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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen
Autoren: Deborah Crombie
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entgegnete Gemma. Sie schüttelte den Kopf. »Es fehlen zu viele Puzzlestücke. Gordon muß etwas wissen, das wir nicht ...«
      »Ich kann mir offengestanden nicht vorstellen, daß er in seiner Wohnung sitzt und auf uns wartet.« Er spähte durch die Windschutzscheibe. Der Regen hatte alles in einen grauen Schleier gehüllt. »Ruf bei William Hammond zu Hause an ... hast du die Nummer?«
      »In meinem Notizbuch.« Gemma fand die Nummer und wählte auf ihrem Handy. »Meldet sich niemand.«
      »Versuch’s bei Lewis Finch.«
      »Zu Hause?«
      Kincaid sah auf die Uhr und nickte. »Ist schon nach fünf.«
      Aber auch bei Lewis Finch hob niemand ab, und Gemma legte nach ein paar Minuten wieder auf. »Falls Lewis wirklich William Hammond gemeint hat und dachte, daß er ihn im alten Lagerspeicher finden könnte ...«
      »Ist einen Versuch wert«, erwiderte Kincaid, als ein Blitz die lange Schlange der Autos erhellte, die die West Ferry Road entlangkroch. »Aber schnell kommen wir sowieso nirgendwo hin.«
     
    Als Lewis mit dem Mercedes in die Saunders Ness einbog, war die klotzige Silhouette des Hammond-Speichers in der Ferne im strömenden Regen kaum zu erkennen. Lewis’ Hände zitterten, sobald er sie vom Lenkrad nahm. Er schwitzte, und ihm war übel. Es gelang ihm jetzt längst nicht mehr, den Strom der Erinnerungen zu stoppen, der ihn mitriß, so wie er einst machtlos gewesen war, Freddie Haliburton Einhalt zu gebieten.
     
    Die Nacht hatte er in rasender Wut und ohne die geringsten Anzeichen von Erschöpfung verbracht. Allein der Gedanke, jemanden sehen oder sprechen zu müssen, war so unerträglich, daß er mit der Stallarbeit begann, ohne zum Frühstück ins Herrenhaus hinüberzugehen. Er wußte nicht, was er tun würde, wenn er William begegnete - er wollte nicht einmal an William denken -, aber Irene konnte er nicht so leicht aus dem Weggehen.
      Und schließlich kam sie, um nach ihm zu sehen, genau wie er vermutet hatte. Sie schlüpfte leise durch die Stalltür und blieb im Lichtstrahlstehen, der durch eines der hoch oben gelegenen Fenster fiel. »Lewis? Was ist gestern abend mit dir passiert? Warum bist du heute morgen nicht zum Frühstück erschienen?«
      »Hau einfach ab, Irene. Ich möchte nicht mit dir reden«, erwiderte er grob und verteilte weiter Heu in Zeus ’ Box. Er fühlte, daß sie ihn beobachtete, doch sie sagte kein Wort. Kurz darauf ging sie wieder hinaus. Das Bewußtsein darüber, wie sehr er sie verletzt hatte, steigerte seine Wut ins Unermeßliche. Wie konnte er sie je wieder berühren, nach dem, was Freddie mit ihm gemacht hatte? Und wie konnte er verhindern, daß es wieder passierte? Freddie hatte keinen Zweifel daran gelassen, daß seine Weigerung nur die Kompromittierung Irenes zur Folge haben würde, und das war das einzige, das Lewis nicht zulassen durfte.
      Es kam ihm so vor, als blieb ihm nur ein Ausweg ... und das bedeutete, sie nie wiederzusehen.
      Es war mitten am Vormittag, als Freddie ihn zusammengekauert hinter dem Steinwall fand, der hinter dem Küchengarten verlief.
      »Ah, da bist du ja«, sagte Freddie zuckersüß, als er um die Ecke kam. »Sieht dir gar nicht ähnlich, Schulstunden zu schwänzen, Lewis. Was ist denn los?«
      Lewis erhob sich mit geballten Fäusten, doch Freddie blieb außer Reichweite stehen.
      »Die Köchin macht sich Sorgen um dich. Wenn du noch eine Mahlzeit ausläßt, wird sie es für ihre Pflicht halten, Edwina zu informieren, und ich glaube nicht, daß wir das wollen, meinst du nicht?« Freddie verzog sein Gesicht zu der Fratze, die ein Lächeln sein sollte. »Oh, und wenn dugefrühstückt hast, kannst du meinen Wagen für mich fahrbereit machen. Sei ein braver Junge, ja? Ich will über Nacht in die Stadt fahren. Und da muß alles picobello sein.«
      Er wandte sich ab, als sei damit alles gesagt. Erst als er das Ende des Steinwalls erreicht hatte, sah er über die Schulter zurück und bemerkte: »Aber ich komme zurück ... es gibt immer ein Morgen, was, Lewis?«
      Die Idee kam ihm, als er unter Freddies Wagen lag. Es war so einfach ... ein Leck in der Hydraulik, und das ganze Bremssystem würde versagen ... Und er wunderte sich, daß er nicht längst darauf gekommen war. Jeder wußte, daß Freddie Haliburton wie ein Wahnsinniger Auto fuhr ... sogar die Köchin prophezeite ihm ein schreckliches Ende. Niemand würde Verdacht schöpfen. Ihm konnte nichts passieren, und Irene war in Sicherheit, und William ...
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