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Demokratie! - wofür wir kämpfen

Demokratie! - wofür wir kämpfen

Titel: Demokratie! - wofür wir kämpfen
Autoren: Campus
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kapitalistischen Planung ausgehen. Die neoliberale und neokonservative Revolution der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts verbreitete den Mythos vom schwachen Staat. Ihre Vertreter behaupteten gern, sie wollten die Macht des Staates abbauen und die Gesellschaft vor den Einmischungen des Staates schützen. Die Sozialausgaben wurden in der Tat radikal gekürzt, doch die Staatsausgaben stiegen trotzdem immer weiter, weil immer mehr Geld für Militär, Polizei und Wirtschaft ausgegeben wurde.
    Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen hat der neoliberale Staat starke Planungsinstrumente zur Verfügung, die er in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und Banken einsetzt. Niemand sollte der demokratischen Aura auf den Leim gehen, die Neoliberale mit ihrem Gerede von den »Entscheidungen der Märkte« beschwören wollen. Die Selbstregulierung des Marktes ist bestenfalls ein Euphemismus für die Macht des Geldes, sprich der Finanzindustrie mit ihren formidablen Planungsinstrumenten. Sie entscheidet nämlich darüber, welche Software entwickelt und welcher Damm gebaut wird, wer ein Haus kauft und wer nicht, und so weiter. In normalen Zeiten operieren Banken und Finanzmärkte weitgehend unabhängig vom Staat, aber irgendwann wird die enge Verflechtung schließlich doch sichtbar.
    Im Herbst 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, erlaubte das Theater der Krisengespräche zwischen Regierungsvertretern und den Kapitänen der Wall Street einen Blick hinter die Kulissen, und dabei wurde deutlich, wie klein der Kreis der Entscheider tatsächlich ist. Davon abgesehen ist die gegenwärtigeKrise eine weitere Demonstration dafür, welche Katastrophen die kapitalistische Planung verursacht. Angesichts des Scheiterns kapitalistischer und sozialistischer Planung ist es nur verständlich, wenn einige Menschen nichts mehr von Planung wissen wollen.
    Auch der Entwicklungsgedanke ist in Misskredit geraten. Im 20. Jahrhundert verstand man unter dem Begriff der Entwicklung vor allem industrielles Wachstum; man glaubte, unser Wohlstand hänge davon ab, dass wir immer mehr Güter produzieren und immer mehr Ressourcen verbrauchen. Wie wir heute wissen, hat dieses Wachstum jedoch ein System hervorgebracht, das mit gewaltiger Verschwendung in den reichen Ländern und gewaltigem Mangel in den armen einhergeht. Wir wissen auch, dass unser Planet eine weitere Entwicklung in diese Richtung nicht überleben wird. Entwicklung verstanden als industrielles Wachstum – immer mehr Autos, immer mehr Waren, immer mehr landwirtschaftliche Nutzflächen und so weiter – ist ganz offensichtlich nicht tragbar. Obwohl große Teil der Weltbevölkerung nach wie vor Mangel am Lebensnotwendigen leiden, haben einige Menschen erkannt, dass unser Planet die Entwicklung in ihrer gegenwärtigen Form nicht verkraftet; daher fordern sie, das Wachstum umzukehren und den Entwicklungsgedanken ganz aufzugeben.
    Dieses triste Szenario hinsichtlich der Planung und Entwicklung verändert sich jedoch erheblich, wenn wir die Gemeingüter in den Mittelpunkt rücken, also die Erde mit ihren Ökosystemen – Wäldern, Meeren, Erdreich, Luft, Wasser und so weiter – sowie die Produkte der gesellschaftlichen Arbeit – Ideen, Bilder, Codes, Information, Leidenschaften, und Vieles mehr. Wie wir am Beispiel des Wassers gesehen haben, sind diese Ressourcenallerdings nicht auf spontane Weise Gemeineigentum, der freie Zugang zu ihnen erfordert vielmehr Organisation und Infrastruktur. Im Falle des Wassers sind dies zum Beispiel Leitungen, Pumpen oder Kläranlagen, im Falle des Wissens Bildung oder Publikationsmöglichkeiten. Das Gemeinsame muss organisiert werden, um freien Zugang zu ermöglichen, und es muss verwaltet werden, um die Nutzung auch für die Zukunft zu sichern. Das Wohl der Erdatmosphäre erfordert genauso Planung wie das Wissen und jedes andere Gemeingut.
    Wie kann Entwicklung aussehen, wenn das Gemeingut im Mittelpunkt von Wirtschaft und Gesellschaft steht? Entwicklung bedeutet keinesfalls automatisch Wachstum. Sie bedeutet vielmehr die Schaffung von Mechanismen, die allen in gleicher Weise den Zugang zum gemeinsamen Wohlstand eröffnen und die Beteiligung an der Produktion ermöglichen. In diesem Zusammenhang nimmt die Verwaltung eine völlig neue Form an. In der kapitalistischen und sozialistischen Moderne mit ihrer industriellen Produktion benötigte das Management eine Bürokratie mit hierarchischen Strukturen, um die Zusammenarbeit zu überwachen und die Arbeiter zu
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