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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock
Autoren: Sara Paretsky
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Nachricht bei meinem telefonischen Auftragsdienst, sagte aber nicht, worum es ging. Ich habe mich schon gefragt, ob er vielleicht meine Hilfe als Detektivin gebraucht hätte - wegen dem Gerede auf den Ladekais.« Sie schüttelte den Kopf und spielte nervös mit dem Reißverschluss ihrer Handtasche. »Keine Ahnung. Am Montagabend schien er völlig in Ordnung. Aber ich muss jetzt weg. Tut mir Leid, wenn ich Sie vorhin erschreckt habe.« Ich begleitete sie zur Wohnungstür, ließ sie hinter ihr ins Schloss fallen und schob den Sicherheitsriegel vor. Wäre ja noch schöner, wenn der Portier ohne mein Wissen Besucher in die Wohnung ließe - noch dazu während meiner Anwesenheit.
    Bevor ich mich der langweiligen Aufgabe widmete, Champs Papiere zu ordnen, sah ich mich kurz in der Wohnung um. Im Gegensatz zu mir war er von überwältigender Ordnungsliebe. Bei mir würde man in einer vergleichbaren Situation unangenehme Überraschungen im Ausguss finden, ganz zu schweigen von einer beachtlichen Staubschicht und einem Sammelsurium von Kleidungsstücken und Zeitungen im Schlafzimmer.
    Champs Küche war makellos, der Kühlschrank innen so sauber wie außen. Ich inspizierte den Inhalt und sortierte verfaultes Gemüse aus. Acht Liter Milch landeten im Ausguss -anscheinend hatte er gewohnheitsmäßig Milch weitergetrunken, obwohl er nicht mehr trainierte. Herr Saubermann. So hatte ich Champ oft im Scherz genannt. Bei der Erinnerung an diese Worte bekam ich ein flaues Gefühl im Magen. Ja, so geht es einem, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Bei meinen Eltern hatte ich das Gleiche durchgemacht. Man besinnt sich immer wieder auf Kleinigkeiten, und es dauert seine Zeit, bis die Erinnerung nicht mehr schmerzt.
    Ich kehrte ins Arbeitszimmer zurück und machte mich systematisch über die Schubladen her - von links nach rechts, von oben nach unten. Wenn schon, denn schon. Zum Glück war mein Vetter nicht nur eine Eichhörnchennatur, sondern auch ein Ordnungsfanatiker. In sämtlichen acht Schubladen befanden sich sauber beschriftete Ordner.
    Die linke obere Schublade war voll gepfropft mit Fanpost. Da ich den Strom der Trauergäste erlebt hatte, überraschte mich die Menge nicht mehr. Noch immer erhielt er drei oder vier Briefe pro Woche, meist in mühsam gedrechselter Knabenschrift.
    Quer über jedem einzelnen Brief war säuberlich Datum und Art der Antwort vermerkt, zum Beispiel: »26. März: Autogrammfoto übersandt« oder »Myron telefonisch gebeten, Vortragstermin zu vereinbaren«. Viele High Schools wünschten, dass er bei Abschlussfeiern oder festlichen Sportveranstaltungen eine kleine Rede hielt. Die nächste Schublade enthielt Unterlagen über Champs Werbeverträge. Die musste ich mit Fackley und Simonds gemeinsam sichten. Mein Vetter hatte verschiedene Werbespots für die Amerikanische Molkereigenossenschaft gemacht. Das war möglicherweise die Erklärung für seine Milchvorräte - ein Getränk, für das man warb, musste man auch selbst trinken. Außerdem gab es noch den Warshawski-Hockeyschläger, eine Trainingsjacke mit seinem Namenszug sowie eine Werbung für Schlittschuhe.
    Um fünf durchstöberte ich die Küche nach Kaffee, kochte mir eine Kanne und nahm sie mit ins Arbeitszimmer. Um halb neun entdeckte ich Champs Alkoholvorräte in einem geschnitzten chinesischen Schränkchen im Wohnzimmer und schenkte mir einen Chivas ein - nicht gerade meine Lieblingsmarke, aber ein zufrieden stellender Ersatz für Black Label. Gegen zehn war ich rundum von Papierstößen umgeben. Ein Stoß für Fackley, seinen Manager. Einen für Simonds, seinen Anwalt. Mehrere Stöße für die Mülltonne. Einige Kleinigkeiten, die für mich Erinnerungswert hatten. Andere, die für Paige von Interesse sein konnten. Ein paar Andenken für die HockeyRuhmeshalle in Eveleth, Minnesota, und Verschiedenes für die Black Hawks. Ich war müde. Meine olivfarbene Seidenbluse wurde von einem Ölfleck verunziert; meine Strümpfe bestanden nur noch aus Laufmaschen. Ich hatte Hunger. Vielleicht würde mich etwas zu essen wieder aufrichten. Paiges Briefe waren nicht aufgetaucht. Auf alle Fälle hatte ich mich durch sämtliche Schubladen gearbeitet, einschließlich der Schreibtischfächer. Was hatte ich denn bloß zu finden gehofft? Unvermittelt stand ich auf und zwängte mich an den Papierstößen vorbei zum Telefon. Ich wählte eine Nummer, die ich auswendig kannte.
    »Doktor Herschel.«
    »Lotty, ich bin's, Vic«, sagte ich, erleichtert darüber, dass sie zu Hause
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