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Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings

Titel: Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings
Autoren: Marie Louise Fischer
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Professor sah sie so treuherzig und unschuldsvoll an, als könnte er kein Wässerchen trüben.
    Die roten Krieger mit den Packpferden waren schon vorausgeritten; sie hielten es nicht für nötig, zu warten. Nur Akitu war bei ihr geblieben.
    Jetzt wäre eigentlich die Gelegenheit gekommen gewesen, den Blutsbruder in ihren Fluchtplan einzuweihen. Aber Delia zögerte. Es schien ihr besser, damit zu warten, bis der Tauschhandel abgeschlossen war.
    Grausame Schlange und Roter Geier waren schon abgestiegen, hatten die Fellbündel von den Packpferden genommen und in das größere der Blockhäuser hineingeschleppt. Delia und Akitu machten es ihnen nach.
    Drinnen gab es eine Art Ladentisch, hinter dem sich die verschiedenartigsten Waren stapelten: Geschirr und Bestecke, Kissen und Decken, Zucker und weißes Mehl, viele Sorten Branntwein in bunten Flaschen, Gewehre, Pistolen und Sättel. Hinter der Theke stand ein schlanker einäugiger Mann mit einem großen Cowboyhut auf dem Kopf und mit silberbeschlagenen Riemen über dem Hemd — er gefiel Delia vom ersten Moment an nicht. Sein gesundes Auge hatte etwas Lauerndes.
    Außer ihm waren noch einige andere weiße Männer — Jäger, Fellhändler und Fallensteller — in dem Raum. Sie saßen auf einer hölzernen Bank, tranken, rauchten und erzählten sich brüllend ihre Abenteuer. Jetzt machten sie sich über die roten Krieger lustig, die ihre Felle vorn auf die Theke gelegt hatten und mit dem Einäugigen verhandelten.
    Delia und Akitu blieben mit unbewegten Gesichtern nahe der Tür stehen. Ihre ganze Aufmerksamkeit war auf die Verhandlungen vorn an der Theke gerichtet.
    Zuerst schien alles glatt zu gehen. Grausame Schlange und Roter Geier tauschten sieben schöne Biberfelle gegen ein gutes Gewehr mit Munition ein. Dann stellte der Einäugige ein Fässchen auf den Ladentisch, das anscheinend Schnaps enthielt. Die beiden roten Krieger lehnten einmütig ab.
    Aber der Einäugige war nicht so leicht von seiner Absicht abzubringen. Er nahm eine geöffnete Flasche, goss Sinoko und Perbuo je einen Becher voll.
    Delia war nahe daran, vorzustürmen und den jungen Männern in die Arme zu fallen, als sie die Becher hoben. Onkel Johannes hatte oft erzählt, wie wenig Alkohol Indianer vertragen können.
    Doch Delia wusste auch, dass ihr Eingreifen für Sinoko und Perbuo eine tödliche Beleidigung bedeutet hätte. Sie war ja nur eine Squaw und durfte nicht hoffen, die beiden Krieger zu beeinflussen.
    Grausame Schlange und Roter Geier nippten erst vorsichtig, dann schütteten sie den Inhalt ihres Bechers gierig hinunter, und schon zeigte sich die erste Wirkung. Sie versuchten zwar hartnäckig, weiter mit dem Einäugigen zu verhandeln, sagten immer wieder die englischen Worte, die sie kannten: „Gewehre … Munition … Messer … Tabak!“
    Der Einäugige schenkte ihnen noch einmal ein, sie tranken wieder. Sie begannen töricht zu lachen, sprachen unverständliches Zeug. Die weißen Männer auf der Holzbank zeigten sich teils belustigt über das Benehmen der Indianer, teils abgestoßen. Sinoko und Perbuo schoben jetzt von selbst ihre Becher dem Einäugigen wieder hin, damit er nachschenkte. Delia sah, wie der Händler mit geschicktem Griff die Flaschen vertauschte und nun aus einer anderen eingoss — wahrscheinlich billiges, schlechtes, dabei starkes Zeug. Die Indianer tranken, schwankten, mussten sich an der Theke festhalten.
    Delia warf einen raschen Seitenblick auf Akitu. Der sah starr geradeaus. Er schämte sich für seine Stammesbrüder.
    Rasch trat sie vor. „Verhandeln wir weiter, Mister!“ sagte sie in ihrem Englisch, das kaum weniger mühsam klang als das der Indianer. „Drei gute Felle — ein gutes Gewehr, einverstanden?“
    Der Händler sah sie überrascht an. „Wer bist denn du?“
    „Ich bin Tapferes Eichhörnchen, die Tochter des Häuptlings der Iowanokas“, erklärte Delia mit Würde, „und dies hier …“ — sie zog Akitu vor — „ist mein Bruder, Junger Adler!“
    Der Händler rieb sich mit einem schlauen Grinsen die Hände. „Ah, ihr beiden wollt wohl auch einen Schluck?“ Schon hatte er die Flasche in der Hand.
    „Nein. Danke“, sagte Delia scharf. „Wir wollen die Verhandlung weiterführen.“
    Aber der Einäugige ließ sich nicht abhalten, schenkte Sinoko und Perbuo noch einmal ein und füllte zwei weitere Becher für Akitu und Delia.
    Sie spürte, wie es Akitu durchzuckte. „Du darfst nicht trinken“, sagte sie auf iowanokesisch. „Denke an deine Ehre!
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