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Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Titel: Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings
Autoren: Marie Louise Fischer
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wurden von einigen jungen Männern des Stammes bewacht, die die Krieger lebhaft begrüßten, Delia aber keinen Blick schenkten. Wäre Akitu nicht dabei gewesen, hätten sie ihrer Verachtung bestimmt offen Ausdruck verliehen.
    Delia war ja nicht nur ein Bleichgesicht, sondern auch ein Mädchen — und das war in den Augen der jungen Indianer so viel wie nichts.
    Grausame Schlange und Roter Geier suchten sich jeder einen stattlichen Hengst aus. Akitu bestand darauf, das Pferd seines Vaters zu reiten, einen sehr schönen Rappen mit schmalen Fesseln, klugem Kopf und feurigen Augen.
    Delia wartete mit mühsam bezähmter Ungeduld ab, welches Pferd man ihr geben würde. Sie wollte nicht vorwitzig sein. Ihre Augen wurden größer und größer, als die drei anderen ihren Pferden die Zügel anlegten und sich schon aufschwangen — die Iowanokas pflegten ohne Sattel zu reiten —, ohne dass einer es für nötig gefunden hätte, ihr ein Pferd anzubieten.
    Dann beugte sich Grausame Schlange, der auf seinem tänzelnden Hengst an ihr vorbeiritt, zu ihr hinab, streckte beide Arme nach ihr aus, wollte sie hinaufziehen. „Komm, weiße Squaw!“ sagte er in der Sprache der Iowanokas.
    Blitzschnell wich Delia zurück. Sie dachte nicht daran, mit Sinoko auf einem Pferd zu reiten. Außerdem war die Art, wie er sie anredete, eine Beleidigung. Weiße Squaw!
    „Die Tochter des Häuptlings“, sagte sie sehr entschieden, „wünscht ein eigenes Pferd!“
    Grausame Schlange verzog nur verächtlich das Gesicht, wiederholte noch einmal: „Komm!“
    Aber jetzt griff Akitu zu. „Komm zu mir, Tapferes Eichhörnchen!“ sagte er.
    Unter anderen Umständen wäre Delia ohne Weiteres mit Akitu auf einem Pferd geritten, wahrscheinlich hätte es ihr sogar einen Riesenspaß gemacht. Aber sie wollte Sinoko und Perbuo den Triumph nicht gönnen.
    Sie setzte sich ins Gras, kreuzte die Beine, stützte den Kopf auf und sagte: „Tochter des Häuptlings wird warten, bis tapfere Krieger von ihrem Handelspfad zurück sind!“
    Natürlich war sie sich darüber klar, dass Grausame Schlange und Roter Geier sie zwingen konnten, auf einem ihrer Pferde mitzureiten. Aber keine Macht der Welt konnte sie dazu bringen, ihnen beim Tauschhandel zu helfen.
    Sie mussten klein beigeben. Sinoko führte ihr ein Pferd zu, einen schönen Apfelschimmel mit einer prächtigen weißen Mähne. Delia stand auf, sah dem Tier in die Augen, öffnete ihm sachverständig das Maul, klopfte ihm auf die Hinterbacken. Es war mächtig groß, aber sonst fand sie nichts, was an ihm auszusetzen gewesen wäre. Doch sie traute Grausame Schlange nicht.
    „Tochter des Häuptlings“, sagte sie, „wünscht ein besseres Pferd!“ Sie griff in die Mähne einer kleinen Fuchsstute, die sich ihr mit schnuppernden Nüstern näherte. „Tapferes Eichhörnchen nimmt dieses Tier!“
    Niemand wagte ihr zu widersprechen. Die jungen Männer, die die Herde bewachten, legten der Stute Zügel an. Aber aus den Augen der beiden Krieger blitzte Zorn, obwohl ihre Gesichter unbeweglich blieben.
    Jetzt hieß es, ohne Bügel aufzusteigen. Delia spürte förmlich, wie alle darauf warteten, dass es ihr nicht gelingen würde — Akitu mit Angst und Sorge, die anderen voll Schadenfreude. Was für ein Glück, dass sie in den Wochen, in denen sie auf ihrer Flucht von zu Hause mit dem Professor beim Zirkus Unterschlupf gefunden, auch gelernt hatte, mit ungesattelten Pferde umzugehen!
    Delia stellte sich dem Pferd gegenüber hin, griff mit der rechten Hand in die Mähne, stützte sich auf den Rücken und — saß mit einem Grätschsprung oben.
    Nachher hatte sie einen roten Kopf vor Aufregung, und ihre Augen funkelten. Das hätte leicht schiefgehen können. In den Augen von Grausamer Schlange und Roter Geier blitzte widerwillige Bewunderung auf. Delia fasste die Zügel, trieb ihrer Stute die Fersen in die Weichen und preschte an Akitus Seite.
    „Können alle Töchter der Bleichgesichter so gut reiten?“ fragte der Sohn des Häuptlings verblüfft.
    Delia lachte übermütig. „Alle bestimmt nicht — nur die, die beim Zirkus waren.“
    Und während sie hinter den roten Kriegern durch den schmalen Waldpfad ritten, versuchte Delia ihrem Freund zu erklären, was ein Zirkus ist, und Akitu lauschte mit würdevollem Gesicht, aus dem nur die schmalen schwarzen Augen strahlten vor Begeisterung. Behindert wurde diese Unterhaltung nur dadurch, dass die Pferde auf dem engen Pfad meistens im Schritt hintereinandergehen mussten. Delia schrie
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