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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich
Autoren: Mary Higgins Clark
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standen dabei. Alle sahen aufgeregt und verängstigt aus und
hielten ihre Kinder fest an der Hand.
    Sarah fing zu rennen an. Vielleicht war Mama oder Papa
krank. Richie Johnson stand auf dem Rasen. Er ging in ihre
Klasse in Mount Carmel. Sarah fragte Richie, was los sei.
    Er sah sie traurig an. Laurie sei verschwunden, sagte er. Die
alte Mrs. Whelan hatte gesehen, wie ein Mann sie in einen
Wagen zog, hatte aber nicht begriffen, daß Laurie gerade
entführt wurde.
3
1974 - 1976
Bethlehem, Pennsylvania
    Sie fuhren lange Zeit bis zu einem schmutzigen Haus irgendwo
draußen im Wald. Wenn sie weinte, schlugen sie sie. Der Mann
hob sie immer wieder auf und drückte sie an sich. Dann trug er
sie nach oben. Sie versuchte sich zu wehren, aber er lachte sie
nur aus. Sie nannten sie Lee. Selbst hießen sie Bic und Opal.
Nach einer Weile fand sie Mittel und Wege, ihnen zu
entwischen, in ihren Gedanken. Manchmal schwebte sie
einfach an der Decke und beobachtete, was mit dem kleinen
Mädchen mit dem langen blonden Haar geschah. Manchmal
bedauerte sie das kleine Mädchen. Und dann machte sie sich
wieder über das Mädchen lustig. Manchmal, wenn sie sie allein
schlafen ließen, träumte sie von anderen Leuten, von Mama
und Papa und Sarah. Aber dann mußte sie wieder weinen, und
sie schlugen sie; also zwang sie sich, Mama und Papa und
Sarah zu vergessen. Das ist gut, sagte eine Stimme in ihrem
Kopf. Vergiß sie ganz.
4
    Zuerst kam die Polizei jeden Tag ins Haus, und Lauries Bild
war auf den Titelseiten der Zeitungen von New Jersey und
New York. Sarah konnte nicht mehr weinen, wenn sie ihre
Mutter und ihren Vater im Fernsehen in ›Guten Morgen,
Amerika‹ sah, wo sie die Leute, die Laurie mitgenommen
hatten, anflehten, sie doch wieder zurückzubringen.
    Dutzende von Leuten riefen an und sagten, sie hätten Laurie
gesehen, aber keiner der Hinweise führte weiter. Die Polizei
hatte gehofft, daß eine Lösegeldforderung kommen würde,
aber es geschah nichts.
    Der Sommer schleppte sich dahin. Sarah bemerkte, wie das
Gesicht ihrer Mutter immer verhärmter wurde und ihr Vater
ständig irgendwelche Pillen schluckte. Jeden Morgen gingen
sie in die 7-Uhr-Messe und beteten zu Gott, er möge Laurie
nach Hause zurückbringen. Sarah wachte nachts häufig auf und
hörte das Schluchzen ihrer Mutter und die verzweifelten
Versuche ihres Vaters, sie zu beruhigen. »Es ist ein Wunder,
daß Laurie geboren wurde. Wir müssen jetzt auf das Wunder
hoffen, daß sie uns zurückgebracht wird«, hörte sie ihn sagen.
    Die Schule fing wieder an. Sarah war immer eine gute
Schülerin gewesen. Jetzt flüchtete sie sich geradezu ins Lernen,
um ihren Kummer zu vergessen. Sie begann Golf- und
Tennisstunden zu nehmen. Aber ihre kleine Schwester fehlte
ihr so sehr, und sie litt darunter. Sie fragte sich, ob der liebe
Gott sie damit für all die Male strafte, wo sie eifersüchtig auf
Laurie gewesen war. Sie machte sich bittere Vorwürfe, daß sie
an jenem Tag zu der Geburtstagsparty gegangen war. Wenn der
liebe Gott ihnen Laurie zurückgeben würde, würde sie sich
immer, immer um sie kümmern, versprach sie.
5
    Der Sommer verstrich. Ein kalter Wind wehte durch die Ritzen
des Hauses. Laurie fror die ganze Zeit. Eines Tages kam Opal
mit langärmeligen Hemden und Overalls und einer Winterjacke
zurück. Sie war nicht so hübsch wie die, die Laurie zu Hause
getragen hatte. Als es wieder warm wurde, gaben sie ihr andere
Kleider, Shorts, Hemden und Sandalen. Ein weiterer Winter
verstrich. Laurie sah, wie die Blätter auf dem großen alten
Baum vor dem Haus zu knospen begannen und sich öffneten.
    Bic hatte eine alte Schreibmaschine im Schlafzimmer. Sie
klapperte so laut, daß Laurie es hören konnte, wenn sie in der
Küche saubermachte oder vor dem Fernseher saß. Sie mochte
das Klappern. Es bedeutete, daß Bic sie in Ruhe lassen würde.
    Nach einer Weile pflegte er dann aus dem Schlafzimmer zu
kommen, ein Bündel Papiere in der Hand, aus denen er Laurie
und Opal laut vorlas. Er schrie dabei immer und schloß immer
mit denselben Worten: »Halleluja. Amen!« Dann pflegten er
und Opal gemeinsam zu singen. Üben nannten sie das. Lieder
über Gott und die Rückkehr nach Hause.
    Nach Hause. Ihre Stimmen sagten Laurie, daß das ein Wort
war, an das sie nicht mehr denken sollte.
Sonst bekam Laurie niemanden zu sehen, nur Bic und Opal.
Und wenn sie ausgingen, schlossen sie sie im Keller ein. Das
passierte häufig. Das
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