Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
gerüttelt. »Ich will mit dir reden.«
      Er war sofort hellwach gewesen. »Was machst du hier? Du darfst nicht...«
      »Keine Angst. Sie schlafen alle.« Sie lehnte sich bequem gegen seine Hüfte, als er sich, auf die Ellbogen gestützt, aufrichtete. »Hör zu, du mußt dich wegen William nicht aufregen. Du weißt doch, daß er niemandem was Böses will...«
      »Das ist keine Entschuldigung«, sagte Lewis, der sofort wieder wütend wurde. » Woher glaubt er wohl, kommt der Dreck? Direkt von den Deutschen, das sage ich dir. Und wenn unsere Männer sterben ... John oder Mr. Cuddy könnte es als nächste treffen ...«
      »Er denkt nur an unschuldige Menschen, die getötet werden, und er begreift nicht, wie dir wegen deiner Eltern zumute ist, nicht wirklich jedenfalls. Er meint, daß du in solchen Dingen logisch denken kannst...«
      »Logisch? Was weiß er denn schon davon?« Und zu seiner Schande begann Lewis zu weinen ... und all das Schluchzen, das er sich nie gestattet hatte, nicht einmal bei der Beerdigung seiner Eltern, brach aus ihm heraus. Irene saß ganz still, die Hand auf seiner Schulter, mit stummer sorgenvoller Miene, und als er seine Stimme wieder unter Kontrolle hatte, sagte er: »Ich weiß, es ist blöd, aber ich denke immer, ich hätte sie irgendwie retten können, wenn ich bei ihnen gewesen wäre ...«
      »Lewis, du wärst ebenfalls umgekommen, das weißt du. Und das ist das letzte, das deine Mutter und dein Vater gewollt hätten.« Sie schlug seine Decke zurück, schlüpfte zu ihm ins Bett und schlang ihre Arme um ihn.
      »Irene ...«
      »Ich will bei dir sein, Lewis. Wir könnten auch bombardiert werden ... die Raketen verfehlen immer wieder ihre Ziele ... und ich will nicht sterben, ohne ausprobiert zu haben, wie es ist.«
      Sie küßte ihn, preßte ihren Körper gegen ihn, und einen langen Moment ließ er sie gewähren, bevor er sich atemlos losriß. »Wir können nicht... Was würde Edwina ...«
      »Das ist doch egal«, flüsterte sie, den Mund an seinem Ohr. »Nur wir sind wichtig. Jetzt. Ich will alles für dich sein ... Mutter, Schwester, Geliebte ... Und ich will, daß du mich mehr brauchst als irgend jemanden auf der Welt.«
      Er fühlte, wie sie bebte, und ihre Küsse schmeckten nach Tränen. Sie hatte recht... niemand hatte ihn je so geliebt. Nur das zählte. Und dann löschte eine Flut von Gefühlen jeden rationalen Gedanken in ihm aus.
      Lewis wachte auf wie immer, sobald das erste Licht des Morgengrauens das Viereck seines Fensters erhellte. Irene lag noch neben ihm. Ihre Brust hob und senkte sich friedlich im Schlaf. Als er sie aufweckte, setzte sie sich benommen auf und sah ihn lächelnd an.
      »Schätze, ich schleich mich lieber zurück, bevor die anderen aufwachen«, murmelte sie gähnend und kuschelte sich wieder unter die Decke.
      »Dann beeil dich lieber«, drängte er. »Du weißt, wie früh die Köchin manchmal auf den Beinen ist.« Obwohl die Versuchung groß war, als er ihren warmen Körper an seiner Haut spürte, war er doch zu nervös, und schob sie mit einem hastigen Kuß aus seinem Bett.
      Von seinem Fenster aus beobachtete er, wie sie im fahlen grauen Licht den Hof überquerte. Und dann glaubte er plötzlich aus den Augenwinkeln zu sehen, wie sich der Vorhang hinter einem der Fenster in der obersten Reihe für einen Moment bewegte.
      Obwohl Lewis sein Zimmer über dem Stall behalten hatte, teilte er sich seit etlichen Jahren mit William ein Badezimmer im zweiten Stock.
      An jenem Abend, nach dem Essen, hatte er ein Bad genommen und stieg gerade aus der Wanne, als er hörte, wie sich hinter ihm die Tür öffnete. William kommt, um sich mit mir zu versöhnen, war sein erster Gedanke, als er nach seinem Handtuch griff. Als er jedoch zum Spiegel aufsah, war dieser völlig beschlagen. »Hast verdammt lange gebraucht«, sagte er, und war entschlossen, kein Drama daraus zu machen, denn sie waren sich den ganzen Tag aus dem Weg gegangen.
      Dann hörte er dicht hinter sich rasselnden Atem. Arme umschlossen ihn und drückten ihn brutal mit den Knien gegen die eiserne Badewanne.
      »Ja, nicht wahr?« bemerkte Freddie, und Lewis fühlte ihn an sich herumfummeln. Dann erfolgte ein stechender Schmerz.
      Im ersten Augenblick begriff er gar nicht, wie ihm geschah. Dann, als Freddie sich gegen ihn preßte, begann er sich mit all der Kraft seiner Wut und Demütigung zu wehren. Freddies Arme umschlossen ihn noch eiserner, und er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher