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Davidson, Mary Janice - Traummann an der Angel

Davidson, Mary Janice - Traummann an der Angel

Titel: Davidson, Mary Janice - Traummann an der Angel
Autoren: Mary Janice Davidson
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auch eher ihr Freund Jonas ein Problem damit als sie. (Merken, sagte sie sich: L’Oreal wirkt nicht. Jetzt ist es an der Zeit, die Produkte von Philosophy auszuprobieren.)
    Endlich steckte sie in ihrem Anzug und kam sich vor wie eine Wurst in der Pelle, alles war an seinem Platz, auch die blöden Schläuche (ein oder zwei Touristen würde es möglicherweise auffallen, dass sie keine Maske trug und keinen Sauerstoffbehälter benutzte). Die Füße steckten in den Flossen. Das ganze Outfit war nutzlos und unglaublich dämlich und eine einzige Lüge. Sie saß am Rand des Beckens, im obersten Stock des NEA und ließ sich rücklings ins Wasser fallen. Sie ruderte sinnlos mit Armen und Beinen und kämpfte gegen den Drang an, den Schwanz wachsen zu lassen – echt zu sein, nicht falsch –, torkelte durch einen Schwärm von Meerengeln, raste an einem Ammenhai vorbei und hätte fast eine Meeresschildkröte über den Haufen geschwommen, ja, sie war sogar plötzlich ein paar Sekunden lang verkehrt herum geschwommen, bevor sie die Orientierung wiedergefunden hatte. Denn ohne ihren Schwanz konnte sie nicht schwimmen.
    Es gelang ihr einfach nicht. Versucht hatte sie es. Sogar Unterrichtsstunden hatte sie jahrelang genommen. Auch Moon hatte versucht, es ihr beizubringen (was eine absolute Katastrophe gewesen war).
    Nichts hatte geholfen. Es war, als wisse ihr Körper, dass sie einen Schwanz, Flossen und Schuppen hatte, warum sich also lange damit aufhalten, das Schwimmen zu erlernen?
    Und so kam es, dass sie ohne ihren Schwanz eine Nichtschwimmerin war.
    Sie war eine Meerjungfrau, arbeitete als Meeresbiologin und konnte nicht schwimmen.
    Außerdem war sie eine Angestellte des New England Aquariums und verantwortlich für die Pflege und Fütterung der Bewohner von Main One – und hatte den toten Stint vergessen mitzubringen.
    Gottverdammich!
    Na ja, auch egal. Dann würde sie eben warten, bis alle anderen nach Hause gegangen waren, und dann den Stint holen. Niemand hier im Becken würde verhungern, wenn er zwei oder drei Stunden fasten musste.
    Stattdessen untersuchte sie die Bewohner ein bisschen genauer auf ihre Gesundheit und ihr allgemeines Erscheinungsbild hin.
    Alle sahen prima aus. Anders als Tiere im Zoo gediehen Fische in einer ihnen angemessenen Umgebung oft prächtig. Als wenn sie erleichtert wären, nicht ständig Angst haben zu müssen, gefressen zu werden. Wenn sie dafür die Freiheit des offenen Meeres aufgeben mussten, war das wohl ein Preis, den sie gerne zahlten.
    Das konnte Fred ihnen nachfühlen.
    Der Ammenhai schwamm träge an ihr vorbei, und sie berührte ihn mit ihrem Geist. Das war auch nicht schwieriger für sie, als zweistellige Zahlen im Kopf zu addieren.
    Geht es dir gut?
    Hungrig. Fisch-Mädchen bring Fisch.
    Aha. Und was gibt’s sonst noch Neues? „Fisch-Mädchen bring Fisch“ – warum sollte sie das nicht einfach zu ihrer neuen Arbeitsplatzbeschreibung machen.
    Irgendetwas irritierte sie auf einmal und lenkte ihren Blick nach oben. Durch die Scheibe des Beckens sah sie Thomas, der ihr begeistert zuwinkte.
    Verwirrt winkte sie mit ihrer behandschuhten Hand zurück.

 „Ich weiß genau, was du denkst“, behauptete Jonas Carrey, Freds bester Freund, und setzte sich ihr gegenüber an ihren Lieblingstisch im Restaurant Legal Sea Food gegenüber dem Aquarium.
    „Das bezweifle ich sehr“, erwiderte sie düster und rührte in ihrer Erdbeer-Margarita.
    „Du denkst, dass du ein Freak bist, dass dich niemand versteht, dass du eine einsame Wölfin in einem Rudel Verrückter bist, blablabla.“ Die Kellnerin tauchte wie aus dem Nichts auf, und Jonas sagte: „Einen Appletini, bitte.“ „Oh, Jonas.“ Fred schrie beinahe. „Die sind doch so was von out.“ „He. Ich bin Manns genug, mir einen Mädchendrink zu bestellen. Und jetzt sag, dass ich richtiglag. Dass ich wusste, was du gedacht hast.“ „Vor weniger als vier Stunden habe ich meine Eltern dabei überrascht, wie sie es in der Hündchenstellung miteinander gemacht haben.“ „Bedienung!“, rief Jonas und schnippte wild mit den Fingern. „Bringen Sie zwei.“ Dann etwas leiser: „Willst du eine Nackenmassage? Eine Gutenachtgeschichte? Einen Kopfschuss?“
    „Letzteres“, seufzte sie. „Und zu allem Überfluss wäre Mom auch noch supersauer, wenn sie wüsste, dass ich dich getroffen habe, ohne zu versuchen, dich ins Bett zu zerren.“
    Beide erschauderten. Sie waren Freunde seit der zweiten Schulklasse. Mit Jonas ins Bett zu gehen wäre
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