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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben
Autoren: Lindsey Davis
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Millionäre hätten die Wände neu streichen lassen.
    Ich stellte mich als Prokurator der Heiligen Gänse der Juno vor. Was nicht stimmte, da mich der geizige Kaiser »entlassen« hatte. Mein Posten war überflüssig geworden, aber dennoch ging ich hin und wieder zu ihnen hinauf und ließ mich um der alten Zeiten willen ein wenig zwicken. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass die Heiligen Gänse und die Hühner der Auguren vernachlässigt wurden. Außerdem waren wir an die kostenlosen Eier gewöhnt.
    Helena Justina hatte ihrem Schmuck diese Woche schon einiges zu tun gegeben. Heute trug sie eine prächtige Bernsteinkette, dazu lächerliche Goldohrringe in Form von Kronleuchtern, die sie sich von einer uns bekannten Zirkusartistin geliehen haben musste. Sie musterte Polystratus verstohlen, während ich unseren Auftritt als einnehmende Touristen perfektionierte.
    Der Mann roch aus dem Mund nach seiner letzten Mahlzeit, hatte das aber extra für uns durch das Lutschen von Lavendelpastillen überdeckt; der Geruch strömte durch seine Zahnlücken heraus. Vielleicht hatte er gehofft, mit meiner Frau flirten zu können. Die kotzgelbe Tunika des Morgens hatte er gewechselt und sich feingemacht. Jetzt trug er eine recht annehmbare lange Tunika in der Farbe getrockneten Blutes mit einem bestickten Saum. Vermutlich hatte er die aus dem Kostümfundus einer reisenden Theatergruppe erworben. Sie sah wie etwas aus, das ein König in einer sehr langweiligen Tragödie tragen würde.
    »Begeben Sie sich in meine Hände, gnädige Frau!«, rief Polystratus mit öliger Stimme. Helena konnte ihn bereits nicht leiden, und auch er schien von ihr nicht begeistert zu sein, da sie den Eindruck vermittelte, als würde sie mich jederzeit vom Unterzeichnen teurer Verträge abhalten. Ich merkte, wie er sich bemühte, unsere Beziehung einzuschätzen. Aus Spaß hatten wir die Plätze im Spiel getauscht. Ich gab jetzt vor, ganz verrückt aufs Reisen zu sein, während Helena die Sauertöpfische spielte. Das passte nicht zu dem, was ich im Reisebüro gesagt hatte, also fühlte sich Polystratus etwas überrumpelt.
    »Mir gefällt diese Idee des unbegrenzten Reiseplans«, sagte ich zu Helena. »Zu unternehmen, was wir wollen, uns nicht festzulegen, ganz nach Lust und Laune herumzustreifen …«
    »Hervorragend!« Polystratus strahlte, nur zu bereit, mich die Arbeit für ihn tun zu lassen. »Darf ich fragen, was Ihre Profession ist, Falco?« Er klopfte meine Kreditsicherheit ab. Wie weise. Wenn ich nur welche zum Abklopfen gehabt hätte. »Sind Sie im Handel tätig? Import-Export? Vielleicht begünstigt durch eine Erbschaft?« Sein Blick schweifte durch den Raum, immer noch auf der Suche nach Beweisen für Geld. Da stand eine schimmernde Silberetagere, die wohl für einen Ausflug zu ein paar arkadischen Tempeln gut sein dürfte. Hinten war sie verbogen, doch das konnte er von seinem Platz aus nicht sehen.
    »Marcus ist Dichter!«, warf Helena boshaft ein.
    »Nicht sehr gewinnbringend …« Ich feixte. Alle Geschäftsleute behaupten das.
    Polystratus beäugte immer noch die Silberetagere. Familiengewohnheiten schlugen durch. Ich fragte mich, ob ich sie ihm wohl verkaufen konnte. Aber dann müsste ich mich mit Papa wegen des Anteils an der Provision herumstreiten …
    Helena bemerkte meinen Tagtraum und trat mir gegen das Schienbein. »Ich will wirklich nur meinen kleinen Bruder besuchen, Polystratus, mehr nicht. Mein verrückter Mann ist derjenige, der an maßgeschneiderten Reisen interessiert ist. Erst neulich wollte er unbedingt nach Ägypten.«
    »Ein klassischer Romantiker!«, gluckste der Vermittler. »Wir bieten einen hübschen Frühlingsausflug zu den Pyramiden von Giseh an. Alexandria liegt besonders hoch im Kurs. Bestaunen Sie die Pharaonen. Leihen Sie sich eine Schriftrolle aus der Bibliothek, eine Schriftrolle, die vielleicht einst neben Kleopatras Bett gelegen hat, während sie mit Antonius herumtollte …«
    Helena, die Informationen sammelte, schüttelte den Kopf. »Wusstest du, Marcus, dass Augustus dem Grabmal von Alexander dem Großen Tribut zollte? Er bedeckte den Leichnam mit Blumen und brach dabei versehentlich ein Stück von Alexanders Nase ab.«
    »Was für eine erstaunliche Dame!« Polystratus war der Meinung, Frauen mit einem Sinn für Humor sollten in der Speisekammer eingeschlossen werden, wusste jedoch, dass das nicht in Frage kam, falls das Geld in unserem Bankfach aus ihrer Mitgift stammte.
    »Sie ist ein Schatz!«
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