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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein
Autoren: Elliott Hall
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Wand gepresst und beobachtete den Waldrand. Es kamen keine
     weiteren Schüsse. Lim wirkte verblüfft von meiner Entfesselungskunst. »Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut.«
    »Ich habe zu mir gefunden.«
    »Das freut mich«, sagte Lim, und das schien ehrlich gemeint zu sein. »Unsere Verabredung steht schon lange.«
    »Ich schlage mich nicht gerne mit einem Brillenträger.«
    »Die trage ich nur, weil sie gut aussieht«, sagte er und nahm sie ab.
    »Ich weiß«, gab ich zurück und warf eine Lampe nach seinem Kopf.
    Lim wich mühelos aus, und sein Lächeln wurde um einiges breiter. Wie durch einen Taschenspielertrick tauchte plötzlich ein
     Schnappmesser in seiner Hand auf.
    Wenn man einem Angreifer mit einem Messer gegenübersteht, ist die beste Option, ihn zu erschießen. Falls man keine Schusswaffe
     zur Hand hat, besteht die nächstbessere Wahl darin, so schnell wie möglich davonzulaufen. Alle Möglichkeiten, die danach kommen,
     umfassen mit großer Wahrscheinlichkeit innere Blutungen. Die Überreste des Stuhls waren noch immer an meine Arme gebunden.
     Es wurde Zeit, kreativ zu werden.
    Ich schwang die Stuhlstrebe in meiner rechten Hand. Lim ging mir aus dem Weg, aber das zwang ihn, Abstand zu halten. Er duckte
     sich unter einem meiner Schläge durch und zog an dem Teppich, auf dem ich stand. Ich taumelte einen Schritt rückwärts, und
     der Strick verfing sich am Tisch. Ich war jetzt an ein viktorianisches Monstrum gefesselt, das nur von drei Männern hochgehoben
     werden konnte.
    Lim fand meine Zwangslage unglaublich komisch. Wir umkreisten den Beistelltisch. Ich hielt ihn mit dem Stock in meiner anderen
     Hand auf Abstand, aber das würde nicht ewig funktionieren. Lim zielte mit dem Messer auf mein Gesicht, und ich fing den Stoß
     mit dem Strick ab. Die Klinge zerschnitt den Strick. Lim schleuderte das Schnappmesser mit einer beiläufigen Handbewegung
     nach mir. Ich wich dem Messer aus, sah aber nicht, wie er mit beiden Füßen auf mich zusprang.
    Der Tritt schleuderte mich durchs Fenster und ließ mich draußen über den Kies rollen. Lim trat durch den Fensterrahmen, das
     Schnappmesser jetzt wieder in der Hand.
    »Sie halten sich zurück«, sagte ich keuchend.
    »Das klingt nicht wie ein Dankeschön.«
    »Warum sollte ich Ihnen dankbar sein?«, fragte ich. »Siewollen die Sache nur in die Länge ziehen. Was ist los, haben Sie es satt, wehrlose Menschen zu töten?«
    »Pyke hat versucht, Sie ermorden zu lassen«, sagte Lim. »Ich hätte ein wenig Dankbarkeit erwartet.«
    »Der Obstkorb kommt mit der Post.«
    Lim suchte das Gelände mit den Augen ab, wobei er kaum auf mich achtete. »Ich würde diese Unterhaltung wirklich gerne fortsetzen,
     Mr Strange«, sagte er, »aber es befindet sich ein unbekannter Schütze auf dem Grundstück, und ich muss White finden, bevor
     er zu weit kriecht.«
    »Der ist jetzt auch ein Problem, stimmt’s?«
    »Jeder ist ein Problem«, antwortete Lim. »Ich habe das mit Ihrer geheimnisvollen Begleiterin nicht vergessen. Ich verspreche,
     dass ihr Tod schmerzlos sein wird; darauf bin ich stolz, wenn es um Frauen geht.«
    Ich beschloss, Lim nicht als Kavalier zu loben. »Können Sie mir wenigstens sagen, welches Ende Sie geplant haben?«
    »Leider nein. Sie haben durch Ihre Gegenwehr zu viel von meiner Zeit verschwendet.« Lim zeigte mir die geöffnete Hand und
     winkte mich damit vorwärts.
    Ich kam mit dem Stock in der Linken auf ihn zu. Meine Waffe war langsamer als seine, und Lim war ohnehin schon viel schneller.
     Er wich meinem Hieb seitlich aus und zerschnitt mir, Bänder und Nerven verletzend, die Hand. Der Stock fiel aus meinen hilflosen
     Fingern. Lim stieß nach, ich entschlüpfte ihm mit einer Drehung und versetzte ihm dabei einen Hieb gegen den Arm. Das brachte
     ihn nur für einen Moment aus dem Gleichgewicht, doch das reichte, um seinen Messerarm mit meinem Arm zu umschließen. Ich zog
     mit der Linken, schob mit der Rechten und Lims Arm brach. Er gab keinen Laut von sich. Lim drehte sich ein bisschen zur Seite
     und versetzte mir mit dem Ellbogen des gesunden Arms einen Stoß gegen den Kopf. Ich konnte mein Gesicht zum größten Teil davor
     retten,doch die Wucht, die dahinter steckte, schleuderte mich einen Meter weit zu Boden.
    Lim ließ sein Schnappmesser auf dem Boden liegen. Der gebrochene Arm schien ihm keine großen Schmerzen zu bereiten, und er
     wirkte auch nicht wütend auf mich, weil ich ihn gebrochen hatte. Nichts war so wichtig, wie mich mit dem
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