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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen
Autoren: Ian Rankin
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Respekt, Sir«, sagte er. Seine Stimme klang ruhig, obwohl er innerlich fast geplatzt
wäre. »Was hat das mit mir zu tun?«
»Das ist ganz einfach.« Watson schloss die Aktenmappe und lehnte sich zurück. »Ich bin dabei,
eine neue Anti-Drogen-Kampagne zu starten. Bewusstsein in der Öffentlichkeit schaffen und so
weiter, gekoppelt mit Belohnungen für diskrete Informationen. Ich habe die Rückendeckung dafür,
und ­ was noch wichtiger ist ­ ich habe das Geld. Eine Gruppe von Geschäftsleuten aus der
Stadt ist bereit, fünfzigtausend Pfund in die Kampagne zu stecken.«
»Sehr uneigennützig, Sir.«
Watsons Gesicht verdüsterte sich. Er schob seinen Kopf nach vorn bis dicht an Rebus heran. »Das
sollten Sie verdammt nochmal besser glauben«, sagte er.
»Aber ich verstehe immer noch nicht, was ich...«
»John.« Die Stimme klang jetzt einschmeichelnd. »Sie haben... Erfahrungen. Persönliche
Erfahrungen. Ich möchte, dass Sie mich bei unserem Teil der Kampagne unterstützen.«
»Nein, Sir, wirklich...«
»Gut. Dann sind wir uns also einig.« Watson war bereits aufgestanden. Rebus versuchte, ebenfalls
aufzustehen, doch aus seinen Beine war alle Kraft gewichen. Die Hände auf die Armlehnen gestützt,
gelang es ihm, sich hochzuhieven. War das der Preis, den sie forderten?
Öffentliche Buße dafür, dass er einen verkorksten Bruder hatte? Watson öffnete die Tür. »Über die
Einzelheiten reden wir später. Versuchen Sie erst mal, alles abzuschließen, woran Sie gerade
arbeiten, den Papierkram auf den neuesten Stand zu bringen und so weiter. Sagen Sie mir, was Sie
nicht zu Ende kriegen können. Wir finden dann schon jemanden, der es Ihnen abnimmt.«
»Ja, Sir.« Rebus griff nach der ausgestreckten Hand. Sie war wie Stahl, kalt, trocken und
hart.
»Auf Wiedersehen, Sir«, sagte Rebus, der jetzt im Flur stand, zu einer Tür, die sich bereits
hinter ihm geschlossen hatte.
Am Abend war er immer noch benommen. Als das Fernsehen ihn anfing zu langweilen, verließ er die
Wohnung, um ein bisschen herumzufahren, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen. In Marchmont war es
ruhig, aber das war es eigentlich immer. Sein Auto stand friedlich auf dem Kopfsteinpflaster vor
seinem Mietshaus. Er ließ den Motor an und fuhr los, erst ins Stadtzentrum und dann über die
Brücke in die New Town. In Canonmills hielt er an einer Tankstelle, tankte auf, kaufte dazu noch
eine Taschenlampe, Batterien und mehrere Schokoriegel und bezahlte mit seiner Kreditkarte.
Während er weiterfuhr, aß er die Schokoriegel und versuchte, nicht an die Zigarettenration des
nächsten Tages zu denken. Er hatte das Autoradio angeschaltet. Die Sendung von Gill Templers
Freund Calum McCallum begann um halb neun, und er hörte einige Minuten zu. Das reichte dann auch.
Die aufgesetzt fröhliche Stimme, die Witze, die so lahm waren, dass sie einen Rollstuhl gebraucht
hätten, die vorhersagbare Mischung aus alten Schallplatten und Telefongeplauder... Rebus drehte
am Senderknopf, bis er Radio Three fand. Als er die Musik von Mozart erkannte, drehte er
lauter.
Natürlich hatte er von Anfang gewusst, dass er hier landen würde.
Über schlecht beleuchtete und kurvige Straßen fuhr er immer tiefer in das Labyrinth. An der
Haustür hatte man ein neues Vorhängeschloss angebracht, aber Rebus hatte einen nachgemachten
Schlüssel in der Tasche. Er schaltete seine Taschenlampe ein und ging leise ins Wohnzimmer. Der
Fußboden war leer. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass hier noch vor zehn Stunden eine Leiche
gelegen hatte. Das Glas mit den Spritzen und die Kerzenhalter waren ebenfalls fort. Ohne einen
Blick auf die hintere Wand zu werfen, verließ Rebus das Zimmer und lief die Treppe hinauf. Er
stieß die Tür zu Ronnies Zimmer auf und ging zum Fenster. Dort, so hatte Tracy gesagt, hatte sie
die Leiche gefunden. Rebus hockte sich auf die Zehen gestützt hin und leuchtete mit der
Taschenlampe gründlich den Boden ab. Von einer Kamera war nichts zu sehen. Gar nichts. Dieser
Fall würde nicht einfach sein. Immer unter der Voraussetzung, dass es sich überhaupt um ein
Verbrechen handelte.
Schließlich hatte er dafür nur Tracys Aussage.
Er verließ das Zimmer und ging zur Treppe zurück. Auf der obersten Stufe lag rechts in der Ecke
etwas Glitzerndes. Rebus hob es auf und untersuchte es. Es war ein kleines Stück Metall, wie der
Verschluss einer billigen Brosche. Er steckte es trotzdem ein und sah sich die Treppe noch einmal
genauer an. Dabei
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