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Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Titel: Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings
Autoren: Marie Louise Fischer
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langweilige Aufgabe“, sagte Delia unzufrieden. „Also ehrlich, ich habe mir das Indianerleben schon ein bisschen aufregender vorgestellt. Es geschieht so gar nichts.“
    Akitu lachte selten. Mit seinen zehn Jahren zeigte er schon die Würde eines Erwachsenen. Aber jetzt lachte er.
    „Nicht aufregend genug? Hat Tapferes Eichhörnchen vergessen, wie unsere Krieger es fingen? Und wie der Professor …“ — er gebrauchte, wie alle anderen Indianer, das deutsche Wort, wenn er von Delias Mops sprach, und es klang sehr seltsam aus seinem Mund — „… wie der Professor Akitu das Leben rettete, als der Elch ihn angriff? Und wie Akitus Vater, der Häuptling, meine kleine Schwester vom Marterpfahl befreite?“
    „Natürlich nicht“, sagte Delia und stocherte mit einem Zweig in der Glut.
    „Und auch: Junger Adler und Tapferes Eichhörnchen haben doch immer wieder Gelegenheit gehabt, miteinander fischen oder jagen zu gehen!“
    „Das schon“, musste Delia zugeben. Akitus kupferbraunes Gesicht wurde ernst. „Aber … du bist nicht glücklich bei uns?“
    Delia setzte sich auf, schlang die Hände um die Knie. Sie sah in ihrem bunten Lederkleid, die Häuptlingsfeder im Haar, fast wie eine echte Indianerin aus. Doch wenn man ein bisschen genauer hinsah, dann merkte man, dass ihre Haut zwar braun war, aber einen anderen Ton hatte als die der Indianer, dass sie eine Fremde war. Ihre dunklen Augen waren groß und rund, nicht schmal wie Akitus, ihre Backenknochen nicht so betont, ihr ganzer Gesichtsschnitt weicher, und ihr Nasenrücken war mit ein paar winzigen dunklen Sommersprossen gesprenkelt. Akitus Haar schimmerte blauschwarz, Delias hatte einen warmen tiefbraunen Ton, ganz davon abgesehen, dass es sich leicht wellte, was bei keinem Indianer der Welt der Fall war.
    „Wie könnte ich denn glücklich sein!“ sagte sie jetzt. „Akitu, versuch doch zu verstehen …“ Sie schluckte, es war alles so schwer zu erklären.
    „Tapferes Eichhörnchen mag uns nicht?“ fragte Akitu.
    „O doch! Du bist mein Freund, Akitu, der beste Freund, den ich je hatte, mein Freund und mein Bruder … und die Inona ist lieber und verständnisvoller mir gegenüber, als meine eigenen Schwestern Anna und Agathe je waren …“
    Akitu sprang auf, legte die Hand auf sein Jagdmesser, das er in einer ledernen Scheide im Gürtel trug. „Wenn einer unseres Stammes kleine Schwester beleidigt hat …“
    „Aber nein, Akitu, bestimmt nicht“, unterbrach Delia ihn hastig. „Zwar sind nicht alle so gut zu mir wie du, Inona und dein Vater, aber darum geht es gar nicht.“
    „Tapferes Eichhörnchen hat kein Vertrauen zu seinem roten Bruder“, sagte Akitu traurig. Er ließ sich wieder mit gekreuzten Beinen neben dem Feuer nieder.
    „Doch, jede Menge, nur … Du weißt doch, ich komme aus einem fernen Land, jenseits des Ozeans, weit, weit über dem Wasser … Ich komme aus Schönau, einem kleinen Städtchen in einem deutschen Fürstentum.“ Sie seufzte schwer. „Aber darunter kannst du dir natürlich nichts vorstellen.“
    „Weit hinter dem großen Wasser“, sagte Akitu, ehrlich bemüht, alles zu verstehen.
    „Ja, sehr weit. Wochen und Wochen, monatelang sind wir in einem großen, großen Boot nach Amerika gesegelt. Ich bin zu Hause ausgerissen, weißt du, von Mutter und Schwester weggelaufen …“
    „Warum?“ fragte Akitu.
    „Weil mein Vater in Amerika ist, verstehst du? Mein Vater! Deshalb bin ich von zu Hause weggelaufen, habe mich heimlich auf das Segelschiff geschlichen, habe als Schiffsjunge da gearbeitet — nur um nach Amerika zu kommen und meinen Vater zu suchen! Und jetzt, jetzt sitze ich hier bei euch fest!“
    „Wo ist denn Vater von Tapferem Eichhörnchen?“ fragte Akitu sachlich.
    „Das weiß ich nicht, ich muss ihn eben suchen.“ Delia kreuzte jetzt wie Akitu die Beine übereinander. Es fiel ihr nicht schwer, stundenlang in dieser Stellung zu sitzen, die sehr praktisch ist, wenn man keinen Stuhl zur Verfügung hat — das hatte sie bei den Indianern gelernt, die stets auf dem Boden saßen. „Onkel Johannes sagt — Onkel Johannes hat den Treck geleitet, bei dem ich war, bevor ich von deinen Leuten gefangen wurde —, also, Onkel Johannes sagt, mein Vater wäre bestimmt in New York gelandet und von da aus weiter nach Westen gezogen …“ Delia hatte einen Einfall und wurde ganz aufgeregt. „Wer weiß, vielleicht ist er ganz hier irgendwo in der Nähe!“
    Akitu schüttelte den Kopf. „Tapferes Eichhörnchen täuscht
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