz, die Kirche sei schließlich keine Demokratie. Doch vom Neuen Testament her gesehen ist die Kirche sicher keine (geistliche) Diktatur! Eher als mit einer Monarchie (Herrschaft eines Einzelnen) oder einer Theokratie (Herrschaft einer heiligen Kaste) ist sie mit einer Demokratie zu vergleichen: einer Herrschaft des ganzen heiligen Volkes. Denn während im Neuen Testament alle weltlichen und sakralen Würdetitel bei bestimmten Dienstträgern strikt vermieden werden, werden sie sehr wohl dem ganzen glaubenden Volk gegeben, das als »das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk« (1 Petr 2,9) bezeichnet wird: »zu einem Königreich und zu Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden« (Apk 5,10).
    In dieser Kirchengemeinschaft gab es von Anfang an zahlreiche Dienste (Charismen, Berufungen), permanente und nichtpermanente. Zu den permanenten Dienstträgern gehörten neben den Propheten und Lehrern in erster Linie die Apostel , die mit der Aufgabe betraut waren, Kirchen zu gründen und zu leiten. Sie fanden ihre Nachfolge in den verschiedenen Hirtendiensten , Leitungsdiensten. Von diesem Dienst der Kirchenleitung her haben diese Dienstträger (Bischöfe, Pfarrer, weitere Mitarbeiter) auch eine besondere Autorität ; nur vom Dienst her kann ihre Autorität überhaupt begründet werden. Die Hirten in der Kirche sind also keineswegs eine Führungsschicht mit einseitiger Befehlsgewalt, gegenüber denen die einzig mögliche Haltung einseitiger Gehorsam wäre. Sie sind kein »dominium«, sondern ein ministerium . Sie bilden keine Herrschaftsstruktur, sondern eine besondere Dienststruktur.
    Diese Dienststruktur könnte man vergleichen – um in der medizinischen Terminologie zu bleiben – mit dem Skelett , dem Stützapparat im Leib der Kirche, der allen anderen Organen zu dienen hat, mit dem Knochengerüst also, das die Kirche aufrecht- und zusammenhält. Schlimm ist es natürlich, wenn gerade dieser Stützapparat kränkelt, gar ernsthaft leidet unter einer Krankheit, etwa dem Knochenschwund, der Osteoporose (griech.: »ostéon = Knochen«; »póros = Öffnung, Pore, Tuffstein). Die Knochen halten zwar äußerlich noch, aber, oft lange unbemerkt und ohne Schmerzen, bildet sich die Knochendichte durch den Abbau der Knochensubstanz und -struktur zurück. Eine Krankheit, die meist zufällig, oft erst bei Knochenbruch entdeckt wird.
    Eine »Osteoporose« des kirchlichen Systems – ist dies wirklich ein plausibler Vergleich, der sich auf eine gesellschaftliche Größe anwenden lässt? Etwa auf zunächst nicht ernstgenommenen Schwund und Schwäche der kirchlichen Amtsstruktur, die zur Lähmung und zum Zusammenbruch führen können? Jedenfalls können politische Systeme nicht nur von außen zu Fall gebracht, sondern auch von innen ausgehöhlt werden. Frage: auch die Kirche?
Autoritäre Systeme können implodieren
    Â»Könnte es dem Vatikan und der katholischen Kirche nicht ergehen wie dem Kreml und der kommunistischen Partei der Sowjetunion?« So fragte mich vor Kurzem in Italien ein kluger katholischer Beobachter des Zeitgeschehens. Auf dem Roten Platz hätten doch die hochbetagten Politbüromitglieder noch imposanten Paraden von Militärs, Parteimitgliedern und Jugendlichen zugewunken, als das scheinbar unerschütterliche Sowjetsystem bereits vom Untergang bedroht war. Bedroht nicht so sehr durch äußere feindliche Mächte, gegen die man mit Panzern,
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