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Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)

Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)

Titel: Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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so empfindlich reagiert hatte. Ich konnte nicht widerstehen, ihm mit seinem eigenen Ausdruck zu antworten. MIR GEHT’S GRANDIOS STOP WIE GEHT ES DIR?
    Natürlich verstand Gus den Witz sofort. OH HA HA ABER ICH HABE MIR SORGEN GEMACHT!
    HUNDE VERSCHWUNDEN ABER ISAAK NOCH HIER STOP
    WAS? WAS?
    Ich berichtete ihm von den Hunden und von Isaaks Rückkehr. Ich erzählte, dass Bjørvik wieder fort war, jedoch ohne zu erwähnen, dass er mich gebeten hatte, mit ihm zu gehen, und dass ich abgelehnt hatte. Gus’ Besorgnis knisterte durch den Äther, und ich aalte mich darin. Ich war genau wie Isaak: Es war ganz egal, was Gus sagte, was zählte, war die Tatsache, dass er es sagte. Die Tatsache, dass ihm so viel an mir liegt, dass er sich sorgt. JACK DU BIST SO TAPFER! DIE EXPEDITION VERDANKT DIR ALLES!
    Allerdings, verflucht noch eins, dachte ich. Doch weil es von Gus kam, errötete ich vor Freude.
    Als er weg war, starrte ich die Mitschrift seiner Worte an. Ich brachte es nicht über mich, die Seite in den Ofen zu werfen, und ich habe sie zwischen die Seiten dieses Tagebuchs gesteckt.
    So habe ich noch nie für irgendjemanden empfunden. Ich glaube, man nennt es Heldenverehrung. Vielleicht klammere ich mich auch so sehr an ihn, weil ich solche Angst habe. Ich weiß nur, dass ich alles ertragen könnte, wenn er jetzt bei mir wäre.
    Die Stille nach der geräuschvollen Übermittlung war fürchterlich. Die Hütte sah rußig und schmutzig aus. Wohin ich mich auch wendete, sah ich Dinge von Gus. Sein Mikroskop, seine Bücher. Seine Kleiderstapel in den oberen Kojen, wie ein Körper.
    Und rund um den Tisch fünf Stühle. Fünf. Eine Versammlung von Gespenstern.
    Dann entdeckte ich unter dem Tisch ein paar Fetzen Rentierfell, die Isaak entgangen waren. Ich ging auf Hände und Knie, um sie aufzuheben, er kam neugierig angetrottet, und schon fühlte ich mich besser.
    Ich weiß nicht, was ich ohne ihn tun würde. Ich habe es gern, wie er sich mit einem Seufzen hinlegt, wie er mit dem Schwanz wedelt, wenn ich mich nähere. Ich habe es gern, wie er, die Schnauze zwischen den Vorderpfoten, auf dem Bauch liegt und mit aufmerksam zuckenden Augenbrauen jede einzelne meiner Bewegungen beobachtet. Ich liebe den ledrigen Duft seiner Pfoten und die heiseren Ra-Ra-Ra-Töne, die er macht, wenn er mit mir spricht. Seine Augen sind ganz und gar außergewöhnlich. Nicht eisblau, wie ich früher dachte, sondern warm : das helle, klare Blau eines Sommermorgens. Ich weiß, das ist lachhaft übertrieben, doch es stimmt.
    Während ich dies schreibe, liegt er an meine Waden gelehnt unter dem Tisch. Ich beuge mich hinunter und vergrabe die Finger in seinem Fell. Ich spüre die Wärme seiner Flanke und die muskelbepackten Rippen, den rasenden Herzschlag.
    Ich unterbreche immer wieder, um mit ihm zu sprechen. «Wir werden nicht noch einmal getrennt, versprochen. Wenn all dies hier vorbei ist, kommst du mit zu mir nach Hause. Nach England, Isaak, dort lebe ich nämlich. Es ist mir egal, was es kostet oder wie lange es dauert. In England gibt es Leute, die sich Huskys halten; Gus kennt eine Familie in Berkshire, die haben gleich drei. Ich besorge mir Arbeit auf dem Land. Es wird dir dort gefallen. Und du wirst es lieben, den Kaninchen nachzujagen. Du hast zwar noch nie ein Kaninchen gesehen, aber du wirst trotzdem sofort wissen, dass das etwas zum Jagen ist. Und du wirst gut darin sein. Und ich finde ein Weibchen für dich, du zeugst einen Wurf Welpen, und dann kannst du dein eigenes Rudel gründen.»
    Isaak sitzt da, die Schnauze auf meinem Oberschenkel, und sieht mich mit seinen außergewöhnlichen Augen an.
    Später
    Der Südwind weht noch immer und bricht das letzte Eis auf. Ich kann das schwarze Wasser in der Bucht erkennen. Daran klammere ich mich. Die Bucht ist immer noch offen. Sie können immer noch zurückkehren.
    Irgendwo außen an der Hütte flattert ein Stück Teerpappe. Vor einer Weile habe ich mich hinausgewagt und danach gesucht, doch ich konnte es nicht finden. Ich habe es auch nicht sehr lange versucht.
    Bald nachdem ich wieder hereinkam, fing Isaak an, unruhig zu werden. Nicht verspielt oder hungrig oder mit dem Drang, ins Freie zu gehen, und auch nicht auf der Suche nach einer Stelle, um sich hinzuhocken. Er lief hechelnd herum und ignorierte die Schale mit Schnee in der Schlafkammer. Er hatte die Ohren angelegt und den Kopf gesenkt. Die Augen waren glasig. Er hatte Angst.
    «Isaak?»
    Er beachtete mich nicht.
    Ich nahm eine Laterne und eine
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