Defekt
heftigen Tritt mit seinem großen, in
einem Harley-Stiefel steckenden Fuß, sodass sie auffliegt und gegen die Wand
knallt. Joe sitzt am Schreibtisch. Er hat den Hörer am Ohr, und an sein Telefon
ist ein Kassettenrecorder angeschlossen. Beim Anblick von Marino und Reba ist
sein Gesicht von Entsetzen gezeichnet.
„Wissen Sie, warum dieser Laden das Last-Stand-Motel
heißt?“, fragt Marino, geht auf Joe zu und hebt ihn aus seinem Sessel, als wäre
er federleicht. „Weil es mit Ihnen jetzt genauso aus und vorbei ist wie mit
General Custer bei der Schlacht von Little Big Horn.“
„Sofort loslassen!“, schreit Joe.
Marino hält ihn unter den Achseln fest, sodass seine
Füße den Boden nicht mehr berühren; ihre Gesichter sind nur wenige Zentimeter
voneinander entfernt. Dann stößt Marino Joe gegen die Wand.
„Lassen Sie mich los! Sie tun mir weh!“
Als Marino ihn plötzlich freigibt, landet Joe mit
dem Hintern unsanft auf dem Fußboden.
„Sie wissen sicher, warum sie hier ist.“ Er weist
auf Reba. „Um Ihren traurigen Arsch festzunehmen.“
„Ich habe nichts verbrochen!“
„Urkundenfälschung, schwerer Diebstahl und
möglicherweise auch Mord, da Sie eine Waffe entwendet haben, die in einem
anderen Bundesstaat dazu benutzt wurde, einer Frau die Rübe wegzupusten. Oh,
und außerdem noch Betrug“, zählt Marino die einzelnen Vorwürfe auf seiner Liste
auf, wobei ihn wenig interessiert, ob er vor Gericht mit allen Punkten
durchkommen wird.
„Das ist nicht wahr. Ich habe keine Ahnung, wovon
Sie reden!“
„Hören Sie mit dem Geschrei auf, ich bin nicht taub.
Wissen Sie, Detective Wagner hier ist nämlich Zeugin, richtig?“
Sie nickt mit finsterer Miene. Noch nie hat Marino
einen so Angst einflößenden Gesichtsausdruck bei ihr erlebt.
„Haben Sie gesehen, dass ich ihn angerührt hätte?“,
fragt er sie.
„Aber nein“, entgegnet sie.
Joe macht sich vor Angst fast in die Hose.
„Möchten Sie uns nicht erzählen, warum Sie das
Schrotgewehr gestohlen und wem Sie es gegeben oder verkauft haben?“ Marino
zieht sich den Schreibtischstuhl heran, dreht ihn um und setzt sich rittlings
darauf. Seine gewaltigen Arme ruhen auf der Rückenlehne. „Vielleicht haben Sie
die Frau ja umgelegt. Könnte ja sein, dass Sie die Horror-Szenen gern in natura
nachspielen, obwohl diese hier ganz bestimmt nicht von mir stammt. Die müssen
Sie jemand anderem geklaut haben.“
„Welche Frau? Ich habe niemanden getötet. Und ein
Schrotgewehr habe ich auch nicht gestohlen. Was für ein Schrotgewehr denn?“
„Das, das Sie am 28. Juni um 15.15 Uhr ausgeliehen
haben. Das, dessen Ausleihdaten im Computer Sie gerade verändert haben,
wodurch eine weitere Urkundenfälschung hinzukommt.“
Joes Mund und Augen sind weit aufgerissen.
Marino holt ein Stück Papier aus der Gesäßtasche,
streicht es glatt und gibt es ihm. Es ist eine Fotokopie der Seite aus dem
Waffenbuch, auf der steht, dass Joe das Mossberg-Gewehr ausgeliehen und
angeblich wieder zurückgebracht hat.
Joe starrt auf die Seite, und seine Hände zittern.
„Ich schwöre bei Gott, dass ich die Waffe nicht
genommen habe“, sagt er dann. „Ich weiß noch genau, was passiert ist. Ich habe
weitere Tests mit ballistischer Gelatine durchgeführt und das Gewehr vielleicht
einmal abgefeuert. Anschließend bin ich in die Laborküche gegangen, ich glaube,
um nach zwei weiteren Blöcken zu sehen, die ich gerade angefertigt hatte. Sie
sollten dazu dienen, Passagiere nach einem Flugzeugabsturz zu simulieren.
Wissen Sie noch, wie Lucy mithilfe eines großen Hubschraubers einen
Flugzeugrumpf abgeworfen hat, damit die Lehrgangsteilnehmer ...“
„Schweifen Sie nicht ab!“
„Als ich zurückkam, war das Gewehr weg. Ich nahm an,
Vince hätte es wieder in den Safe gesperrt. Es war schon spät, und ich dachte,
er hätte es weggeräumt, weil er Feierabend machen wollte. Ich weiß noch, dass
ich ziemlich verärgert war, weil ich eigentlich geplant hatte, es noch ein
paarmal abzufeuern.“
„Kein Wunder, dass Sie meine Horror-Szenen stehlen
müssen“, meint Marino. „Sie haben keine Phantasie. Versuchen Sie es noch
einmal.“
„Ich sage die Wahrheit.“
„Möchten Sie, dass sie Sie in Handschellen abführt?“
Marino weist mit dem Kopf auf Reba.
„Sie können mir überhaupt nichts nachweisen.“
„Ich kann beweisen, dass Sie einen Betrug begangen
haben“, gibt Marino zurück. „Möchten Sie mir nichts über die Empfehlungsschreiben
erzählen, die Sie
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