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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story
Autoren: Swati Kaushal
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aber manchmal fühlen sie sich an wie Reisen. Manche wie lange Waldspaziergänge auf verschlungenen Pfaden, bei denen das Ziel der Reise nicht von Bedeutung ist. Andere wie kurze Fahrradausflüge, bei denen man nur ein bisschen die Straße entlangrollt. Und wieder andere wie schweißtreibende Bergtouren, bei denen man vor Freude außer sich ist, wenn man den Gipfel erreicht hat.
    Und dann gibt es Gespräche, wie Ma und ich sie auf
dem Rücksitz des schaukelnden Autos haben. Es bringt uns Tage und Wochen und Jahre in die Vergangenheit, wie ein alter Schwarzweißfilm, den man zum Anfang zurückspult und der dann in lebendigen, leuchtenden Farben von Neuem beginnt. Wenn du das Ende dieses wiederhergestellten Films gesehen hast, wird alles um dich herum unbedeutend. Nur nicht die Augen, die dich voller Liebe anblicken. Du merkst plötzlich, dass es deine Augen sind. Die Hand, die deine Haare streichelt, ist deine Hand. Die Wange, die sich an deine Schläfe presst. Es ist, als könntest du auf einmal deinen Herzschlag hören. Und dann weißt du, dass nichts, keine 1000 Kunals oder JDs oder Ranis, euch jemals auseinanderbringen können.
    Auf der Autobahn frage ich sie, wann sie heute Abend nach Hause kommen wird. Oder morgen früh, weil sie schließlich erst so spät anfangen kann zu arbeiten.
    »Ich gehe nicht hin«, sagt sie.
    »Arbeitest du von zu Hause aus?«
    »Nein, ich nehme den Rest der Woche frei. Eigentlich nehme ich den Rest des Jahres frei.«
    Ich starre sie an.
    Sie nickt. »Und du auch. Wir machen zusammen Urlaub. Ich habe schon mit Mr Nangia gesprochen. Es ist ohnehin nicht mehr lange bis zu den Weihnachtsferien. Oh Ann, das wird ein Riesenspaß!«
    Ich muss lächeln. Wahrscheinlich hat sie schon alles geplant, die Tickets gekauft, die Reservierungen erledigt. »Und wohin fahren wir?«, will ich wissen.
    »Wohin du willst.«

    »Wohin ich will?«
    »Genau.«
    »Das heißt, du hast das noch nicht entschieden?«
    »Nein.«
    »Und ich darf mir ein Ziel aussuchen?«
    »Du bist die Chefin.«
    »Egal wohin?«
    »Egal wohin.«
    »Okay, jetzt machst du mir Angst.«
    Sie lacht. »Na ja, ich habe schon einen Vorschlag …«
    »Gott sei Dank! Welchen denn? Singapur? Thailand? Acapulco?«
    »Minnesota.«
    Minnesota. Es überrascht mich völlig, dass sie es sagt –und dass es mir nie eingefallen wäre. Minnesota … es scheint jetzt so weit weg, so … erledigt. »In Minnesota liegt jetzt Schnee«, sage ich.
    »Dir zuliebe würde ich das ertragen.«
    »Oder wir warten bis zum Sommer.«
    »Das könnten wir auch tun. Also?«
    Ich denke darüber nach, denke an alle Orte, die ich gerne bereisen würde … und dann fällt es mir ein. »Was ist mit Rani?«
    Sie sieht mich an und seufzt.
    »Ich weiß, ich habe ein paar schreckliche Sachen zu ihr gesagt. Aber ich habe das nicht so gemeint, Ma.«
    »Das weiß sie, mein Schatz.«
    »Ich werde es wiedergutmachen. Sobald sie aus der Schule kommt, Ich werde sie in die Arme nehmen und –«
    »Sie kommt nicht nach Hause, Ani.«

    »Was soll das heißen?«
    »Sie wohnt jetzt bei Rupa.«
    Ich erstarre. »Bei Rupa ? In Manila? Aber was ist mit –«
    »Nein, Rupa ist noch in Delhi. Sie hat Rajiv verlassen.«
    »Wie bitte?«
    »Sie ist ausgezogen. Mit Rani und Ragini. Sie ziehen gerade in eine Wohnung in der Safdarjung Enclave.«
    Mir schwirrt der Kopf.
    »Ich weiß, das kommt alles etwas plötzlich«, sagt Ma. »Aber so ist es am besten.«
    Wie kann es das Beste sein, wenn es noch so viel zu sagen, so viel zu erklären gibt? »Aber Rani sollte doch bei uns wohnen, Ma.«
    Ma lächelt und sagt, das stimme, aber Rupa wolle nicht ganz alleine leben und könne etwas Gesellschaft gut gebrauchen.
    »Und was ist mit uns? Wir sind auch ihre Familie.«
    »Wir können sie doch morgen besuchen«, beschwichtigt Ma. Sie nimmt meine Hand. »Außerdem haben wir einander, stimmt’s, mein Schatz?«
    Ich sehe sie an. Ihr Gesicht ist voller Liebe, ihr Lächeln ist das wunderbarste Geschenk. Ich halte fest ihre Hand und stimme ihr zu.
    Roshini ist in fahles Licht getaucht und sieht ganz anders aus als an jenem Junimorgen, an dem wir hier ankamen. Die Jahreszeiten haben die Wohnanlage verändert. Das Gras und sogar das Sonnenlicht über dem siebenstöckigen Gebäude wirken heller und milder. Die Sonne fühlt sich warm an auf meinem Gesicht. Sie bringt
die Ziegel und den Staub zum Leuchten, lässt den Boden durchsichtig erscheinen.
    Als ich aus dem Auto aussteige und meine Füße den Asphalt berühren,
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