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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen
Autoren: Florencia Bonelli
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gut aufgehoben. Miss Melody bleibt.«
    »Verstehst du jetzt, warum ich sage, dass diese junge Frau ein Wirbelsturm ist?« Alcides blickte Blackraven eindringlich an. »Und als wäre das nicht schon schlimm genug, bekommt sie, wie du gesehen hast, bei all ihren Verrücktheiten noch Rückendeckung von Señorita Béatrice.«
    Blackraven gab ihm keine Antwort. Er strich sich nachdenklich mit einem Finger über den Mund. Valdez e Inclán traute sich nicht, ihn bei seinen Überlegungen zu stören. Blackraven wirkte nicht wütend wegen des Verlusts der Vögel, eher schien er über einer wichtigen Angelegenheit zu grübeln. Bei Blackraven wusste man nie. In seiner scheinbaren Gemütsruhe plante er vielleicht gerade, Miss Melody mit eigenen Händen den Hals umzudrehen.
    »Nichts davon beantwortet meine Frage«, sagte er schließlich ungeduldig. »Wo sind meine Cousine und mein Patenkind?«
    »Sie sind in deinem Landhaus in El Retiro.«
    »Wie bitte?«
    »Seit zwei Monaten, seit Anfang November, sind sie in El Retiro.«
    »In dieser gottverlassenen Gegend? In diesem unsicheren Sumpf voller Ungeziefer und Unholde? Und du? Du hast sie ziehen lassen?« Blackraven schien eher verwundert als wütend.
    Er stand auf. Das Gespräch war beendet, und beide Männer verließen den Raum.
     
    Blackraven war der Ansicht, man müsse den Bestand an Sklaven vergrößern, sowohl den in der Stadt als auch den auf dem Land in El Retiro. Besonders den auf dem Land. Man durfte die künftige Gerberei nicht vergessen, deren Bau Mitte des Jahres fertiggestellt sein würde.
    Für seine Zukunftspläne waren die Arbeitskräfte von grundlegender Bedeutung. Für die Landwirtschaft und die Pökelfabrik würde man viele Sklaven brauchen, wie er es bei seinen Baumwollpflanzungen
in South Carolina und Georgia gesehen hatte. Hunderte und Aberhunderte von Schwarzen arbeiteten auf den Weiden und Feldern, in den Mühlen, den Gerbereien. Sie beackerten das Land, pflanzten, ernteten und kümmerten sich um die Einlagerung. Was die Sklaven in der Stadt anging, würde er einen Großteil die verschiedensten Handwerke erlernen lassen, der Rest würde im Haus seinen Dienst verrichten.
    Es war also zwingend notwendig, die Anzahl der Sklaven zu erhöhen, nicht nur durch Zukäufe auf Auktionen, sondern auch, indem man die Geburtenrate ankurbelte. Weil die Sklaven, die von den Schiffen der Sklavenhändler kamen, mehr tot als lebendig waren, grenzte es schon an ein Wunder, einen in gutem Zustand zu finden. Und so neigte Blackraven eher dazu, seine Leute zum Kinderkriegen zu bewegen. Wenn man sie gut pflegte und nährte, würde das Früchte tragen. Auch wenn man ein paar Jahre warten müsste, bis diese Kinder einsatzfähig waren, würden aus ihnen doch starke Männer, von denen jeder dreimal so stark war wie die aus Afrika.
    »Kauf ein paar Neger, die wie Zuchthengste aussehen«, hatte er Valdez e Inclán befohlen. »Zahl so viel wie erforderlich, aber beschaff sie mir. Reise wenn nötig nach Rio de Janeiro. Sobald du sie hast, setzt du sie ein. Sie sollen alle fruchtbaren Sklavinnen beschlafen. Bei meiner Rückkehr will ich sie schwanger sehen.«
    Valdez e Inclán hasste Sklavenauktionen. Zu dem erbarmungswürdigen Anblick der kranken schwarzen Männer und Frauen voller Pusteln und Geschwüre kam noch der Gestank der mit Urin und Kot verschmierten Körper. Oh, dieser Gestank! Er hatte das Gefühl, ihn noch tagelang in der Nase zu haben, ganz gleich, wie viel Duftwasser er nach der Rasur auftrug.
    Deshalb schickte er stets seinen Schwager Diogo dorthin, diesen gerissenen Gauner, damit der sich mit dem Geruch und dem Bild des Jammers herumschlug und wenigstens etwas zu seinem Unterhalt beisteuerte, den er dank der Protektion seiner Schwester
Bela so leicht bekam. Mit der Zeit erwies sich Diogo als äußerst gewandt beim Kauf und im Umgang mit den Sklaven. Sie fürchteten ihn wie den Teufel. Er behandelte sie extrem streng, so sehr, dass sie manchmal den Heiler holen mussten, damit er ihre Knochen wieder richtete oder die Wunden nähte. Sie freuten sich, wenn sie der Herr Roger besuchte, denn in seiner Anwesenheit schlug Diogo sie nicht. Aber keiner traute sich, den Missbrauch anzuzeigen, aus Angst vor den Repressalien, die dann mit Sicherheit nach der Abreise des englischen Grafen folgen würden. Denn er fuhr immer wieder weg, nie blieb er länger als zwei oder drei Monate.
    Nach der Ankunft von Miss Melody hatte sich die Situation geändert, und sie hatten Papá Justicia, den
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