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Demolition

Demolition

Titel: Demolition
Autoren: Alfred Bester
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dabei an viel Geld denke... mehr Geld, als Sie oder irgendein ESPer Zweiten Grades normalerweise im ganzen Leben zu sehen bekommen.«
    »Vergessen Sie's, Ben. Kein Interesse.«
    »Einmal angenommen, Sie vergessen statt dessen Ihren ESPer-Schwur. Was geschähe dann?«
    »Der Verband schlösse mich aus.«
    »Sonst nichts? Ist das so schlimm? Ist das schlimm, wenn man ein Vermögen in der Tasche hat? Es hat schon gescheite ESPer gegeben, die sich nicht länger vom Verband gängeln ließen. Gewiß, man hat sie ausgeschlossen, ja. Na und? Seien Sie vernünftig, Ellery.«
    West lächelte schief. »Sie können es eben nicht verstehen, Ben.«
    »Dann machen Sie's mir begreiflich.«
    »Diese ausgeschlossenen ESPer, die Sie erwähnt haben... solche wie zum Beispiel Jerry Church... sie waren gar nicht besonders gescheit. Es verhält sich folgendermaßen...« West überlegte. »Bevor die Chirurgie echte Fortschritte machte, gab es unter den Menschen eine Behindertengruppe, die man Taubstumme nannte.«
    »Kein Gehör, keine Fähigkeit zum Sprechen?«
    »Ja, genau. Sie verständigten sich durch eine Handzeichensprache. Das bedeutete, sie konnten sich mit niemandem außer Taubstummen verständigen. Vestehen Sie? Diese Menschen mußten unter ihresgleichen leben, oder sie hätten gar nicht leben können. Ein Mensch wird verrückt, wenn er nicht die Möglichkeit hat, sich mit Freunden und Bekannten zu unterhalten.«
    »So?«
    »Einige von ihnen betrieben organisierte Erpressung. Sie verlangten von den besseren Verdienern unter den Taubstummen eine wöchentliche Abgabe. Wer sich zu zahlen weigerte, den ächteten sie. Die Opfer hatten die Wahl, entweder zu zahlen oder in vollkommener Vereinsamung zu leben, bis sie darüber den Verstand verloren.«
    »Sie meinen, die ESPer sind wie damals die Taubstummen?«
    »Nein, Ben. Die Taubstummen, das sind die Normalen wie Sie. Unsereins käme um den Verstand, wenn er nur mit Normalen zusammenleben müßte. Wenn Sie also irgendeine krumme Sache vorhaben, dann möchte ich lieber überhaupt nichts davon erfahren.«
    Unter Reichs Augen schaltete West seinen Apparat aus. Mit einem Aufbrüllen der Wut packte Reich einen goldenen Briefbeschwerer und schleuderte ihn in den Bildschirm aus Kristallglas. Noch ehe sämtliche der vielen kleinen Scherben und Splitter ringsum verstreut lagen, befand er sich im Korridor und auf dem Weg aus dem Gebäude. Seine ESPer-Sekretärin wußte, wohin er ging. Sein ESPer-Chauffeur wußte, wohin er wollte. Als Reich daheim ankam, sah ihn sein ESPer-Butler und veranlaßte sofort die Vorverlegung des Mittagessens; dabei stellte er die Mahlzeit nach Reichs unausgesprochenen Wünschen zusammen. Reichs Zorn hatte ein bißchen nachgelassen, als er in sein Arbeitszimmer trat und ohne zu zögern zum Safe strebte, den man in einer Ecke als Lichtschimmer erblickte. Es handelte sich lediglich um ein Aktenschränkchen in Wabenbauweise, das jedoch einer eintaktigen Zeitverschobenheit unterlag. Mit jeder Sekunde, wenn die eigenzeitliche Phase des Safes und die Temporalphase sich deckten, pulste das Schränkchen in hellem Lichtschein. Der Safe war nur durch das unnachahmbare Porenmuster von Reichs linkem Zei-gefinger zugänglich. Reich hob seine Fingerspitze in den Mittelpunkt des Schimmers. Das Leuchten blieb aus, und das Schränkchen erschien. Reich ließ den Finger erhoben und entnahm dem Schränkchen ein kleines schwarzes Notizbuch sowie einen großen roten Umschlag. Dann zog er seinen Finger zurück, und der Safe driftete wieder in den Zustand temporaler Phasenverschobenheit. Reich blätterte d ie Seiten des Notizbüchleins durch. AGENTUREN... ANARCHISTEN... BANKMELKER... BESTECHUNGEN (BEWIESENE FÄLLE)... BESTECHUNGEN (POTENTIELLE)... Unter BESTECHUNGEN (POTENTIELLE) fand er die Namen von siebenundfünfzig bekannten Persönlichkeiten; eine davon war ESPer Dr. psi 1 Augustus Tate. Zufrieden nickte Reich. Er riß den roten Umschlag auf und begutachtete den Inhalt. Der Umschlag enthielt fünf sehr eng beschriebene Blätter; sie und die Handschrift waren Jahrhunderte alt. Sie waren eine Hinterlassenschaft des Gründers der Monarch Gemeinwirtschaftlichen Allzweck AG und ebenso der Familie Reich. Vier der Blätter trugen die Überschriften: PLAN A, PLAN B, PLAN C, PLAN D. Das fünfte Blatt war mit dem Hinweis VORBEMERKUNG überschrieben. Langsam las Reich die altertümliche Schrägschrift.
    Von Herzen meinen Nachfolgern zugeeignet. Der Prüfstein des Intellekts ist die Weigerung, einfach
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