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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an
Autoren: E Berg
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Mallorca gezogen waren.
    »Lust auf Spaghetti?«, fragte Lulu, als Philipp hereinkam und seinen Rucksack auf den Boden stellte.
    Er strich sich über seinen Pferdeschwanz, der noch etwas länger geworden war. Mit Teddy hatte er eine Wette laufen, wann das Haar seinen Po erreichen würde. Teddy tippte auf ein Jahr, Philipp auf zwei.
    »Ein Schokoriegel wäre mir lieber«, sagte er so leise, dass die Kinder es nicht hörten. »Weißt schon, ich hab’s nicht so mit gesunder Ernährung.«
    Er hatte sich die Hausmeisterwohnung ausgesucht. Denn es war schnell klar gewesen, dass ein Hausmeister völlig überflüssig war, solange Philipp in der Nähe blieb. Wenn er Lulu nicht gerade bei einem Fototermin assistierte, reparierte er Zäune, hackte Holz oder strich die Fensterläden. Noch nie habe ihm etwas so viel Spaß gemacht, beteuerte er. Seinen Laptop klappte er mittlerweile nur noch auf, wenn er Fotos sichtete.
    »Wir hängen«, sagte er und zeigte auf die Küchenuhr.
    »Stimmt nicht«, lächelte Lulu. »Das Shooting beginnterst um sechs. Bis dahin können wir in Ruhe essen. Alle zusammen.«
    Es war ein heiliges Wunder. Die Reisegruppe Sonnenschein war tatsächlich zu einer Familie zusammengewachsen. Sogar Rosita kam hin und wieder, um bei den Kindern zu bleiben, wenn Lulu arbeitete. Oder wenn sie mit Alex spätabends zu dem Strand fuhr, an dem sie sich kennengelernt hatten. Es war ihr geheimes Liebesritual geworden.
    Alex hatte sich inzwischen als Architekt auf der Insel etabliert, was ihm nicht schwergefallen war. Klienten gab es genug. Eine ganze Völkerwanderung aus Nordeuropa hatte eingesetzt, und ein Ende war nicht in Sicht.
    Lulu goss das Wasser von den Nudeln ab. Sie waren natürlich zu weich, wie immer, aber das störte niemanden. Ihr Handy piepste. Sie wischte sich die Hände an der Jeans ab und griff danach.
    Bin in einer Stunde da. Entschuldige den Überfall. Es ist was passiert. Kuss, Sabrina.
    Sabrina? Beunruhigt legte Lulu das Handy auf die Fensterbank. Als sie das letzte Mal telefoniert hatten, schien alles in Ordnung zu sein. Wie eh und je vergnügte sich Sabrina mit rasend attraktiven Freunden, Lovern, Kinobegleitern und Seelenbetreuern. Das hatte sie jedenfalls behauptet. Und jetzt kam sie ohne Vorankündigung angeflogen?
    »Wir haben auf dem Markt Pfirsiche bekommen, sieh mal, wie saftig die sind.« Mit diesen Worten marschierte Gill in die Küche, gefolgt von Fusselbart, der einen Korb schwenkte.
    »Die Spaghetti sind gerade fertig«, erwiderte Lulu. »Und stellt noch einen Teller dazu. Sabrina kommt! Ihr könnt ihr später das Essen aufwärmen.«
    »Yippiiee«, rief Lotte. »Darf sie in meinem Zimmer schlafen?«
    Lulu rührte nachdenklich in ihrer Sauce. »Die Frage ist wohl eher – will sie in deinem Zimmer schlafen?«
    »Was denn sonst?«, fragte Lotte beleidigt.
    »Gibt es einen Anlass für ihr Kommen?«, erkundigte sich Fusselbart, während er sich am Tisch niederließ.
    »Keine Ahnung. Aber etwas stimmt da nicht«, überlegte Lulu. »Ich spür’s im kleinen Zeh. Schade, ich muss los, bevor sie hier ist. Kümmert euch mal ein bisschen um sie, ich fürchte, sie kann es gebrauchen.«
    Den Abend verbrachte Lulu in einem Studio in Palma, das Karl gemietet hatte. Sie fotografierte die Winterkollektion eines spanischen Modedesigners. Hätte Karl nicht eine Klimaanlage spendiert, wären die Models sicherlich an Überhitzung gestorben. Schon der Anblick von Wintermänteln und Handschuhen ließ Lulu in Schweiß ausbrechen.
    Erst kurz nach Mitternacht tuckerte ihr kleines Auto den Sandweg zur Finca hoch. Philipp döste auf dem Beifahrersitz vor sich hin, als Lulu plötzlich bremste.
    »Was ist los?«, fragte er und riss die Augen auf. »Gespenster?«
    Im Scheinwerferlicht stand eine rothaarige Frau. Sie trug ein weißes Kleid. Irritiert starrte sie das Auto an.
    Lulu stieg aus. »Sabrina? Ich hätte dich fast umgenietet! Warum irrst du hier im Dunkeln herum?«
    »Ich musste mal einen Moment allein sein. Und nachdenken.« Schwer hängte sie sich an Lulu. Offenbar konnte sie kaum noch stehen. Ihr Blick war leer, ihre Wangen wirkten eingefallen. Es schien ihr wirklich schlechtzugehen.
    »Steig ein«, befahl Lulu. »Wir fahren zum Haus.«
    Ohne zu protestieren, glitt Sabrina auf den Beifahrersitz, während Philipp seine knochigen Glieder auf der Rückbank verstaute. Dann fuhren sie wortlos weiter.
    Auf der Terrasse brannte noch Licht. Gill und Fusselbart führten eines ihrer nächtlichen Gespräche, bei
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