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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an
Autoren: E Berg
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…«
    »Schätzchen, das weiß ich alles noch nicht«, kürzte Lulu das Fragespiel ab.
    »Und? Wird er mein neuer Papa?« So leicht ließ sich Lotte nicht aus dem Konzept bringen.
    »Erst muss ich herausfinden, ob er – – ob er nett ist.«
    »Aber nimm nicht so’n Doofen wie letztes Mal«, warnte Lotte. »Der hat immer gesagt, ich soll spielen gehen.«
    Lulu erinnerte sich nur zu gut an Ralfs Reaktion auf Lotte. Es war zwei Jahre her, dass er Interesse an Lulu gezeigt hatte. Doch nachdem Lotte sein frischgebügeltes Hemd mit ihren Nutellahänden geschmückt hatte, war erst sein Lächeln verschwunden, dann er selbst. Sie hatte nie wieder etwas von ihm gehört.
    »Ich checke Mike in Ruhe durch«, versprach Lulu. »Dann gehört er dir.«
    »Und warum machst du dich nicht hübsch für ihn?«
    Lulu war wie vor den Kopf geschlagen.
    »Aber – bin ich denn nicht hübsch?«
    Lotte stemmte die Arme in die Hüften und schüttelte ihren dunklen Lockenkopf. Mit ihren acht Jahren hatte sie bereits einen ausgeprägten Sinn für Mode, wenn sich ihr Geschmack auch dramatisch von dem ihrer Mutter unterschied. Obwohl Lulu ihr immer wieder praktische Latzhosen hinlegte, bestand Lotte darauf, in rosa Kleidchen und Ballerinaschuhen zur Schule zu gehen. Und statt der Spielzeugautos, die Lulu ihr ins Kinderzimmer stellte, bevorzugte Lotte Barbiepuppen. So viel zum Thema feministische Erziehung.
    »Wenn man ein Date hat, zieht man ein Kleid mit einem Ausschnitt an und gaaanz hohe Schuhe, Mama«, sagte Lotte altklug. »Du siehst aus, als ob du den Keller aufräumen willst.«
    Oha. Wie war das noch? Kindermund tut Wahrheit kund? Trotzdem. Das ging zu weit.
    »Ich bin eben keine Barbiepuppe«, giftete Lulu. »Ich bin eine hart arbeitende Mutter und keine Tussi, die den ganzen Tag shoppen geht und sich die Fingernägel lackiert.«
    Lotte schmollte stumm. Dann verfinsterte sich ihre Miene noch mehr.
    »Und was mache ich heute Abend?«
    Lulu hockte sich hin und schlang die Arme um ihre Tochter. »Du verbringst den Abend mit deiner geliebten Oma.«
    Unwillig machte Lotte sich los. »O nee. Warum denn? Hab ich was angestellt?«
    »Komm schon, Oma hat dich sehr, sehr lieb!«, beteuerte Lulu und richtete sich auf. Wieder musste sie Halt am Waschbecken suchen. Kaum zu glauben, was Mike anrichtete. Allein die Vorstellung, wie sich sein funkelnder Blick auf sie heften würde, verwandelte ihre Beine in verkochte Spaghetti.
    »Aber ich darf nicht mal Oma sagen. Immer nur« – Lotte verdrehte die Augen – »Gill! Dabei heißt sie in Wirklichkeit Gisela.«
    »Die Abkürzungen sind Familientradition«, erklärte Lulu. »Ich heiße ja auch eigentlich Marie-Luise und du Charlotte. Wart’s ab, das wird ein toller Mädelsabend. Ehrlich.«
    Beim Wort »ehrlich« spürte sie einen Stich in der Magengrube. Immer hatte sie ein schlechtes Gewissen, wennsie ausging, so selten sie es auch tat. Lotte war ihr Goldschatz, ihr Ein und Alles. Und diesen Goldschatz ließ sie heute allein mit einer Großmama, die alles andere als ein Kinderfan war. Keine angenehme Vorstellung, doch es musste sein.
    Kostspielige Babysitter konnte sich Lulu nicht leisten. Manchmal sprang Philipp ein, der für Lotte so etwas wie ein großer Bruder war. Allerdings hatte Philipp nicht oft Zeit. Seine Abende verbrachte er meist am Laptop, um sich mit anderen Computerfreaks über die neuesten Hackerprogramme auszutauschen.
    Also war Oma dran. Und später? Besser nicht drüber nachdenken, welche Komplikationen ein Leben zu dritt bereithielt. Erst einmal musste Lulu diesen Abend überstehen. Das war genug emotionaler Hochleistungssport für den Moment.
    Lotte schraubte einen der Lippenstifte auf und zu. »Mädelsabend. Verstehe. Du hast Spaß, und ich muss in den Kinderknast.«
    »Schatz, ich habe sogar deinen Lieblingspudding gekauft!«, versuchte es Lulu zur Abwechslung mit Bestechung. »Den, der eigentlich viel zu süß für deinen empfindlichen Magen ist. Heute habe ich eine Ausnahme gemacht.«
    »Toll.«
    Lulu wartete ab, bis Lotte zurück ins Wohnzimmer getrottet war, dann schloss sie die Badezimmertür. Ihr war schwindelig. Sie hatte sich für die figurformende Wäsche entschieden und konnte kaum atmen. Außerdem hatteLottes Bemerkung ihren letzten Rest Selbstbewusstsein zerstört. Ihre Tochter hatte ja recht. Lulu sah nicht nach einem Date aus. Aber sie besaß nun mal keine atemberaubenden Kleider. Wozu auch? Normalerweise mussten ihre Klamotten nur eines sein – praktisch.
    Es war
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