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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an
Autoren: E Berg
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denen Fusselbart aus dem Gedächtnis ganze Schulbücher rezitierte, während Gill ihm mit der grenzenlosen Nachsicht einer wirklich verliebten Frau zuhörte. Es ging um Basen und Säuren, wahlweise auch um die Relativitätstheorie oder die Schicksalsfrage, ob Erdmännchen die Klimakatastrophe überleben würden.
    »Wir gehen rein«, sagte Lulu, während Philipp sich auf den Weg zur Scheune machte.
    »Ganz wie ihr wünscht«, erwiderte Fusselbart, um sogleich seinen Vortrag über das Liebesleben der Bonobos fortzusetzen. Es schien, nun ja, intensiv zu sein.
    Lulu führte Sabrina in die Küche. »Setz dich. Und erzähl um Himmels willen sofort, wer schuld daran ist, dass du so abgewrackt aussiehst. War es einer aus deinem Herrensortiment?«
    Sabrina begann zu weinen.
    »Wer dann?«
    In höchster Alarmbereitschaft betrachtete Lulu ihre Freundin. Aber Sabrina schnappte sich nur eine blaue Papierserviette, die auf dem Tisch herumlag. Vorsichtig trocknete sie sich damit das nasse Gesicht, das sich blau färbte.
    »Du musst mir helfen«, schniefte sie. »Ich hab was wirklich, wirklich Dummes angestellt.«
    Lulu hatte Sabrina noch nie weinen sehen. Um ihre Bestürzung zu überspielen, versuchte sie es zur Abwechslung mit Humor. Humor ist, wenn man trotzdem lacht, hatte sie mal irgendwo gelesen.
    »Okay. Du hast deinen Blumenladen abgefackelt. Du hast deine Champagner-Diät abgebrochen. Du hast deinen besten Lover mit Handschellen gefesselt und den Schlüssel verloren. Herrje, Sabrina, spuck’s doch endlich aus!«
    Tränenüberströmt sah Sabrina zu Lulu hoch. »Ich – ich bin – ich bin schwanger!«
    Lulu ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Du bist – was?«
    »Schwa-hanger. U-hnd ich weiß nicht mal, von we-hem«, schluchzte Sabrina.
    Das war ein starkes Stück. Und so ziemlich das Dämlichste, was Lulu in ihrem Leben gehört hatte.
    »Hallo? Schon mal was von Verhütung gehört?«, fragte sie vorwurfsvoll. »So was lernen heute Drittklässler. Lotte hat schon mit acht geschnallt, was ein Kondom ist!«
    Sabrina legte ihren Kopf auf den Tisch und weinte einfach weiter.
    »’tschuldigung, war nicht böse gemeint«, lenkte Lulu ein und streichelte Sabrinas zarte Schulter. »Sieht man schon was? Wie fühlst du dich?«
    »Wie Lotte nach Pudding. Ich übergebe mich den ganzen Tag, als ob’s dafür einen Preis zu gewinnen gäbe.«
    Sie hob den Kopf. »Was soll ich nur tun?«
    Lulu dachte angestrengt nach. »Ist denn wenigstens einer dabei, mit dem du, ich meine, der …«
    Entnervt knüllte Sabrina die Serviette zusammen. »Ach, was soll das heißen – ist einer dabei? Offen gesprochen: Die Nummer mit meinem Männerharem ist durch. Die wollten ja alle nur was Unverbindliches. Sobald ich durchblicken ließ, dass ich Lust auf eine feste Beziehung hätte, hat sich einer nach dem anderen schleunigst aus dem Staub gemacht.« Sie schnäuzte sich. »Ich bin der einsamste Single unter der Sonne.«
    Lulu rutschte fast vom Stuhl. »Du?«
    »Und ich sag dir auch, warum. Vor ein paar Wochen habe ich bei einer völlig überflüssigen Party einen Typen kennengelernt, der mir die Wahrheit serviert hat. Bei dir kriegen die Männer Angst, sagte er, du bist zu hübsch, zu klug, zu selbstbewusst. Du wirkst – unnahbar, so lauteten seine Worte.«
    Lulu konnte nur noch staunen. »Das hat er gesagt?«
    »Ja. Und dass die nicht so hübschen und nicht so intelligenten und Was-weiß-ich-was-alles-nicht-Mädchen deshalb immer die besten Männer abschleppen. So ist das.«
    »Oha.«
    »Von wegen oha. Ich wollte ihm natürlich beweisen, dass ich gar nicht so unnahbar bin, wie ich aussehe.«
    Lulu griff sich an den Kopf. »Nein. Sag jetzt bitte nicht, dass …«
    »Fünf Minuten später. In der Abstellkammer. Die Gastgeber haben gar nichts gemerkt. Ich auch fast nichts. Dafür ging es viel zu schnell. Es war das Black&Decker-Programm. Losgerattert, fertig.«
    »Sabrina!«
    »Nachdem ich mich wieder angezogen hatte, suchte ich ihn. Aber er war schon weg, auf der nächsten Party wahrscheinlich. Ich kann mich nicht mal an seinen Namen erinnern. Ken oder Ben, keine Ahnung.«
    Sichtlich erleichtert, dass sie ihre Beichte hinter sich hatte, atmete sie geräuschvoll aus und verschränkte die Arme. »Ein paar Wochen später habe ich einen Schwangerschaftstest gemacht. Weil ich so einen komischen Verdacht hatte. Und jetzt kennst du die ganze Geschichte.«
    Und nun? Lulu wusste keinen Rat, abgesehen davon, dass immer sie es gewesen war, die Sabrina um Rat
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