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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben
Autoren: Lindsey Davis
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geblieben.
    Er führte uns zurück in das spärlich möblierte Empfangszimmer. Caesius bestand darauf, dass Helena auf einem bequemen Korbstuhl mit eigener Fußstütze Platz nahm, der vielleicht einst seiner Frau gehört hatte. Während sie ihre Röcke glättete, warf sie mir einen Blick zu. Ich zog eine Notiztafel heraus und übernahm die Führung der Befragung, obwohl Helena und ich sie uns teilen würden. Einer von uns würde reden, während der andere beobachtete.
    »Ich will Sie gleich warnen!«, platzte Caesius heraus. »Ich bin zum Opfer vieler Schwindler geworden, die mir große Versprechungen machten und dann nichts unternahmen.«
    Ruhig erwiderte ich: »Folgendes schlage ich Ihnen vor, Caesius. Ich bin Privatermittler, hauptsächlich in Rom. Ich habe Aufträge in Übersee ausgeführt, aber nur für den Kaiser.« Vespasian zu erwähnen könnte ihn beeindrucken, außer er hatte beim Kampf um den Kaiserthron Vespasians Gegner unterstützt – oder er war ein aufrechter Republikaner.
    Politik interessierte ihn nicht. »Ich kann Sie nicht bezahlen, Falco.«
    »Ich habe auch nicht um Geld gebeten.« Nun ja, bisher noch nicht. »Ich weiß, dass Sie eine faszinierende Geschichte zu erzählen haben.«
    »Wie soll meine Geschichte Ihnen von Nutzen sein? Haben Sie einen Auftrag?«
    Er machte es mir nicht leicht. Wenn es Ärger in einer ausländischen Provinz gab, hätte sich Vespasian bereit erklären können, mich dorthin zu schicken, wobei ihm die Kosten kaum geschmeckt hätten. Der Tod dieses Mädchens war jedoch eine Privatangelegenheit – es sei denn, Caesius war ein alter Kumpel des Kaisers, und Vespasian schuldete ihm noch einen Gefallen. Doch dann hätte Caesius den schon längst eingefordert und sich nicht drei Jahre lang vergeblich alleine mit der Sache herumgeschlagen. »Ich biete nichts an, und ich verspreche nichts. Ein Kollege hat mich gebeten, die Fakten zu überprüfen, Caesius. Ihre Geschichte könnte anderen Menschen helfen …« Caesius starrte mich an. »Also, wenn Sie mir auf dieser Basis erzählen möchten, was mit Ihrer Tochter passiert ist, dann tun Sie es bitte.«
    Er machte eine kleine, beschwichtigende Geste. »Ich bin von Ungeheuern mit falschen Hilfsangeboten verfolgt worden. Jetzt traue ich niemandem mehr.«
    »Sie müssen selbst entscheiden, ob ich anders bin – aber das haben die Trickbetrüger sicherlich auch gesagt.«
    »Vielen Dank für Ihre Aufrichtigkeit.«
    Trotz seiner Behauptung, niemandem zu trauen, hatte Caesius die Hoffnung nach wie vor nicht aufgegeben. Sein Schmerz veranlasste ihn, sich uns anzuvertrauen. Er holte Luft. Er hatte die Geschichte eindeutig schon oft erzählt. »Meine Frau starb vor zwanzig Jahren. Meine Tochter Caesia überlebte als einziges unserer Kinder das Säuglingsalter. Ich komme aus dem Textilimport. Wir hatten ein angenehmes Leben, Caesia war gebildet und – meiner Meinung nach, die natürlich voreingenommen ist – zu einem freundlichen, talentierten und wertvollen Menschen herangewachsen.«
    »So sieht sie ihrem Porträt nach auch aus.« Nach meinem grobschlächtigen Beginn übernahm Helena den mitfühlenden Part.
    »Vielen Dank.«
    Ich blickte zu Helena, bezweifelte, dass sie das Lob aufrichtig gemeint hatte. Wir hatten Töchter. Wir liebten sie, machten uns aber keine Illusionen. Ich würde zwar nicht behaupten, dass ich Mädchen als Rabaukinnen betrachtete – aber ich war auf zukünftige Konfrontationen eingestellt.
    »Und warum war Caesia in Griechenland?«, fragte Helena.
    Der Vater wurde ein wenig rot, antwortete aber ehrlich: »Es hatte Probleme wegen eines jungen Mannes gegeben …«
    »Sie waren nicht einverstanden?« Das war der offensichtliche Grund für einen Vater, »Probleme« zu erwähnen.
    »Nein, aber das nützte nichts. Dann beschloss Caesias Tante Marcella Naevia, auf Reisen zu gehen, und bot an, ihre Nichte mitzunehmen. Das schien ein Geschenk der Götter zu sein. Ich stimmte freudig zu.«
    »Und Ihre Tochter?« Helena war ein eigensinniges junges Mädchen gewesen. Ihr erster Gedanke war, dass Caesia womöglich alles andere als erfreut darauf reagiert hatte, ins Ausland abgeschoben zu werden.
    »Sie war begeistert. Caesia hatte einen offenen, forschenden Geist und keinerlei Angst vor dem Reisen. Sie war entzückt, Zugang zu griechischer Kunst und Kultur zu bekommen. Ich hatte sie immer ermutigt, Bibliotheken und Galerien zu besuchen.« Ein Blick in Helenas schöne braune Augen verriet mir, dass sie wusste, das junge
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