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Den Oridongo hinauf (German Edition)

Den Oridongo hinauf (German Edition)

Titel: Den Oridongo hinauf (German Edition)
Autoren: Ingvar Ambjørnsen
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mich.
    »Der geht’s gut«, sagte ich. »Sie nuschelt ein wenig. Das ist alles. Ich bin sicher der Einzige, der hier oben klar und deutlich redet.«
    Und punkte ein weiteres Mal.
    »Sie ist stark, die Berit«, sagt Arne. »Sie ist noch mit über fünfzig über den Sund und zurück geschwommen. Ich glaube nicht, dass irgendwer hier oben das heutzutage noch versuchen würde.«
    Ich sage mir, dass das nicht böse gemeint war. Das war nicht böse gemeint. Das hier macht den jovialen Ton zwischen Ebenbürtigen aus. Ich sehe, dass Arne sie kurz von der Seite her anblickt und dass sie das bemerkt.
    Aber es darf hier jetzt nicht still werden, denke ich, deshalb sage ich, dass sie da ganz recht hat. Und konzentriere mich darauf, nicht zu lachen, denn ich weiß, dass dieses Lachen mir ein wenig zu tief in der Kehle stecken würde.
    Dann wird es trotzdem still.
    Bis Arne sich räuspert und eine neue Ladung Eier und Speck für alle drei bringt. »Ich hab mir eins überlegt«, sagt er und zieht das Messer durch das gelbe Dotter, sodass es über den Teller fließt. Schiebt mit einem Stück Brot die Schweinerei zusammen und stopft sich alles in den Schlund. »Oder genauer gesagt, Ellen und ich haben darüber gesprochen.«
    Er kaut.
    »Ehe die Holländer kommen«, sagt Ellen erleichtert.
    »Das sind Niederländer«, sage ich. »Keine Holländer.«
    War das richtig? Vielleicht.
    Arne nickt. »Natürlich.«
    »Das ist nicht natürlich«, sage ich. »Die ganze Insel redet von Holländern und das stimmt nicht.«
    Habe ich recht? Jetzt bin ich plötzlich unsicher.
    »Wie dem auch sei«, sagt Ellen und bläst den Dampf von dem Kaffee, den sie gerade in ihren Becher gegossen hat. »Du bist der letzte Einwanderer hier auf der Insel. Der letzte, der von außen gekommen ist.«
    Jetzt bin ich auf der Hut.
    »Und da dachten wir, du könntest vielleicht…«
    Es stellt sich heraus, dass sie gedacht haben, dass sie untereinander und mit anderen darüber gesprochen haben, dass sie eine Art Interview arrangieren könnten, ein Gespräch zwischen Ellen und mir im Gemeindehaus, mit den anderen Inselbewohnern als Publikum, mit dem Ziel, die Erwartungen und Befürchtungen der Neuankömmlinge zu untersuchen, und genauer gesagt – meine Erfahrung damit, von außen zu kommen, um mich an diesem windgebeutelten Ort niederzulassen, zu einem Teil dieser Gemeinschaft zu werden, die für einen Außenstehenden doch fremd wirken muss, schwer zugänglich vielleicht.
    Und das alles, um den Niederländern den Anfang so leicht wie möglich zu machen.
    Nicht ausgesprochen, aber zwischen den Zeilen einwandfrei vorhanden: leichter, als er für mich war.
    Was ich dabei empfinde? Schwer zu sagen, abgesehen davon, dass mir sofort ein wenig übel wird, ich muss kurz nach draußen, ich springe auf und gehe (jetzt hör doch auf, Mann! Setz dich, wir können doch über alles reden usw.), aber ich gehe also hinaus, und zum Glück sind sie gescheit genug, nicht hinterherzukommen, das wäre ja noch schöner. Tja. Ich gehe zum Moped und in die Hocke. Beschließe, dass mit der Kette etwas nicht stimmt. Berühre sie vorsichtig mit den Fingerspitzen. Ziehe einen Bausch Putzwolle aus dem Werkzeugkasten und wische ein wenig Öl weg. Ziehe das Bremskabel straffer, aber im selben Moment fällt mir ein, was passiert ist, als ich es zuletzt straffen wollte, mein Nacken tut noch immer weh, und deshalb lockere ich es wieder. Überlege, dass es im Grunde keine schlechte Idee ist, die Arne und Ellen da ersonnen haben, auch wenn die Probleme der Niederländer, der van der Klerks, ja zwangsläufig ganz anders aussehen werden als meine, und überhaupt, Probleme … kann ich denn von Problemen reden? War es nicht im Grunde die reine Freude? Herzuziehen? Ich hatte schon lange die Einladung, herzukommen, vielleicht nicht gerade, mich hier für immer niederzulassen, aber zu Besuch zu kommen, »eine Weile zu bleiben«, sie wollte mich in Trondheim abholen, ich könnte mit dem Flugzeug oder der Bahn nach Trondheim kommen, und da würde sie mich erwarten, ich brauchte nur einige Tage vorher Bescheid zu sagen, aber ich sagte nicht Bescheid, ich schrieb keinen Brief und ich rief nicht an, ich nahm einfach den Nachtzug nach Trondheim und dann den Bus, ich hatte einen leichten Koffer mit zwei Hemden und etwas Unterwäsche gepackt, ich hatte mir einen Hut gekauft, den ich in Oslo nicht aufzusetzen wagte, den ich aber mit großer Selbstverständlichkeit trug, als ich in Trondheim aus dem Zug stieg, ja, mit
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