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Deborahs Totenacker

Deborahs Totenacker

Titel: Deborahs Totenacker
Autoren: Jason Dark
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sinniert, und meine Gefühle, die im Laufe der Zeit zu einem sechsten Sinn geworden waren, hatten mich selten im Stich gelassen.
    Bei diesem Fall hatte ich kein schlechtes Gefühl, sondern ein sehr bedrückendes, was ich noch als Steigerung von schlecht ansah. Es lag sicherlich daran, daß alles auf einen Ghoul hinwies, auf einen weiblichen Ghoul, der es verstanden hatte, sich raffiniert zwischen die Menschen zu mischen, so daß er nicht auffiel. Und das war das Schlimme an diesem Fall. So war er nicht zu packen, denn er hielt sich geschickt im Hintergrund.
    Daß Suko bei der Leiche blieb, war gut. Auch ich ging davon aus, daß ein Ghoul sein Mahl beendet, das er einmal begonnen hatte. Dann würde er Suko über den Weg laufen und hoffentlich mit dessen Dämonenpeitsche Bekanntschaft machen, Ich hatte eigentlich etwas anderes vor, denn ich wollte mich um Mancinis Firma kümmern. Von unseren Experten wollte ich erfahren, ob es da Verbindungen zur Mafia gab, denn Typen wie Logan Costello griffen sehr gern auf dämonische Helfer zurück. Gerade bei ihm wäre das nichts Neues gewesen. Auf der Fahrt meldete sich das Autotelefon. Ich hob etwas ärgerlich ab, weil es mich in meinem Gedankengang unterbrochen hatte, und der Ärger verschwand, als ich Glendas Stimme hörte.
    »Wo erwische ich dich denn, du Herumtreiber?«
    »Auf der King’s Road.«
    »Wunderbar. Dann bist du ja bald hier.«
    »Hast du Sehnsucht?«
    »Nein, aber Sir James.«
    »Warum?«
    »Er hat eine Besucherin, die wohl Interessantes zu berichten hat, denke ich.«
    »Was es ist, kannst du mir nicht sagen – oder?«
    »Kann ich nicht.«
    »Okay, bis gleich.«
    Es war etwas übertrieben, denn ich blieb mal wieder im Verkehr stecken.
    Irgendwo ist London immer zu, egal zu welcher Zeit. Die Staus gehören zur Stadt wie die Tauben zu Venedig. Ich hatte deshalb Zeit, darüber nachzudenken, welche Besucherin mir Sir James wohl präsentieren würde. Es war rein theoretisch, denn den Namen den Frau kannte ich sicherlich nicht…
    Es ging mal wieder weiter. Sogar recht flott. Mein Versprechen konnte ich nicht einhalten, und so dauerte es, bis ich Glenda Auge in Auge gegenüberstand.
    »Sir James hat schon zweimal nach dir gefragt.«
    Ich winkte ab. »Dann soll er mir demnächst einen Hubschrauber zur Verfügung stellen. Worum es geht, weißt du noch immer nicht, nehme ich mal an.«
    »Nein.«
    Es blieb auch keine Zeit mehr für eine Tasse Kaffee. Schulterzuckend verließ ich Glenda Perkins und stand kurz danach im Büro meines Chefs, der zu meiner Verwunderung allein war.
    »Ich dachte, Sie hätten…«
    »Mrs. Brandi ist eben zur Toilette gegangen.«
    »So heißt sie.«
    »Ja, Sophia Brandi.« Sir James schien mein Gesichtsausdruck nicht zu gefallen, denn er fragte: »Haben Sie etwas, John?«
    »Nein, nein, nicht direkt.« Ich lächelte schwach. »Es ist nur so, Sir, in den letzten Stunden habe ich viel Italienisches erlebt.«
    »Stimmt. Sie kommen von diesem Umberto Mancini? Hat es sich denn ausgezahlt?«
    »Ich denke schon.« Da mich Sir James gespannt anschaute, sprach ich weiter. »Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir es wieder mal mit einem Ghoul zu tun.«
    Er schob die Brille zurück. »Aha, mit einem Ghoul.« Seine Stimme hatte flach geklungen, ich wußte jedoch, daß er sich ärgerte, denn er mochte diese Leichen fresser ebensowenig wie ich.
    Ich wollte ihn einweihen, dazu kam ich nicht mehr, denn Sophia Brandi kehrte zurück. Sie war eine Frau, deren Alter ich schlecht schätzen konnte. Zudem machte sie die dunkle Kleidung noch älter. Man sah den Sachen an, daß sie nicht der Mode wegen getragen wurden, sondern aus Trauer. Durch das schwarze Kopftuch wirkte ihr Gesicht noch blasser. Unter den dunklen Augen lagen schwarzblaue Ringe, die Lippen zitterten, sie bewegte nervös die Hände, als sie mich anschaute, aber ich entdeckte dabei auch in ihren Augen einen Ausdruck, den ich gern mit dem Begriff ›Eiserner Wille‹ umschreiben wollte. Etwas ging von dieser trauernden Frau aus, das mir Respekt abverlangte. Als sie mir die Hand gab, schaffte sie sogar ein Lächeln.
    Wir nahmen unsere Plätze ein, Signora Brandi trank einen Schluck Wasser und war dann bereit zu reden.
    »Ich habe meinen Mann Carlo verloren. Er wurde in unserem Restaurant ermordet.«
    Nach dieser Einleitung blieb ich stumm. Sir James nahm meinen verwunderten Blick wahr, er konnte sich auch denken, was ich dachte, deshalb wandte er sich an die Witwe. »Bitte, Mrs. Brandi, berichten Sie
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