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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben
Autoren: Lindsey Davis
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Kampf. Sie machten ein paar Finten, alle vorgetäuscht, aber mit einer spürbaren Unterströmung. Dann schüttelten sie einander die Hand, lächelten die Menge verschlagen und zahnlos an und spazierten in den Gasthof, den Arm um die Schultern des anderen gelegt.
    »Alte Sparringpartner!«, rief uns Phineus zu.
    Polystratus packte ihn, ein wenig zu fest, wie es mir vorkam. »Stellen einander noch immer auf die Probe, selbst nach all den Jahren!«
    »Das glaube ich nicht«, murmelte mir der junge Glaucus zu. »Ich glaube nicht, dass es ein Wettkampf um die drei besten Würfe war, Falco. Solche fiesen Tricks hab ich noch nie gesehen.«
    »Nein. Sie war beide darauf aus, einander wenn möglich umzubringen.«
    Als wir dann zum Fest hineingehen wollten, rief Glaucus mit ein bisschen zu viel Begeisterung: »Lasst die Spiele beginnen!«
     
    LXII
    Während unserer Abwesenheit hatte sich die Szenerie im Innenhof zum Besseren verändert.
    Als die Leute wieder hereinströmten, sahen wir, dass in der Zwischenzeit fröhlich weitergetrunken worden war. Die Stimmung hatte sich gehoben. Kränze und Girlanden waren auf Locken und Kahlköpfe gesetzt worden, dann zur Seite gekippt oder über ein Auge hinuntergerutscht. Röcke hatten sich geöffnet, und die Lücken waren unbemerkt geblieben. Enge Schuhe waren abgestreift worden.
    Willkommene Kochdüfte begrüßten uns. Gewürze brutzelten in heißem Öl, dampfende Suppentöpfe verströmten Andeutungen von kommenden Köstlichkeiten. Minas, der alle ermutigend anstrahlte, überwachte die Küche. Das Gesicht von den Kochfeuern gerötet, zwinkerte er mir zu, als ich an ihm vorbeikam, und flüsterte: »Ich habe Wachleute bereitstehen. Sobald sich der Verbrecher zu erkennen gibt, wird er sofort vor den Areopag gebracht.« Für einen Augenblick erkannte ich den wahren Anwalt in ihm. »Ist schon lange her, dass ich einen Mordprozess geführt habe.« Er hatte vor, es zu genießen.
    Ein Gewirbel von Gästen schob sich zwischen uns. Im nächsten Moment rühmte Minas den Wein, den er mitgebracht hatte. Nach der Anzahl der Amphoren zu schließen, die an einer Wand aufgereiht waren, schienen uns ganze Schiffsladungen zur Verfügung zu stehen.
    Helena nahm ihren Bruder an die Hand und zog ihn vorübergehend aus dem Gedränge. »Jetzt hör mir mal gut zu. Das habe ich für dich in Platons Symposion gefunden:
›Alle waren übereingekommen, es bei ihrem diesmaligen Zusammensein nicht auf den Rausch anzulegen, sondern nur so zu trinken zum Vergnügen!‹
«
    Aulus beäugte sie misstrauisch. »Ist meine Schwester angesäuselt?«
    »Hat noch kaum angefangen«, sagte ich und schüttelte traurig den Kopf.
    Meine Gedanken waren auf andere Dinge gerichtet. Ich stahl mich von ihnen fort und folgte Phineus. Er war von Cleonyma angesprochen worden. Den Anfang ihres Gesprächs hatte ich verpasst, hörte sie aber sagen: »Also wird
er
weitermachen wie bisher, und
Sie
werden hinter ihm aufräumen!«
    »Der Verlust Ihres Mannes war sehr traurig«, teilte ihr Phineus in gönnerhaftem Ton mit. Er hatte mich bemerkt und wollte sie unbedingt zum Schweigen bringen.
    »Oh, das war er!«, zischte Cleonyma. »Er war ein guter Mann, der nicht vor seiner Zeit hätte sterben sollen.« Ihre Stimme war giftig geworden. »Sie sind ein echter Widerling, Phineus!«
    Angeekelt wandte sie sich ab. Dann lenkte Phineus seine Aufmerksamkeit auf Polystratus, der sie beobachtet hatte. Phineus ging zu ihm und murmelte ihm erneut zornig etwas zu. Er schien Polystratus vor mir zu warnen. Diesmal spielten sie Theater, um gut dazustehen. Phineus schlug seinen Partner auf beide Wangen. Es sah spielerisch aus. Es klang schmerzhaft. Phineus ließ ihn los und glättete im Scherz den verzierten Kragen der Festtunika seines Partners. Dasselbe dunkelrote Gewand, das Polystratus getragen hatte, als er zu unserem Haus auf dem Aventin kam, und das so ausschaute, als sollte ein Theaterkönig es tragen. Aus der Nähe gesehen, hatte es fadenscheinige Stellen, aber aus der Ferne würde es Fremde beeindrucken.
    Polystratus lachte und ging davon. Ich trat vor und hielt Phineus fest, packte ihn am Oberarm. Er hatte mehr Muskeln, als ich erwartet hätte, bevor ich vom Pankration erfuhr. Ich sprach leise. »Lassen Sie mich Ihnen sagen, wie das aussieht, Phineus.«
    »Sparen Sie sich die Mühe, Falco.«
    »Cleonymus und Cleonyma vermuteten die Wahrheit, nicht wahr?« Ich dachte an mein Gespräch mit Cleonymus beim Aufstieg nach Akrokorinth. »Er gab mir einen
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