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Demokratie! - wofür wir kämpfen

Demokratie! - wofür wir kämpfen

Titel: Demokratie! - wofür wir kämpfen
Autoren: Campus
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disziplinieren. Im Zeitalter der biopolitischen Produktion, die unsere geistigen und emotionalen Kapazitäten zur Produktion von Ideen, Codes und sozialen Beziehungen mobilisiert, sind die Anforderungen an das Management ganz andere. Im biopolitischen Bereich entsteht produktive Kooperation eher in sozialen Netzwerken ohne bürokratische Kontrolle. Das bedeutet nicht, dass das Management überflüssig wird, doch nun ist es immanent und mit dem Sozialgefüge selbst verwoben.
    Aus Gründen der Klarheit haben wir diese neue Exekutive getrennt von der Legislative betrachtet, doch in Wirklichkeitmüssen beide aufs Engste miteinander verbunden sein. Exekutive Funktionen wie Planung müssen auf föderalistische Weise gestaltet werden, um allen den Zugang zu Entscheidungen zu ermöglichen. Das wirft sofort die Frage des Expertentums auf, die wir oben angesprochen haben. Genau wie politische Leidenschaften und der Wunsch nach Teilnahme gefördert werden müssen, um den Anforderungen einer verfassungsgebenden Legislative zu entsprechen, muss das Wissen über unsere soziale Umwelt so breit wie möglich gestreut werden. Die Politiker und Finanzmoguln, die heute die Entscheidungen treffen, sind keine überirdischen Genies. Durch Bildung können wir alle zu Experten auf dem Gebiet unserer natürlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umwelt werden und intelligente Entscheidungen treffen.
Judikative
    In den vorigen beiden Abschnitten haben wir die Funktionen der Legislative und der Exekutive neu interpretiert, um die Erfordernisse eines Verfassungsprozesses auszuloten. Um eine Judikative so gestalten zu können, dass sie sich in dieses Projekt einfügt, müssen wir jedoch zunächst einige ihrer Grundlagen klären.
    Zunächst sollten wir uns klar machen, dass die Judikative trotz aller Beteuerungen ihrer Unabhängigkeit immer eine politische Kraft ist. Der Medienrummel, der in den Vereinigten Staaten und anderswo um die Nominierung der Verfassungsrichter stattfindet, unterstreicht dies nur. Ihr politischer Charakter wird offensichtlich, wenn Richter Sozialreformen angehen oder die Initiative einer der anderen beiden Gewalten blockieren. Wie oftkommt es vor, dass Politiker Richtern Parteilichkeit vorwerfen, wenn sie nicht ihrer Ansicht sind, und ihre Weisheit und Unabhängigkeit loben, wenn sie in ihrem Sinne entscheiden! Selbst in den seltenen Fällen, in denen die Richter fortschrittliche Positionen vertreten und zum Beispiel die Rassenintegration an Schulen erzwingen, das Wahlrecht von Minderheiten schützen oder das Recht von Arbeitern auf die Gründung von Gewerkschaften bestätigen, nehmen ihre Interventionen eine autoritäre Form an und stellen sich über Parlamente, oft mit fatalen Folgen.
    Unser Ziel kann keine wirklich unabhängige Judikative sein. Vielmehr müssen wir erkennen, dass bestimmte Funktionen der Rechtsprechung unweigerlich politischer Natur sind, und Möglichkeiten einer angemessenen Umgestaltung suchen. Das Zivil- und das Strafrecht bleiben jedoch davon ausgenommen: Hier müssen Richter so unabhängig wie möglich entscheiden, und hier müsste man in der Tat die schwierige Aufgabe angehen, die Rechtsprechung von jeder politischen Einflussnahme zu befreien. Uns geht es vielmehr um die Aufgaben der Judikative im Rahmen der Verfassung.
    Eine wichtige Funktion der Judikative ist die Kontrolle der Regierung. Doch um diese Kontrolle wirkungsvoll ausüben zu können, muss sie sich von dieser unterscheiden. Wenn sich die Angehörigen der Judikative nicht grundsätzlich von denen der anderen beiden Gewalten unterscheiden, sind die Möglichkeiten der Kontrolle gering. Heute ist einer der wichtigsten Unterschiede die Amtszeit, denn anders als Abgeordnete und Regierung müssen sich Richter nicht in regelmäßigen Abständen zur Wahl stellen; dies schafft eine gewisse Stabilität, auch wenn die eher einer Starre gleicht als einem lebendigen Gleichgewicht. Eine Legislative, die auf den demokratischen und föderalen Grundsätzenberuht, würde unserer Ansicht nach grundsätzlichere Unterschiede bieten. In einer offenen Versammlungsstruktur üben verschiedene und widerstreitende Kräfte Kontrolle übereinander aus und stellen ein dynamisches Gleichgewicht her. Man könnte befürchten, dass in einer solchen Situation die Rolle der Judikative als »dritte« und unabhängige Gewalt verloren geht und diese von Legislative und Exekutive geschluckt wird. Doch die Unterschiede der Teilnehmer am Verfassungsprozess und ihre
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