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Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Titel: Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings
Autoren: Marie Louise Fischer
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Delia hätte beinahe vor lauter Aufregung geschrien, es war ihr klar, dass auch Akitu die Erscheinung bemerkt hatte. Aber was war mit den beiden Posten? Schliefen sie etwa?
    Nein, doch nicht! Jetzt stieß der eine den anderen an. „Ein Gespenst!“
    „Unsinn! Eine Schlafwandlerin!“
    „Sollen wir …“
    „Nein, man darf sie nicht anrufen! Dann wacht sie auf, fällt herunter und bricht sich das Genick!“
    „Es ist die Tochter des Kommandanten! Du liebe Zeit, wenn der etwas zustößt, wird er uns verantwortlich machen!“
    Unwillkürlich, als würden sie von einer magnetischen Kraft angezogen, bewegten sich die beiden Posten voran, entfernten sich immer weiter von der Tür, die Augen unentwegt auf Linda gerichtet.
    Das war die Gelegenheit!
    Delia drückte Akitu die Zügel ihres Rappen in die Hand. Den Professor hielt sie in den Armen, mit einigen Sätzen war sie beim Tor, zu dem zweifellos der größte aller Schlüssel gehörte. Aber Delia wollte nur die kleinere Tür im Torflügel öffnen, und sie war zu dem Schluss gekommen, dass der dazugehörige Schlüssel rechts oder links neben dem großen sitzen musste.
    Sie probierte es aus, und — schon beim ersten Versuch klappte es: Die Tür sprang auf!
    Sie winkte Akitu zu, er näherte sich mit den beiden Pferden. Delia packte ihren Rappen bei den Zügeln, führte ihn über die Türschwelle hinaus. Sie wartete, bis auch Akitu mit seinem Pferd draußen war, setzte den Mops zu Boden und vertraute Akitu die Zügel noch einmal an. Sachte legte sie das Schlüsselbund in das Innere des Hofes, zog die Tür hinter sich zu.
    Akitu wollte schon aufsitzen, aber Delia hinderte ihn daran. Sie führte ihren Rappen eng an der Wand vorbei um das Fort herum und auf die Hinterseite. Dann erst saß sie auf und gab — als der Mond gerade wieder einmal hinter einer dunklen Wolke verschwand — mit der Hand das Zeichen zum Antraben. Sie legten sich ganz flach auf die Hälse der Pferde. Delia hatte sich überlegt, dass die Soldaten, sobald sie das Schlüsselbund und das geöffnete Tor entdeckten, nach vorn Ausschau halten würden, in Richtung zum Wald.
    Ihre Rechnung ging auf. Sie kamen ungeschoren davon. Kein Schuss und kein Anruf wurden laut. Als sie die ersten Hügel erreicht hatten, begannen sie, sich sicher zu fühlen.
    Sie mussten einen riesigen Bogen schlagen, um sich ihrem Ziel zu nähern. Delia hielt es nicht für richtig, den Platz zu suchen, an dem sie ihre Waffen vergraben hatten, und Akitu schien damit einverstanden.
    Delia war recht stolz auf sich, aber dann musste sie wieder Akitus Überlegenheit bewundern. Ohne zu suchen, ohne irgendein Zeichen, dass er sich darum bemüht hatte, tauchte plötzlich der Schmetterlingsstrauch mit einem welken, zweimal gebrochenen Ast vor ihnen auf.
    „Zufall!“ rief sie verblüfft. „Das muss Zufall sein!“
    Der Indianerjunge blieb ganz ernst. „Akitu hat es gewusst“, sagte er ruhig.
    Er sprang vom Pferd, grub die Jagdwaffen aus, reichte Delia ihren Pfeil und ihren Bogen. Er wollte schon wieder aufsitzen, als er plötzlich stutzte. Er warf sich zu Boden, presste das Ohr an die Erde. Als er sich wieder aufrichtete, war sein Gesicht noch ernster als vorher.
    „Was ist?“ rief Delia. „Was hast du, Akitu?“
    „Irokesen auf dem Kriegspfad.“
    „Du meinst, sie werden das Fort noch in der Nacht überfallen?“ Delia erschrak bei dem Gedanken an die offene Tür.
    Aber Akitu beruhigte sie. „Nein. Jetzt sie umzingeln nur das Fort. Wenn die Sonne aufgegangen ist, werden sie ihre Krieger schicken, als Squaws verkleidet.“ Seine Stimme war so bestimmt, dass Delia sicher war, er täuschte sich nicht.
    „Und der Kommandant wird sie entwaffnen“, sagte sie. „Vielleicht wird ihm dann doch klar werden, dass er uns anders hätte behandeln sollen.“
    „Kommandant ist böses Bleichgesicht“, sagte Akitu.
    „Ach was“, widersprach Delia, „er ist nur dumm. Aber du hast recht, das ist fast genauso schlimm. Trotzdem bin ich froh, dass wir ihn gewarnt haben. Wenn ich nur an Linda denke und an seine Frau und an all die armen Einwanderer … Linda ist doch auch ein Bleichgesicht und hat sich fabelhaft benommen, findest du nicht?“
    „Junge Bleichgesichter sind besser als alte Bleichgesichter“, sagte Akitu.
    Delia lachte. „Junge Indianer sind auch netter als alte.“ Sie beugte sich herab, packte ihren Mops am Nackenfell, hob ihn vorn auf den Sattel. „Streiten wir uns nicht, Akitu … Komm, sitz auf!“
    Akitu sprang in den Sattel,
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