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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde
Autoren: Alistair MacLean
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Sie den Leuten 10.000 Pfund dafür, daß sie das Ende der Straße über den Col de Tende auf der französischen Seite verbarrikadieren. Mein Paß ist verschwunden. Verstehen Sie?«
    »Ich habe einen Freund in Nizza, der für diese Gefälligkeit keinen Pfennig verlangt. Aber was soll das für einen Sinn haben, Johnny? Die Sache ist doch eine Aufgabe für die Polizei.«
    »Nein. Und ich denke gar nicht an die hierzulande übliche Methode, gesuchte Wagen erst mit Kugeln zu durchlöchern und dann die Leichen zu verhören. Was ich …«
    »Johnny, es spielt doch keine Rolle, ob die Polizei sie als erste erwischt oder Sie. Ich weiß jetzt, daß Sie schon seit langer Zeit unterrichtet sind. Die beiden sind diejenigen, die mich ins Gefängnis bringen werden.«
    »Es gibt noch einen dritten«, korrigierte Harlow. »Willi Neubauer. Aber der wird bestimmt nicht den Mund aufmachen. Wenn er die Entführung gesteht, bekommt er noch zehn Jahre als Zugabe. Sie haben mir nicht zugehört, James. Rufen Sie in Nizza an. Und zwar jetzt gleich. Ich habe nur gesagt, daß ich Mary zurückbringen werde, mehr nicht.«
    MacAlpine und seine Frau standen nah beieinander und lauschten dem schnell leiser werdenden Dröhnen des Ferrarimotors. Ganz leise fragte Marie MacAlpine: »Was hat Johnny mit seinen letzten Worten gemeint?«
    »Ich muß sofort in Nizza anrufen. Danach genehmigen wir uns den größten Drink, den das Château zu bieten hat, essen eine Kleinigkeit, und dann gehen wir schlafen. Wir können im Augenblick nichts tun als warten.« Er schwieg einen Moment und sagte dann beinahe traurig: »Ich habe meine Grenzen. Ich bin eben kein Johnny Harlow.«
    »Was hat er gemeint, James?«
    »Was er gesagt hat.« MacAlpine drückte seine Frau fest an sich. »Er hat dich zurückgebracht, nicht wahr? Und Mary wird er auch zurückbringen. Weißt du nicht, daß die beiden sich lieben?«
    »Was hat er gemeint, James?«
    Mit tonloser Stimme sagte er: »Er hat gemeint, daß keiner von uns Jacobson und Tracchia jemals wiedersehen wird.«
    Die alptraumähnliche Fahrt zum Col de Tende verlief, abgesehen von einer einzigen Ausnahme, in völligem Schweigen, teils, weil Harlow ausschließlich auf die Aufgabe konzentriert war, die vor ihm lag, und teils, weil Dunnet sich in einem Zustand befand, der sehr nahe an nacktes Entsetzen herankam. Harlow holte aus dem Ferrari nicht nur heraus, was drin war – nach Ansicht seiner beiden Mitfahrer holte er noch bedeutend mehr heraus. Auf der Schnellstraße zwischen Cannes und Nizza warf Dunnet einen Blick auf den Tachometer. Die Nadel stand wie festgeklebt auf der 260-Stundenkilometer-Marke.
    »Darf ich etwas sagen?« fragte er.
    Harlow warf ihm einen Blick zu. »Natürlich.«
    »Sie sind der beste Fahrer der Welt, vielleicht sogar der beste Fahrer aller Zeiten, verflucht und zugenäht, aber was in Dreiteufelsnamen …«
    »Aber, aber, zähmen Sie Ihre Zunge«, tadelte Harlow ihn milde, »mein minderjähriger zukünftiger Schwager sitzt hinter uns.«
    »Auf diese Weise verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?«
    »Ja.« Der angeschnallte Dunnet suchte verzweifelt Halt, als Harlow bremste, herunterschaltete und mit etwa hundertsechzig Kilometern in der Stunde und kreischenden Reifen in eine Kurve ging, die andere Fahrer, so gut sie auch fahren mochten, niemals schneller als mit siebzig genommen hätten. Harlow sagte gelassen: »Aber Sie müssen zugeben, daß es besser ist als arbeiten.«
    »Hol Sie der Teufel!« Dunnet sank schweigend in sich zusammen und schloß die Augen, als bete er. Und wahrscheinlich traf das auch zu.
    Die Nationalstraße 204, die Straße zwischen Nizza und La Giandola, ist von der Stelle ab, wo sie in die Straße von Ventimiglia einmündet, äußerst kurvenreich, hat einige besonders tückische Haarnadelkurven zu bieten und steigt manchmal bis auf etwa neunhundert Meter an, aber Harlow raste sie entlang, als befände er sich auf einer Autobahn. Inzwischen hatte auch Rory die Augen geschlossen. Vielleicht waren sie erschöpft, aber viel wahrscheinlicher war, daß sie nicht sehen wollten, was passierte.
    Die Straße war wie leergefegt. Sie fuhren über den Col de Braus, in halsbrecherischem Tempo durch den Sospel und durch den Col de Brouis und erreichten La Giandola, ohne einem einzigen Wagen begegnet zu sein. Und das war gut so, denn es stand durchaus nicht fest, daß der Fahrer eines entgegenkommenden Wagens keinen Nervenzusammenbruch erlitten hätte. Dann fuhren sie durch Saorge, Fontan und
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