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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen
Autoren: Deborah Crombie
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Lagerspeicher erreichten. Kincaid machte den Motor aus. Er hatte den Rover hinter einem grauen Mercedes geparkt.
      »Lewis’ Wagen?« fragte Gemma und glaubte, den Mercedes bereits auf dem Parkplatz am Heron Quay gesehen zu haben.
      Kincaid nickte und fing ihren Blick auf. »Sei vorsichtig.«
      Sie rannte durch den strömenden Regen ins Lagerhaus. Die Tür stand einige Zentimeter offen. Kincaid schlüpfte hinein, und Gemma folgte. Neben ihm, im Halbdunkel des Gebäudes, blieb sie stehen.
      Dann hörten sie Stimmen. Sie schienen aus Annabelles Büro hoch über ihnen zu kommen. Die Tür stand auf. Gemma fühlte, wie Kincaid leicht ihren Arm berührte, dann bewegte er sich auf die Treppe zu. Sie folgte, so schnell sie konnte, und verfluchte ihre Schuhe mit den glatten Sohlen.
      Auf halber Höhe der Treppe konnte sie die Stimmen unterscheiden ... die von Lewis und die von Gordon, und dann die weniger vertraute von William Hammond, wenn sie auch die Worte nicht ganz verstand. Dann, als sie das Ende der Treppe erreichten, fiel etwas mit lautem Krach auf den Holzfußboden.
      Gemma blieb nur wenige Zentimeter hinter Kincaid stehen und blickte durch die halboffene Tür. Gordon und Lewis Finch hielten sich umschlungen wie zwei Tänzer. Lewis hatte Gordon beim Handgelenk gepackt, aber Gordons Hand war leer. Beide starrten zum hinteren Ende des Raumes, wo William Hammond sich vorbeugte und wieder aufrichtete ... eine Waffe in der Hand.
      Er hielt sie seltsam unsicher, sah sie an, als wisse er nicht genau, was er in der Hand hielt. Dann sah er zu ihnen auf, und Gemma erkannte in seinen blaßblauen Augen kein Erstaunen, sondern eine so tiefe Trauer, daß sie unwillkürlich fröstelte.
      Er hob die Waffe. Bevor Gemma oder Kincaid noch reagieren konnten, schrie Lewis: »William, nein!« und stürzte sich auf ihn.
      Aber William Hammond hielt den Lauf des Revolvers an seine Schläfe und drückte ab.
     
     

* 16
     
    Es existiert eine ständig wachsende Bewegung, die entschlossen ist, den Fluß zu neuem Leben zu erwecken.
     
      George Nicholson, aus: Docklands, ein illustrierter historischer Überblick
     
    »Er hat sie geliebt«, sagte Gemma nachdenklich. Sie saß in Janice’ Büro im Limehouse-Revier und trank widerlichen Automatenkaffee. »Annabelle war die Tochter seiner Träume, diejenige, die die Tradition für ihn fortführen und seine ehrgeizigen Pläne umsetzen sollte. Muß verdammt hart für sie gewesen sein, all dem gerecht zu werden.«
      »Oder seinem Vorbild. William Hammond hat fünfzig Jahre seines Lebens eine Lüge gelebt, und das so gründlich, daß er schließlich sich selbst davon überzeugt hatte.«
      Eine Woche war vergangen, und sie waren noch immer dabei, die Einzelheiten des Falles zu klären. Lewis Finch hatte eine umfassende Aussage gemacht. Dasselbe traf auf Gordon zu. Und Gemma hatte den Eindruck gewonnen, der gemeinsam erlittene Verlust könne dazu beitragen, den Bruch zwischen Vater und Sohn zu kitten.
      »Und Lewis?« fragte Janice. »Er war ebenfalls verantwortlich für den Tod von Edwina Burne-Jones und dem Hauslehrer. Stellt man ihn unter Anklage?«
      »Das glaube ich nicht. Abgesehen von Lewis’ Aussage, gibt es keine Beweise. Und ich bezweifle, daß die Staatsanwaltschaft an dem Fall interessiert ist.« Leise fügte Gemma hinzu: »Sieht so aus, als hätte Lewis Finch genug gebüßt.«
      Janice nickte. »Was Reg Mortimer betrifft ... war ich auf dem Holzweg«, erklärte sie sarkastisch und zog eine Grimasse, als sie ihren Kaffee trank. »Und offenbar auch in bezug auf George Brent. Er wußte tatsächlich etwas. Als ich ihm erzählt habe, was passiert ist, ist ihm eine wichtige Begebenheit eingefallen. In der Nacht, in der Annabelle ermordet worden ist, ist er kurz nach Mitternacht noch mal vor die Haustür getreten, um seine Freundin nach Hause zu begleiten. Dabei hat er einen Wagen gesehen, der langsam die Seyssel Street hinaufgefahren und nach rechts in die Manchester Road eingebogen ist. Das Gesicht des Fahrers kam ihm bekannt vor ... obwohl er ihn nie persönlich kennengelernt hatte, hatte er ihn im Lauf der Jahre doch häufig genug gesehen, um zu wissen, wer er war.«
      »William Hammond?«
      »Er muß seinen Wagen vor dem Lagerspeicher geparkt haben, als Annabelle unerwartet auftauchte, und so kam es, wie es kommen mußte. Er hat Annabelles Leiche in seinem Wagen zum Park gebracht. Was ich nicht verstehe ... Warum hat er sich nicht
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