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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben
Autoren: Lindsey Davis
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reisten, um selbst nachzuforschen?«
    »Zu Anfang vergeudete ich viel Zeit. Ich ging davon aus, dass die Behörden Ermittlungen aufnehmen und mich benachrichtigen würden.«
    »Und es kam nichts?«
    »Nur Schweigen. Daher verging fast ein Jahr, bis ich die Reise unternahm. Ich war es meinem Kind schuldig zu ergründen, was ihm zugestoßen war.«
    »Natürlich. Vor allem, wenn Sie Zweifel hatten.«
    »Ich habe
keine
Zweifel!«, blaffte Caesius. »Jemand hat sie ermordet! Dann hat jemand – der Mörder, die Reiseagentur, irgendein anderes Mitglied der Reisegruppe oder die Einheimischen – das Verbrechen vertuscht. Sie hofften alle, dass der Vorfall in Vergessenheit gerät. Aber ich werde es sie nie vergessen lassen!«
    »Sie reisten also nach Griechenland«, unterbrach ich ihn besänftigend. »Sie haben lange Zeit damit verbracht, sich mit den Behörden von Olympia herumzuschlagen. Schließlich haben Sie selbst menschliche Überreste außerhalb des Ortes gefunden, mit Hinweisen, die bestätigten, dass es sich um Ihre Tochter handelte?«
    »Der Schmuck, den sie an jenem Tag trug.«
    »Wo befand sich die Leiche?«
    »An einem Hang. Auf dem Kronoshügel oberhalb des Zeus-Heiligtums.« Jetzt bemühte sich Caesius, vernünftig zu klingen, damit ich ihm glaubte. »Die Einheimischen behaupteten, sie müsse umhergestreift sein, vielleicht aus einer romantischen Laune heraus, um den Sonnenuntergang – oder Sonnenaufgang – zu bewundern oder in der Nacht den Göttern zu lauschen. Die Unverschämtesten meinten, sie hätte sich bestimmt mit einem Liebhaber getroffen.«
    »Was Sie aber nicht glauben.« Ich äußerte keine Kritik an seinem Glauben an seine Tochter. Einen unvoreingenommenen Eindruck von Caesia konnten wir durch andere erhalten.
    »Die Frage könnte Sie hart ankommen«, bohrte Helena sanft nach, »aber konnten Sie von der Leiche Ihrer Tochter irgendetwas ableiten?«
    »Nein.«
    Wir warteten. Der Vater blieb stumm.
    »Sie war auf dem Hügel den Unbilden der Natur ausgesetzt.« Ich behielt einen neutralen Ton bei. »Gab es Anzeichen dafür, wie sie gestorben war?«
    Schaudernd führte sich Caesius die schreckliche Entdeckung wieder vor Augen. »Als ich sie fand, hatte sie seit einem Jahr dort gelegen. Ich habe mich gezwungen, nach Anzeichen eines Kampfes zu suchen. Ich wollte wissen, was mit ihr geschehen war, wie ich schon sagte. Aber ich fand nur Knochen, teilweise durch Tiere verstreut. Wenn ihr etwas angetan worden war, ließ sich das nicht mehr erkennen. Das war das Problem«, knurrte er wütend. »Das war der Grund, warum die Behörden darauf bestehen konnten, Caesia sei eines natürlichen Todes gestorben.«
    »Kleidung?«, fragte ich.
    »Es sah aus, als sei sie … bekleidet gewesen.« Ihr Vater blickte mich an, als wollte er von mir die Beruhigung, dass es sich nicht um ein sexuelles Verbrechen gehandelt hatte. Nach den Beweisen aus zweiter Hand ließ sich das schwer beurteilen.
    Helena fragte dann leise: »Sie haben sie bestattet?«
    Die Stimme des Vaters klang abgehackt. »Ich will sie zu den Göttern schicken, aber erst muss ich Antworten finden. Ich habe sie eingesammelt, wollte dort in Olympia eine Feier abhalten, doch dann habe ich mich dagegen entschieden. Ich habe für sie einen Bleisarg anfertigen lassen und sie mit nach Hause gebracht.«
    »Oh!« Mit dieser Antwort hatte Helena nicht gerechnet. »Wo ist sie jetzt?«
    »Sie ist hier«, antwortete Caesius nüchtern. Unwillkürlich sahen Helena und ich uns im Empfangszimmer um. Caesius ging nicht näher darauf ein. Irgendwo in seinem Haus musste ein Sarg mit den drei Jahre alten Gebeinen stehen. Eine makabre Kühle legte sich über den bisher so häuslichen Raum. »Sie wartet darauf, jemandem etwas Wichtiges mitzuteilen.«
    Mir. Große Götter, das würde meine Rolle sein.
     
    »Also …« Fröstelnd arbeitete ich mich durch den Rest der Geschichte. »Selbst Ihre traurige Entdeckung auf dem Hügel brachte die Einheimischen nicht dazu, die Sache ernst zu nehmen. Dann haben Sie die Beamten des Statthalters in der Hauptstadt Korinth unter Druck gesetzt, die aber alles abblockten wie echte Diplomaten. Sie haben sogar die Reisegruppe aufgespürt und Antworten verlangt. Schließlich gingen Ihnen die Geldmittel aus, und Sie waren gezwungen, nach Hause zurückzukehren?«
    »Ich wäre dort geblieben. Aber ich hatte den Statthalter mit meinen ständigen Gesuchen verärgert.« Caesius sah beschämt aus. »Mir wurde befohlen, Griechenland zu
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