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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde
Autoren: Alistair MacLean
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kaum das Interesse eines Diebes wecken können: Er hätte gar nicht gewußt, wonach er suchen sollte, und für den Fall, daß er es wider Erwarten doch gewußt hätte, wäre es ihm wohl kaum gelungen, sein Diebesgut an den Mann zu bringen. Die wenigen Kisten, die Harlow aufbrechen mußte, öffnete er so vorsichtig, so sanft und mit so wenig Lärm wie nur irgend möglich.
    Harlow untersuchte den Inhalt der Kisten in Windeseile, denn mit jeder Minute wurde die Gefahr entdeckt zu werden größer. Außerdem schien er genau zu wissen, was er suchte. Eine halbe Stunde nach Beginn seiner Arbeit machte er sich bereits wieder daran, die geöffneten Kisten und Schachteln wieder zu verschließen. Diejenigen, die er hatte aufbrechen müssen, schloß er mit Hilfe eines gepolsterten Hammers, um den Lärm auf ein Minimum zu beschränken und so gut wie keine sichtbaren Spuren zu hinterlassen. Als er fertig war, stopfte er die Lampe und seine Werkzeuge wieder in die Segeltuchtasche, verließ die Cagliari-Boxen und verschwand in der Dunkelheit.
    Vierzehn Tage später erreichte Nicola Tracchia, was er MacAlpine prophezeit hatte: Er gewann den österreichischen Grand Prix. Harlow ging leer aus. Damit hatten inzwischen zwar schon alle gerechnet. Aber er verlor nicht nur, er schaffte überhaupt nur vier Runden mehr als in England – und da hatte er bereits in der ersten Runde den Unfall gebaut.
    Der Anfang hatte sehr vielversprechend ausgesehen. Harlow war fabelhaft vom Start weggekommen und lag am Ende der fünften Runde klar an der Spitze. Und nach der nächsten Runde hielt er an der Box. Als er aus dem Wagen stieg, machte er absolut nicht den Eindruck, als hätte er Angst gehabt, und nirgends war auch nur die geringste Spur von kaltem Schweiß zu entdecken. Aber er hatte die Hände zu Fäusten geballt und sie tief in den Taschen seines Overalls vergraben: In diesem Fall ist es unmöglich festzustellen, ob die Hände eines Menschen zittern oder nicht. Er brachte die eine Hand nur so lange zum Vorschein, wie er brauchte, um die gesamte Box-Besatzung mit einer schnellen Handbewegung zu entlassen – mit Ausnahme von Mary, die eilig auf ihn zugehumpelt kam.
    »Keine Panik.« Er schüttelte den Kopf. »Und keine Eile. Der vierte Gang ist im Eimer.« Er stand da und blickte düster über die Strecke. MacAlpine sah ihn scharf an, und blickte dann zu Dunnet hinüber, der zurücknickte, scheinbar ohne MacAlpines Blick gesehen zu haben. Dunnet starrte wie gebannt auf Harlows geballte Fäuste, die die Taschen des Overalls ausbeulten.
    »Wir werden Nikki 'reinholen«, sagte MacAlpine. »Sie können seinen Wagen nehmen.« Harlow antwortete nicht gleich. Das Röhren eines Motors klang auf, und Harlow nickte in Richtung des Geräusches. Die anderen folgten seinem Blick. Ein limonengrüner Coronado schoß vorbei, aber Harlow änderte seine Blickrichtung nicht. Mindestens fünfzehn Sekunden vergingen, bis der nächste Wagen, Neubauers königsblauer Cagliari, vorbeibrauste. Harlow drehte sich um und schaute MacAlpine an. Harlows gewöhnlich ausdrucksloses Gesicht zeigte, soweit es ihm möglich war, schiere Fassungslosigkeit.
    »Reinholen? Du lieber Himmel, Mac, sind Sie denn übergeschnappt? Nikki hat jetzt, da ich ausgeschieden bin, klare fünfzehn Sekunden Vorsprung vor den anderen. Unser guter Signor Tracchia würde es Ihnen – und mir – niemals verzeihen, wenn Sie ihn jetzt 'reinholen würden. Es wird sein erster Grand-Prix-Sieg sein, und das noch dazu ausgerechnet auf der Strecke, auf der er sich das schon immer erträumt hat.«
    Harlow drehte sich um und ging davon, als sei die Sache damit erledigt. Mary und Rory sahen ihm nach, erstere mit Kummer in den Augen, letzterer mit einer Mischung aus Triumph und Verachtung, die er keineswegs zu verbergen versuchte. MacAlpine zögerte, wollte etwas sagen, überlegte es sich jedoch anders, drehte sich ebenfalls um und ging davon – allerdings in eine andere Richtung. Dunnet begleitete ihn. In einer Ecke der Box blieben die beiden Männer stehen.
    »Nun?« sagte MacAlpine.
    »Nun was?« fragte Dunnet.
    »Bitte! Das habe ich nicht verdient.«
    »Du meinst, ob ich auch gesehen habe, was du gesehen hast? Seine Hände?«
    »Das Zittern ist wieder da.« MacAlpine schwieg eine Weile. Dann seufzte er und schüttelte den Kopf. »Ich sage es immer wieder: Einmal erwischt es jeden. Ganz egal, wie gelassen, mutig oder – zum Teufel, das habe ich ja alles schon x-mal gesagt. Und wenn ein Mann so eiskalt und
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