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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben
Autoren: Lindsey Davis
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sie zu Helena.
    Volcasius unterhielt sich jetzt mit Minas. Na, wie passend! Ich ging durch den Hof, um zu ihnen zu gelangen. Andere Gäste riefen mir Grüße zu. Ich lächelte schwach. Unterwegs kam ich an Polystratus vorbei, mit seinem Kessel auf der Hüfte und einer Schöpfkelle in der Hand. Er ging von Tisch zu Tisch und teilte seinen Pökelfleischeintopf aus. Alle hatten bei dem gebratenen Zicklein und den Haifischkoteletts ordentlich zugelangt, und so fand er nur wenig Interesse für seinen Eintopf. Er füllte ihnen trotzdem die Essschalen.
    Ich ließ mir Zeit, bewegte mich verstohlen. Ich blickte zu unserem Tisch und wollte Helena, die gerade von Polystratus bedient worden war, ein Zeichen geben. Nachdem sie sich mehrfach den Magen verdorben hatte, vermied sie inzwischen Eintöpfe. Ich bemerkte, wie sie sich heimlich runterbeugte und die Schale für Nux auf den Boden stellte.
    Minas hatte mich kommen sehen und meinen Gesichtsausdruck gedeutet. Ich wandte der Menge den Rücken zu, faltete den Stoff auseinander und zeigte Volcasius das Sprunggewicht.
    Er zuckte in übertriebener Weise zusammen. »Woher haben Sie das, Falco?«
    »Nein – woher haben
Sie
es, Volcasius?«
    »Das ist die Waffe, mit der Valeria ermordet wurde.«
    »Ich weiß.«
    »Ich habe sie nicht umgebracht.« Auch das wusste ich. »Ich habe Ihre Arbeit für Sie erledigt«, höhnte Volcasius. Er glaubte immer noch, dass er für meinen Beruf besser geeignet war als ich.
    Ich blieb ruhig. Er war ein Zeuge. Minas brauchte ihn. Außerdem hatte Volcasius, obwohl ich schließlich auch noch dazu gekommen wäre, die nötige Suche durchgeführt, und dafür zollte ich ihm Anerkennung. »Wo war es, Volcasius?«
    »In seinem Gepäck.«
    »Wessen Gepäck?«, fragte Minas gebieterisch. »Nennen Sie seinen Namen!«
    »Polystratus.«
    Ich drehte mich wieder zur Menge um. Ich dachte, Helena würde mich beobachten, von den Jungs darauf hingewiesen, dass ich etwas vorhatte. Doch ihre Aufmerksamkeit galt etwas anderem. Ich sah, wie ein entsetzter Ausdruck über ihr Gesicht glitt. Ihre Stola rutschte hinunter, als sie den Arm hob und alarmiert deutete. Sie rief nach Nux.
    Ich war zu weit entfernt, rannte aber los. Panisch rief ich Aulus und Glaucus zu mir. Dann brüllte ich die Hündin an.
     
    Nux hatte ihre Nase in Helenas Essschale. Sorgfältig schob die Hündin ein Knochenstück an den Rand der Schale. Der Knochen hatte kaubare Größe, doch sie beförderte ihn vorsichtig heraus und legte ihn zur besonderen Behandlung auf den Boden. Als ich bei ihr ankam, wurde durch ein letztes rasches Lecken ein metallischer Schimmer sichtbar. Ein Männerring. Ich hatte einen dazu passenden, kleineren Ring gesehen.
Ein hübscher Goldring, vermutlich in Griechenland gekauft, da er ein eckiges griechisches Mäandermuster hatte …
Wir hatten Statianus gefunden.
    Plötzlich blitzten vor meinen Augen die bauchigen Amphoren auf, die Polystratus in Korinth ausgeladen hatte. Als mir einfiel, dass ich den Thunfisch probiert hatte, wurde mir schlecht. Ich konnte kaum ertragen, darüber nachzudenken, was sich in den anderen Behältern verborgen hatte. Ich wagte mir nicht vorzustellen, welche Metzelei damit verbunden gewesen war, sie zu füllen.
    Ich bückte mich, um den Fingerknochen und den Ring aufzuheben. Nux brachte ihre kurzen Beine in Bewacherstellung. Ein leises Knurren kam in Verteidigung ihres Knochens tief aus ihrer Kehle. Da ich ihr Herr war, wedelte sie gleichzeitig wie verrückt mit dem Schwanz.
    Entgeistert rutschte Helena von ihrer Speiseliege. Sie knallte einen Becher auf den Tisch. Die am nächsten Sitzenden hatten es bemerkt und verstummten.
    »Hört alle zu!«, rief Helena. »Bitte esst nicht weiter.« Der Festlärm klang ab. Die Leute hoben bereits ihre Becher. Sie meinten, es ginge um einen Trinkspruch.
    Polystratus ließ seinen Kessel im Stich und bewegte sich auf Helena zu. Glaucus und Aulus stürzten sich auf ihn. Glaucus trat zu. Ich sah zwei kurze Gerade und eine blitzschnelle Bewegung, dann lag Polystratus auf dem Boden. Der junge Glaucus saß rittlings auf ihm und drückte ihm den Arm gegen die Kehle. Das musste ihm sein Vater beigebracht haben. Ich würde ihn bitten, es mir auch zu zeigen.
    Nux bemerkte Polystratus ebenfalls. Das Knurren ging von bloßer Warnung zu rasendem Gebell über. Gaius packte sie rasch, um sie zurückzuhalten, bevor sie angriff.
    Helena sprach erneut. Bis ans Ende meines Lebens werde ich nicht vergessen, wie sie da stand, hoch
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