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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an
Autoren: E Berg
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    Es gab für alle Probleme eine Lösung!
    An der nächsten roten Ampel blickte sie in den Rückspiegel und lächelte sich zu. Das neue Poloshirt stand ihr wirklich gut.
    Lauthals begann sie zu singen. Als sie in ihre Straße einbog, schmetterte sie ihre Lieblingsmelodie aus »Carmen«:
    »Auf in den Kampf, Tore-e-e-ero …«
    Schwungvoll nahm sie die letzte Kurve – da stand er am Ende der langen Auffahrt und grinste sie an.
    Automatisch stieg sie auf die Bremse, einen Moment lang zögerte sie.
    »Es gibt für alle Probleme eine Lösung!«, sagte sie mit fester Stimme.
    Dann trat sie das Gaspedal bis zum Anschlag durch.

1
    Endlich mal wieder eine ordentliche Beerdigung. Wohlwollend ließ Elfie ihren Blick über die Trauergemeinde schweifen und zählte sechsundvierzig Personen – genau richtig für die Kapelle am Waldfriedhof. Einige muss ten zwar stehen, doch das sorgte erst für die richtige Atmosphäre. Nicht nur die Anzahl der Trauernden fand Elfies Wohlgefallen, sondern auch deren stilvolles Auft reten. Ausnahmslos alle trugen Schwarz, wie es sich gehörte. Das ließ sich gut an. Der Pfarrer sprach über das Leben und Sterben, über Abschiednehmen und Trauer. Elfie gefiel seine eher philosophische Sichtweise. Wie oft hatte sie bei diesen Gelegenheiten schon salbungsvolles und inhaltsleeres Geschwafel hören müssen. Genauso verabscheute sie die Anbiederungsversuche mancher Geistlicher, die so taten, als ob sie den Verstorbenen gut gekannt hätten, und ihn womöglich in den Himmel lobten. Wie erfrischend, dass hier nichts von alldem stattfand. Denn bei einem Fiesling wie Martin Morgenstern gab es dazu auch nicht den geringsten Anlass, wie übrigens bei den meisten Controllern nicht. Als die Musik einsetzte und die Sopranistin das »Ave Maria« sang, merkte Elfie, wie sich tiefe Ergriffenheit bei der Trauergemeinde ausbreitete. Auch sie selbst verspürte einen Kloß im Hals, hinter ihren Lidern brannte es. So glockenrein und mit echtem Gefühl hatte Elfie das »Ave Maria« noch nie gehört. Offensichtlich hatten die Hinterbliebenen nicht gespart und eine ausgezeichnete Opernsängerin engagiert. Wahrscheinlich konnten sie ihr Glück kaum fassen, dachte Elfie bei sich, sie hatten nun allen Grund zu feiern.
    Sechs distinguierte Herren traten nach vorn und hoben den Sarg an. Das mussten Morgensterns Bekannte aus dem Rotary- Club sein. Auch sie hatte jemand mit Sorgfalt ausgewählt. Sie waren alle ungefähr gleich groß und schritten gleichmäßig und würdevoll dahin. Was für ein schönes Bild.
    Die Familie wirkte sehr gefasst, vor allem die Witwe. Kein Wunder, Frau Morgenstern war deutlich jünger als ihr Mann. Sie konnte jetzt noch einmal ganz von vorn beginnen.
    Am Grab sprach der Pfarrer noch ein paar kurze Worte. Als er den »tragischen Unglücksfall« erwähnte, brach ein Sonnenstrahl durch den wolkenverhangenen Märzhimmel. Elfie konnte nur mit Mühe ein Kichern unterdrücken. Schnell zog sie ihr Taschentuch hervor und kaschierte ihre Belustigung mit einem Hüsteln. Wie immer trat sie als Letzte an das Grab und warf eine schwarze Rose auf den Sarg. Diesmal hatte sie eine mit extra vielen Dornen ausgesucht. Dann häufte sie mit der Schaufel so viel Erde wie möglich auf und warf sie schwungvoll hinterher. Erde zu Erde. Adieu, Martin Morgenstern.
    Mit sich und der Welt im Reinen, verließ Elfie den Friedhof. Es war immer ein erhebendes Gefühl, ein Projekt erfolgreich beendet zu haben. Und diese würdevolle Beerdigung hatte den krönenden Abschluss gebildet. Einen Moment lang überlegte Elfie, ob sie noch bei Ludwig vorbeischauen sollte. Aber Montag fiel nicht in ihre üblichen Besuchszeiten, das würde ihn nur verwirren. Sie konnte ihm auch morgen noch von dem wunderschönen Begräbnis erzählen. Und übermorgen würde sie mit ihrem neuen Auftrag bei der Sekuranz-Versicherung beginnen.

2
    »Gestatten, mein Name ist Ruhland, Elfriede Ruh-land. Ich bin hier, um Ordnung zu schaffen.« Mit einem Lächeln übergab Elfie ihre Visitenkarte. »Toll, dass Sie da sind. Ich bin Jenny Lehmann, die Assistentin von Frau Schicketantz. Sie ist zurzeit außer Haus. Aber ich werde Ihnen alles zeigen.« Die junge Frau warf einen Blick auf die Visitenkarte. »Ordnung ist das halbe Leben« , las sie Elfies Slogan. »Na, dann leben wir hier wohl in der anderen Hälfte. Unsere Ablage versinkt im Chaos. Kommen Sie, Ihr Platz ist da hinten.« Mit traumwandlerischer Sicherheit schlängelte sich Jenny
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